Nio-Chef William Li erklärt, wofür er die deutschen Automobilbauer bewundert, was er besser als Tesla machen will und wie Nio bis 2030 mit der Gründung einer Submarke zu einem der weltweit Top fünf Hersteller machen will. Wir waren für Elektroauto-News.net mit ihm im Gespräch und haben einige Fragen zu seinem Unternehmen, der Strategie und Vision gestellt.
Mr. Li, was ist der Unterschied zwischen Ihnen und Elon Musk?
Dass ich meine Facebook-Posts selbst verfasse, um mit unseren Usern direkt zu kommunizieren und nicht einfach ein Twitter-Statement absetze. Außerdem bin ich der bessere Tänzer (lacht und zeigt ein Facebook-Video, das ihm beim Tanzen vor dem Nio House in Oslo inmitten von Menschen zeigt).
Haben Sie Elon Musk jemals getroffen?
Nein!
Wollen Sie ihn kennenlernen?
William Li: Nein, darüber habe ich noch nie nachgedacht.
Abgesehen von Elon Musk. Was halten Sie von Tesla?
Tesla ist ein respektabler Automobilhersteller und wir können einiges von ihnen lernen. Zum Beispiel den Direktvertrieb oder wie sie ihre Produktion auf Effizienz getrimmt haben. Aber Nio und Tesla sind zwei verschiedene Firmen. Tesla fokussiert sich auf Technologie und Effizienz, für uns ist Technik auch wichtig, aber bei uns steht der User im Mittelpunkt.
War Tesla für Nio ein Wegbereiter oder Hindernis, weil Nio an Tesla gemessen wird?
Tesla hat eine wichtige Rolle bei der Transformation der Automobilindustrie hin zur Elektromobilität gespielt. Dennoch ist Tesla unter Druck. Wenn sie ihre Produkte nicht schnell genug verbessern oder keine guten Services bieten, dann werden sie schnell vom Markt verdrängt werden.
Was meinen Sie konkret damit?
Um in der Automobilindustrie erfolgreich zu sein, braucht man einen langen Atem. Das ist vergleichbar mit einem Marathonlauf. Man gewinnt nicht auf den ersten Kilometern, sondern auf den letzten. Wir stehen erst am Anfang und wissen erst in zehn Jahren, ob wir wirklich erfolgreich sind.
Warum nach diesem Zeitraum?
In zehn Jahren finden drei Technologiesprünge statt und wenn man es schafft, bei allen drei dabei zu sein, macht das einen gewaltigen Unterschied und entscheidet über Erfolg und Scheitern. Das ist auch Grund, weshalb wir die deutschen Autobauer so respektieren, weil sie über viele Jahre erfolgreich sind.
Warum steigt Nio gerade jetzt in den deutschen Markt ein?
Weil wir technologisch und strategisch bereit sind. Wir wollen eine globale Marke zu werden. Um das zu erreichen, müssen wir die richtigen Produkte für die Bedürfnisse unsere Kunden zu bieten. Norwegen war unsere erste Station und jetzt kommen wir nach Deutschland, auch weil wir mit dem ET7, der auf unserer neuen NT 2.0-Plattform basiert, das geeignete Auto dafür haben.
Deutschland ist der anspruchsvollste Markt in Europa. Was unterscheidet Nio von den anderen Automobilherstellern?
Zunächst einmal sind wir jünger als die anderen (lacht). Aber Spaß beiseite, es gibt tatsächlich einige Unterscheidungsmerkmale. Das fängt schon damit an, dass unser Produkt für die Zukunft entwickelt ist. Beim ET7 sind Sensoren wie der LIDAR-Radar deutlich sichtbar und der Innenraum folgt dem Konzept des mobilen Wohnraums. Außerdem bieten wir mit den Batteriewechselstationen ein Rundum-Sorglos-Paket. Wir sind mehr als ein Autobauer. In China haben wir bereits eine Community und wollen auch in Europa eine gründen.
Was können Sie von den deutschen Automobilherstellern lernen?
Im Vergleich zu diesen etablierten Herstellern ist Nio noch eine junge und kleine Firma. Wenn man sich die weltweiten Verkaufszahlen ansieht, verkaufen die 20-mal so viele Auto wie wir. Die deutschen Firmen viel Erfahrung beim Entwickeln von Autos, eine etablierte Lieferkette und ein dichtes Händlernetz. Kurz: Sie wissen, wie Autobauen funktioniert und wir können noch viel von Ihnen lernen.
Verstehen Sie Nio noch als Start-up?
Nio gibt es zwar schon fast acht Jahre, aber wir haben erst vor vier Jahren begonnen, Autos auszuliefern. So gesehen sind wir immer noch ziemlich jung. Wir wachsen zwar schnell, aber ich predige immer wieder, dass wir die Start-up-Einstellung, diese Flexibilität beibehalten.
Wie definieren Sie Premium?
Für mich ist Premium kein statischer Begriff, sondern ein Konzept, das sich im Laufe der Zeit verändert. Für manche ist es die Qualität des Autos, für andere die PS-Zahl. Für uns sind es aktuell zwei Aspekte: Zum einen die Technologie, ähnlich wie das bei Hightech-Firmen wie Apple der Fall ist, zum anderen wollen wir unseren Kunden weitere Services bieten. Die Welt verändert sich sehr schnell, also ist Flexibilität das neue Premium und genau das setzen wir mit unserem Abonnementmodell um.
Wenn Nio global erfolgreich sein soll, dann führt an den USA kein Weg vorbei …
Wir werden erst dann ein einen Markt aktiv, wenn wir das richtige Produkt und die geeigneten Services für diese Region haben und hatten vor Ende 2025 auch in den USA aktiv zu werden. Aber die amerikanische Regierung hat kürzlich den „Inflation Reduction Act“ verabschiedet, was das Produzieren und den Markteintritt für ausländische Automobilhersteller erschwert. Deswegen werden wir die Entwicklung genau beobachten.
Wie geht es mit Nio weiter?
Aktuell sind SUVs sehr gefragt, aber wir sehen auch die Nachfrage nach kleineren Autos. Deswegen wird es eine Nio-Submarke mit solchen Modellen geben, die für den weltweiten Massenmarkt konzipiert und günstiger sind.
Wann werden diese Autos auf den Markt kommen?
In zwei Jahren. Damit wird die Zahl unserer verkauften Autos rapide ansteigen und wir wollen im Jahr 2030 einer der Top fünf Automobilhersteller weltweit sein.
Das sind ambitionierte Ziele, aber aktuell schreibt Nio noch rote Zahlen. Im Quartal 2022 betrug der Verlust rund 400 Millionen Euro. Wann erreicht Nio die Gewinnzone?
Als Start-up dauert es eine Weile, um profitabel zu sein. Wir haben sehr viel in die Entwicklung unserer Autos und in die Infrastruktur investiert und damit in die Zukunft. Wir haben einen genau abgestimmten Plan, um Schritt für Schritt Gewinne zu erwirtschaften. Tesla hat 16 Jahre gebraucht, um profitabel zu werden. Bei Nio wird das deutlich schneller der Fall sein.