Peter Fintl von der Technologieberatung Altran erklärte in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Focus Online, warum die Autohersteller dringend günstige Elektroautos bauen sollten, was Tesla anderen Herstellern voraus hat und was für ihn der optimale Antrieb der Zukunft ist.
An den immer schärferen CO2-Grenzen der EU werden die Autohersteller stark zu beissen haben, meint Fintl. Die Herausforderung der Flottenverbrauchsvorgabe sei „sportlich, auch wenn diese mit dem richtigen Modellmix durchaus zu schaffen ist.“ Allerdings stelle sich „die Frage der leistbaren Mobilität“: Im günstigsten Fahrzeugsegment, der Einstiegsklasse bis 10.000 Euro, gebe keine wirklich attraktiven Angebote. Das sei in einem kaufkräftigen Markt wie in Deutschland weniger schlimm, da hier der Marktanteil der „Minis“ unterhalb von sieben Prozent liegt.
In vielen Ländern in Süd- und Osteuropa allerdings könnte es ohne ein entsprechendes Fahrzeugangebot schwierig werden, emissionsfreie oder -arme Autos zu verkaufen. „Für diese Märkte müssen weiterhin kostengünstige Autos angeboten werden“, sagt Fintl, und das werde „ganz ohne den Verbrennungsmotor kurzfristig nicht funktionieren.“ Da die Flottenverbrauchs-Durchschnittswerte EU-weit berücksichtigt werden, müssten Autohersteller „als Kompensation für die Modelle, welche die Verbrauchswerte nicht schaffen, eben entsprechend viele Null- oder Niedrig-Emissionsfahrzeuge (wie etwa Plug-in Hybride) in den Märkten abgesetzt werden. Große Hersteller, wie etwa Volkswagen, werden das auch entsprechend umsetzen können“, meint der Experte.
„Ein Roaming-Abkommen zwischen Tesla und anderen Ladenetzen ist denkbar“
In Sachen Ladeinfrastruktur sieht Fintl „das Erfolgsgeheimnis für Elektrofahrzeuge“ darin, „dass man es für den Kunden möglich machen muss, problemlos zwischen den Ladestationen hin- und her zu pendeln“, so wie es Tesla mit seinen Superchargern bereits vorgemacht hat: „Damit sind Fernstrecken mit diesen Fahrzeugen relativ problemlos möglich. Dieses Netzwerk stellt einen hohen strategischen Wert dar, welcher auch in der Industrie allgemein anerkannt ist.“ Das Netzwerk von Ionity, gemeinsam von Daimler, BMW, Ford und Volkswagen momentan im Aufbau, habe „noch nicht die ideale Abdeckung“. Fintl hält aber auch „ein Roaming-Abkommen zwischen Tesla und anderen Ladenetzen denkbar“, damit die Fahrzeuge anderer Hersteller ebenfalls an Superchargern laden können. Tesla, stets auf bilanzieller Gratwanderung, könnte diese Zusatzeinnahmen gut gebrauchen. Tesla-Fahrer hingegen würden so einem Schritt sicherlich nicht gutheißen, da es schon nur durch Tesla-Elektroautos an einigen Superchargern regelmäßig zu langen Wartezeiten kommt.
So schwer es Tesla finanziell auch haben mag, „nüchtern betrachtet“ sieht Fintl „noch keine Marke, die Tesla beim elektrischen Modellprogramm überlegen wäre“. Die Konkurrenz komme zwar langsam in die Gänge, aber sie überzeuge noch nicht: „Gerade bei den derzeit angepriesenen Elektro-SUV’s zeigt sich noch deutlich Verbesserungspotential im Bereich Energieeffizienz und der Wertigkeit der Verarbeitung. Tesla hat einfach viel Erfahrung in der Optimierung des Gesamtsystems.“
Betrachtet man den idealen Antriebsmix der Zukunft, so führe „an der Elektrifizierung des Antriebsstranges kein Weg vorbei“, so Fintl. Die Hybridisierung sei ein wichtiger Schlüssel, um in die Nähe der EU-Ziele zu kommen, gegenüber anderen Antrieben sei das batterieelektrische Fahrzeug zum Erreichen der CO2-Limits „derzeit im Vorteil“. Im PKW-Bereich sei die Brennstoffzelle „aufgrund der Kosten und systemischer Herausforderungen, sprich Aufbau einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft, kurzfristig nicht wirklich konkurrenzfähig zum reinen Batterieauto“.
Bei größeren Autos und Nutzfahrzeugen hingegen laufe es dann doch eher auf die Brennstoffzelle oder aber den „Klassiker Gasantrieb“ als optimale Lösung hinaus, „flankiert mit weiter optimierten Dieselmotoren.“ für weniger kaufkräftige Märkte und Kunden. Auch synthetische Kraftstoffe seien „global gesehen interessant. Diese sind, wie Wasserstoff, eine Möglichkeit, um Öko-Strom ‚lagerfähig‘ zu machen.“
Quelle: Focus – Elektroautos und Mobilität: Peter Fintl von Altran im Interview