Einerseits Absatzrekord (zum neunten Mal in Folge bei Daimler), andererseits große Herausforderungen durch notwendige Investitionen in Zukunftstechnologien wie die Elektromobilität und das autonome Fahren: Daimler-Chef Ola Källenius hat, wie eigentlich jeder Autoboss momentan, keinen so leichten Job. In einem Interview mit der Automobilwoche Rande der CES in Las Vegas erklärte Källenius, wie er angesichts der hohen Investitionen die Kosten drücken will, um die Profitabilität zu gewährleisten, und warum er die zunehmende Kritik an SUV für nicht gerechtfertigt hält.
Daimler habe momentan eine „super attraktive Modellpalette, die sich im Absatz niederschlägt“ und eine „große Produktoffensive für Elektroautos gestartet, die nun Schritt für Schritt in den Markt kommen“. Diese Ausgangsbasis findet Källenius ideal. Allerdings habe Daimler dafür auch viel investiert und müsse dies auch fortsetzen, da der Hersteller wegen der „enorm anspruchsvollen CO2-Vorgaben“ der EU nun „Druck auf die variablen Kosten“ bekomme, welche die Profitabilität verringern würden. Bis Ende 2022 will Daimler 1,4 Milliarden Euro einsparen, etwa durch sukzessiven Personalabbau. Mehr als 10.000 Stellen will der Autohersteller in den kommenden Jahren abbauen. Hier sieht Daimler sozialverträgliche Lösungen vor, wie Ausscheidungsvereinbarungen, Nichtbesetzungen von Fluktuation, sowie Altersteilzeit oder die Anpassung bestehender Verträge von 40 auf 35 Stunden.
Auf die Elektromobilität angesprochen sagt Källenius, es sei „für die Arbeitnehmer auch wichtig zu wissen, dass in Zeiten der Transformation ein zukunftsfähiges Produkt ins Werk kommt“. Damit sichere sich Daimler „die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit“. Kritik an SUVs schmettert Källenius ab, er findet die Diskussionen allein über die Aufbauform „zu eindimensional“. Viel wichtiger sei, „dass die Elektrifizierung enorm zunimmt und auch rein elektrische Modelle dabei sind.“
„Kunden lieben die SUVs wegen der erhöhten Sitzposition und des guten Überblicks“, erklärt der Daimler-Chef den Fokus auf die umstrittene Bauform. Wobei hier der Fairness halber tatsächlich erwähnt werden sollte, dass sich in der Vergangenheit niemand über Familien-Vans oder Kombis beschwert hat, mit teils ähnlichen Größen- und Gewichtsdaten. Der CO2-Fußabdruck der Fahrzeuge müsse aber „natürlich sinken“, so Källenius weiter. „Dafür werden wir die entsprechende Technologie in die Fahrzeuge bringen, aber nicht das Design verändern.“
„Der Weg zu einer komplett CO2-neutralen Flotte ist gesetzt“
Daimler setze auf dem Weg zu einer CO2-freien Mobilität auf Elektroantriebe, bei Nutzfahrzeugen kommt noch die Brennstoffzelle hinzu. „Das ist der Kern unserer Strategie“, betont Källenius. „Und der Weg zu einer komplett CO2-neutralen Flotte ist gesetzt. Das haben wir jetzt angereichert mit der Botschaft, dass es nicht nur um CO2 geht. Der Ressourcenverbrauch ist auch ein Teil davon.“
Die Nachfrage nach dem EQC, dem ersten rein elektrischen Mercedes-Benz der neuen EQ-Generation, sei „sehr hoch“, die Produktion, erst 2019 gestartet, werde nun sukzessiv hochgefahren, bis Mitte 2020 die Kammlinie erreicht ist. Eine „Hauruck-Aktion“ mit hohen Rabatten, um etwa angesichts des CO2-Flottenziels der EU die Verkaufszahlen von verbrauchsarmen Autos künstlich in die Höhe zu treiben, würde Daimler nie machen, sagt Källenius. „Müssen wir auch nicht, weil die Nachfrage hoch ist.“
Autonomes Fahren zunächst bei Lkw
Beim autonomen Fahren hingegen nimmt Daimler etwas Schwung raus. „Für das vollautonome Fahren haben wir die Reihenfolge verändert: Wir glauben, dass es sich am schnellsten im Truck-Bereich auszahlen wird“, sagte Källenius der Automobilwoche. „Das heißt nicht, dass wir mit vollautonomen Pkw aufgehört haben. Aber das Szenario von einem urbanen Robotaxi oder ähnlichem sehen wir noch weiter in der Zukunft.“
Die technischen Herausforderungen bei selbstfahrenden Autos haben sich etwas schwieriger herausgestellt, als noch vor einigen Jahren gedacht, etwa „aufgrund der technischen Komplexität durch die sehr unterschiedlichen Verkehrssituationen in Städten“. Auch mit wirtschaftlichen und operativen Hürden begründet Källenius die Verlangsamung: „Wenn man ein funktionierendes Mobilitätssystem komplett ersetzen möchte mit einer Robotaxi-Flotte von Zigtausend oder Hunderttausenden von Fahrzeugen, dann reden wir von sehr großen Milliardeninvestitionen. Und das hat sich, unabhängig von der technischen Herausforderung, noch keiner getraut.“
Quellen: Automobilwoche — Interview mit Daimler-Chef Ola Källenius: „Das können wir nicht zulassen“ // Automobilwoche — Daimler-Chef Källenius: Sparprogramm ist keine Abkehr von unserer Strategie