Die Energie- und Antriebswende wird auf der ganzen Welt vorangetrieben, in manchen Ländern mehr, in manchen weniger. Einen ebenso ungewöhnlichen wie spannenden Blick auf dieses Thema gibt uns EAN-Autorin Maria Glaser. Sie befindet sich derzeit in Kasachstan und berichtet in einer losen Artikelserie, wie das Land in Zentralasien seinen Strom- und Verkehrssektor klimafreundlicher gestalten will – und warum Kasachstan auch global von Bedeutung ist.
Ende Oktober fand in Almaty eine Veranstaltung zum Thema Marktentwicklung in Kasachstan statt. Dabei waren zahlreiche deutsche und internationale Unternehmen zu Gast, vor allem aus dem Bereich Maschinenbau, um miteinander Kontakte zu knüpfen und sich zu Chancen und Perspektiven des kasachischen Marktes auszutauschen.
Deutsch-kasachische Wirtschaftsbeziehungen
Als wichtigster Handelspartner Deutschlands in Zentralasien mit einem Außenhandelsvolumen von knapp 10,8 Milliarden Euro befindet sich Kasachstan im wirtschaftlichen Um- und Aufbruch. Um Aussichten, Chancen und Risiken sowie das Potenzial in Zentralasien für deutsche Unternehmen, insbesondere in Kasachstan, ging es bei der Networking-Veranstaltung in Almaty, organisiert von der Unternehmensberatung Swilar und dem deutschen Werkzeughersteller WTO. Zudem waren Vertretende anderer Unternehmen zu Gast, wie z. B. der Maschinenfabrik Heller, Emco oder Kazstanex.
Dieses Networking-Format ging in Almaty in diesem Jahr bereits in die vierte Runde. Bei dem ersten Zusammenkommen dieser Art Ende 2022 in Astana habe die Vernetzung untereinander so gut funktioniert, dass man sich für Wiederholungen entschieden habe, so Dr. Georg Schneider, Geschäftsführer bei Swilar.
Bei den Präsentationen wurden die Pros und Kontras des Wirtschaftsstandortes Kasachstan dargelegt und diskutiert, dessen Wirtschaft traditionell in den Bereichen Öl und Gas verankert ist. Allmählich steigt das weltweit neuntgrößte Land jedoch auf andere Bereiche wie Wind- und Solarkraft sowie grünen Wasserstoff um. Um diese Energiewende geht es auch aktuell bei der Ausstellung “Energy in Transition“ in der kasachischen Stadt Aktau, die Mitte Oktober eröffnet wurde.
Chancen und Risiken für europäische Investitionen
Kasachstan befindet sich im Umbruch und das gehe, so Benedikt Löcherer vom deutschen Generalkonsulat in Almaty bei der Veranstaltung, mit allerlei Herausforderungen einher. Die geopolitische Lage Kasachstans zwischen China und Europa bringt nämlich zwar viele strategische Chancen, aber auch Probleme mit sich.
So sieht sich Kasachstan mit starker wirtschaftlicher Konkurrenz vom Nachbarn China konfrontiert und muss wettbewerbsfähig bleiben. Symbolisch für die starke Dominanz Chinas auf vielen Märkten sei beispielsweise, so Löcherer, der Anteil chinesischer Elektroautos auf den kasachischen Straßen. Dieser sei in den letzten zehn Jahren merklich gewachsen und habe die alten Gebrauchtwagen weitgehend ersetzt.
„Wir reden in Deutschland ja inzwischen sehr stark über das Thema ‚De-Risking China‘. Da haben wir in den letzten ein bis zwei Jahren auch auf unserer Seite in Deutschland immer wieder erwähnt, dass für dieses De-Risking Kasachstan eine sehr, sehr gute Alternative sein könnte, weil es hier ganz viele Rohstoffe und ganz viele Dinge gibt, die wir aus China heute beziehen. Vielleicht noch nicht ganz so entwickelt, wie das in China ist mit Weiterverarbeitung. Aber da sehe ich eine ganz, ganz große Chance in der Zusammenarbeit, dass Technologie aus Deutschland hierherkommt.“ – Dr. Georg Schneider, Geschäftsführer Swilar GmbH
Zudem gehört es zu den geopolitischen Herausforderungen des Landes, unabhängigere Exportrouten für einen direkten Handelsweg nach Europa auszubauen, beispielsweise über das kaspische Meer. Der infrastrukturelle Ausbau dieser Exportrouten benötige wiederum Investitionen, so Löcherer.
Auch die Sanktionen der EU und der USA gegen Russland standen bei den Präsentationen und Gesprächen wiederholt im Zentrum. Einerseits gehen sie mit Nachteilen einher, da auch Kasachstan indirekt von den Sanktionen negativ beeinflusst wird, andererseits seien aber auch infolge der Sanktionen Wirtschaftsstandorte aus Russland oder Belarus teilweise in die umlegenden Länder verlegt worden, so auch nach Kasachstan.
Großes Potenzial – vor allem langfristig
Deutsche Unternehmen, so Daria Pogodina von Swilar, seien in Kasachstan sehr willkommen. Sie gehe daher davon aus, dass innerhalb der kommenden fünf bis zehn Jahre mehr und mehr deutsche Unternehmen in Kasachstan ansiedeln werden.
Auch für den Werkzeughersteller WTO sei Kasachstan interessant, seit 2022 hat das Unternehmen dort einen zuständigen Mitarbeiter für Zentralasien ansässig. Das Interesse des Unternehmens bestehe jedoch derzeit vor allem im Vertrieb, nicht in der Produktion, und sei langfristig gedacht:
„Natürlich braucht man Zeit. Wir können jetzt nicht erwarten, dass wir innerhalb von drei bis fünf Jahren riesige Umsätze erwirtschaften werden. Das auf gar keinen Fall. Wir müssen da schon noch einen längeren Atem haben.“ – Daniel Sierra, Sales Director bei WTO
Großes Potenzial sieht WTO in Kasachstan trotzdem, weshalb sich das Unternehmen bereits jetzt früh positioniert, um in den Startlöchern zu stehen, wenn der Markt in Kasachstan die Umsätze mitbestimmen kann.
Quelle: Deutsche Allgemeine Zeitung – Wirtschaftliches Networking im Deutschen Haus Almaty