Wie kann die deutsche Automobilindustrie die Elektrowende meistern? Stimmen die politischen Rahmenbedingungen und wie groß ist die Herausforderung des Klimawandels? Diese Fragen erläuterte Audi-CEO Markus Duesmann kürzlich auf dem WirtschaftsWoche-Gipfel in Schwäbisch Hall. Klar ist: Die Ingolstädter werden bis 2033 die Produktion von Verbrenner-Autos einstellen.
Bevor er vor knapp zwei Jahren Audi-Chef wurde, hielt Markus Duesmann nach seinem bestanden Maschinenbau-Studium als Diplom-Ingenieur an der FH Münster (1991) so einige verantwortliche Positionen in der Automobilindustrie inne. Er konstruierte unter anderem bei Mercedes-Benz den V12-Serienmotor und arbeitete für BMW in der Formel 1. Nun hat Duesmann weitaus schwierigere Aufgaben vor sich: Er muss quasi das Lenkrad herumreißen und die Marke mit den vier Ringen zum Elektromobilitätsdienstleister umbauen. Beim “Gipfeltreffen der Weltmarktführer” in Schwäbisch Hall bekräftigte er laut dem Branchenmagazin WirtschaftsWoche (WiWo): “Ab dem Jahr 2026 werden wir nur noch rein elektrische Modelle bauen. Und 2033 beenden wir die Produktion von Verbrennungsmotoren”.
Elektroautos seien seiner Meinung nach mit Abstand die effizienteste Technologie der individuellen Mobilität. So macht Audi Tempo beim Wechsel der Antriebstechnologie und streicht laut Magazin Auto Motor Sport das Programm in den unteren Segmenten zusammen. Hier heißt es: “A1 und Q2 bekommen keine Nachfolger, der nächste A3 wird ein Elektroauto”. Der letzte Verbrenner aus Ingolstadt soll übrigens ein SUV sein. Plug-in-Hybride fungieren weiterhin als Brückentechnologie und sollen den Einstieg ins vollelektrische Fahren erleichtern. Damit haben sie auch für die nächsten Jahre ihre Berechtigung. Trotzdem sei das Ziel, auf 100 Prozent E-Autos zu gehen. Erst dann sei man CO2-neutral, heißt es weiter.
“Eigentliche Bedrohung ist der Klimawandel”
In Schwäbisch Hall erklärte der CEO laut WiWo, dass jedoch nicht die Elektrifizierung der Autoindustrie die größte Herausforderung sei. Auch nicht die Digitalisierung und die möglicherweise bevorstehende Automatisierung von selbst fahrenden Autos oder neue Wettbewerber aus USA und China. „Unsere eigentliche Bedrohung ist der Klimawandel“, so Duesmann. Bereits zuvor äußerte sich Duesmann auf einer anderen Klimakonferenz zum Thema: „Der Klimawandel kommt durch die fossilen Kraftstoffe, die wir aus der Erde holen. Das muss aufhören. Wir brauchen eine fossilfreie Gesellschaft.“ Der Klimawandel schließe schließlich auch die Energiewirtschaft und Stromerzeugung mit ein. Die Autoindustrie könnte hierfür nicht alleine in die Verantwortung genommen werden, erklärt der Audi-Chef. So gibt er bei der WirtschaftsWoche klar zu verstehen: “Es gibt nur einen Weg, vom fossilen CO2 wegzukommen. Und der führt immer über elektrischen Strom. Wenn die Elektrizität also Dreh- und Angelpunkt ist, braucht es klimaneutrale Energiewirtschaft, Energieerzeugung und Energieverbrauch. Und auch angemessene Strompreise.” Man verfüge über Geothermie und Windkraft im Norden, über Sonne im Süden und Wasserkraft in den Bergen – die Voraussetzungen wären seiner Meinung nach gegeben. Und Duesmann ist überzeugt, dass Politik und Wirtschaft diese Herausforderung gemeinsam schaffen können.
Der Volkswagen Konzern habe die finanzielle Stärke, um auf all die technologischen Fragen Antworten zu liefern. Insofern ist Duesmann überzeugt, dass der Standort Deutschland, die deutsche Automobilindustrie und der Volkswagen Konzern eine gute Chance haben, auch in zehn Jahren die Nummer eins zu sein. „Wir sind in China heute noch sehr gut aufgestellt und der Volkswagen Konzern ist dort Marktführer. Insofern ist mir vor der Zukunft nicht bange, doch wir beobachten mit großem Interesse, was dort passiert. Denn die E-Mobilität bietet auch neuen Wettbewerbern die Chance, Autos zu zeigen, die respektabel sind”, erklärt er in einer Sendung auf spiegel.de.
“Die EU muss der Autoindustrie etwas Zeit lassen”
Schwieriger werde das Unterfangen jedoch durch die Politik, die ein scharfes Tempo vorgibt. So hatte die EU-Kommission die CO2-Grenzwerte für Neuwagen vergangenes Jahr noch einmal verschärft. Auf dem Branchengipfel erklärte der CEO: “Entscheidend sei, dass die ambitionierten Grenzwerte nicht ständig weiter angepasst würden. Die EU muss der Autoindustrie auch etwas Zeit lassen.” Vor allem, weil die Entwicklungszyklen recht lang sind und die Hersteller große Mühe haben, Schritt zu halten. Dies könnte die Autohersteller teuer zu stehen kommen, da empfindliche Strafen drohen, wenn die CO2-Flottenwerte über den Vorgaben liegen.
Es ist nicht zu leugnen, dass es vor allem für die Autoindustrie schwierige Zeiten sind. Nicht nur die Corona-Pandemie, nicht nur die anstrengende Transformation zur Elektromobilität. Auch der Chipmangel lähmt das Vorankommen, so hat Audi im Jahr 2021 rund 100.000 Autos weniger bauen können. Dennoch rechnet Duesmann damit, dass die deutschen Autohersteller und Zulieferer in den kommenden fünf Jahren mehr als 220 Milliarden Euro in E-Mobilität und Elektrifizierung investieren werden. Das Ziel ist klar: „Wir glauben, dass wir als europäische Automobilhersteller auch Weltmarktführer für Elektromobilität sein können”, erklärt der Topmanager weiter.
Quelle: Audi, Spiegel, WirtschaftsWoche