Eine feste E-Auto-Quote für Hersteller und ein dichtes Netz an Ladestationen beschleunigen den Umstieg auf klimafreundliche Elektroautos deutlich. Noch wirksamer ist lediglich ein verbindliches Enddatum für Diesel- und Benzinmotoren. Dies zeigt eine aktuelle Studie des Berliner Umweltforschungsinstituts Ecologic im Auftrag von Greenpeace. Die Studie – hier zu finden – untersucht zehn schon heute in verschiedenen Ländern eingesetzte Förderinstrumente auf ihre Wirksamkeit.
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) fördert E-Mobilität bislang hauptsächlich mit finanziellen Anreizen. Zum 1. Januar 2019 waren in Deutschland 83.200 E-Autos zugelassen – weniger als 0,2 Prozent aller Pkw. „Kaufprämien alleine sind teuer und bringen E-Autos nicht aus der Nische“, sagt Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan. „Andere Länder bringen den Umstieg auf klimafreundliche Autos viel schneller voran als Minister Scheuer.“
Nur mit einem zügigen Umstieg auf Elektroautos können die CO2-Emmissionen im Verkehr schnell genug sinken, um die Klimaziele zu erreichen. Länder wie Norwegen unterstützen den Umstieg mit Maßnahmen wie Steuererleichterungen für E-Auto-Besitzer, Kalifornien mit einer festen Elektroauto-Quote. Unter anderem in Großbritannien wird ein Verbot von Verbrennungsmotoren diskutiert. Die Greenpeace-Studie untersucht, wie leicht Regierungen zehn ausgewählte Maßnahmen umsetzen können, wie viel sie für den Ausbau der E-Mobilität bringen, wie teuer sie für den Staat sind und wie sehr sie helfen, andere Ziele der Verkehrswende zu erreichen, etwa die Zahl der Fahrzeuge zu reduzieren.
Verkehrsminister Scheuer hat als Teil seines Pakets an Klimaschutzmaßnahmen für den Verkehr kürzlich vorgeschlagen, die Kaufprämie für Elektroautos zu verdoppeln und sie künftig für kleinere Modelle zu zahlen. Eine E-Quote oder ein Ausstiegsdatum für Verbrennungsmotoren lehnt Scheuer ab. Laut Studie sind Prämien ein teures aber sinnvolles Fördermittel, wenn sie für kleinere Modelle gelten. Um die finanzielle Belastung für den Staat zu begrenzen, schlägt die Studie eine parallele Belastung klimaschädlicher Autos vor. „Es ist gut, dass Minister Scheuer nur den Einsatz kleiner E-Autos unterstützen will“, so Stephan. „Schnell sinken wird der CO2-Ausstoß im Verkehr aber nur, wenn klimaschädliche Autos gleichzeitig teurer werden.“
Verkehr muss umweltfreundlicher werden
Der Verkehrssektor trägt maßgeblich zur Luftverschmutzung und zum Klimawandel bei. Um den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 °C zu begrenzen und die Luftverschmutzung insbesondere in den Städten zu verringern, müssen Regierungen einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, um Verkehr zu vermeiden, ihn auf sauberere Formen der Mobilität wie öffentliche Verkehrsmittel oder Radfahren umzustellen und die Emissionen der verbleibenden Fahrzeuge zu reduzieren.
Die Einführung von Elektroautos ist – sofern sie mit einer Umstellung auf ein erneuerbares Stromversorgungssystem kombiniert wird – eine Möglichkeit, die Emissionen von Pkws deutlich zu reduzieren, und hilft damit den Ländern, ihre Klima- und Luftqualitätsziele zu erreichen. Um die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, müssen Pkw mit Verbrennungsmotor (Diesel- und Benzinfahrzeuge) in Europa bis 2025 abgeschafft werden, so die Studie; Hybridfahrzeuge bis 2028; daher spielen Elektroautos als alternative Option eine wichtige Rolle.
Zahlreiche Regierungen auf der ganzen Welt haben bereits Maßnahmen zur Beschleunigung der Einführung von Elektroautos umgesetzt oder ziehen solche Maßnahmen in Erwägung. Die Studie analysiert eine Reihe bestehender Maßnahmen, die sich direkt auf die verstärkte Nutzung von Elektroautos, insbesondere batterieelektrischen und Brennstoffzellenfahrzeugen, auswirken. Sie befasst sich nicht mit negativen Anreizen für Pkw mit Verbrennungsmotor (Diesel- und Benzinfahrzeuge) oder Privatwagen als solche. Daher sind Maßnahmen wie Diesel-, Benzin- oder CO2-Steuern, sowie z. B. eine Maut nicht Teil dieser Studie. Sozusagen als Ausnahme werden in der Studie Verbote von Pkw mit Verbrennungsmotor berücksichtigt, da dies mit dem letzten Schritt der Förderung von Elektroautos, d. h. einer 100-prozentigen Elektroauto-Quote, vergleichbar ist.
Die Analyse basiert auf einer Auswertung von Forschungsstudien, Reports und wissenschaftlichen Arbeiten sowie auf offiziellen Websites. Im Mittelpunkt der Studie stehen Maßnahmen in der Europäischen Union (EU); es werden aber auch internationale Beispiele erörtert, wenn diese nützliche Erkenntnisse liefern – insbesondere Förderprogramme aus den USA und Norwegen, über die detaillierte Informationen vorliegen.
Die Studie untersucht zehn verschiedene Maßnahmen, darunter sowohl finanzielle als auch nichtfinanzielle Anreize. Sie bewertet diese Maßnahmen hinsichtlich 1) ihrer Gesamtwirksamkeit, Anreize für den Erwerb von Elektroautos zu schaffen; 2) der Einfachheit der Verwaltung; 3) der Kosten für Regierungen; und 4) der Übereinstimmung mit anderen Zielen, insbesondere dem Ziel der Verringerung des Pkw-Verkehrs.
Die wichtigsten Ergebnisse
Die verpflichtende Einführung von Elektroautos oder die Abschaffung von Kfz mit Verbrennungsmotor ist am wirksamsten: Regierungen können Automobilunternehmen dazu verpflichten, eine Mindestquote an Elektroautos herzustellen; sie können Pkw mit Verbrennungsmotor vollständig verbieten und mit entsprechenden Vorschriften über das öffentliche und private Beschaffungswesen für eine verpflichtende Nutzung von Elektroautos sorgen. Die Gesamtwirksamkeit dieser gesetzlichen Regelungen, sowie ihre Erschwinglichkeit für Regierungen und die Übereinstimmung mit anderen politischen Zielen, ist am höchsten, wenn ihre Festlegung auf einem anspruchsvollen Niveau erfolgt.
Die Ladeinfrastruktur ist von entscheidender Bedeutung: In den meisten Ländern ist noch kein zuverlässiges Netz an Ladestationen in Städten und auf Autobahnen vorhanden. Ohne eine gute Infrastruktur haben jedoch weitere Anreize oder Regulierungsmaßnahmen wenig Einfluss auf den Kauf von Elektroautos, da sich Verbraucher angesichts einer begrenzten Anzahl von Ladestationen nur ungern für Elektroautos entscheiden. Regierungen könnten daher einen frühzeitigen Aufbau der Ladeinfrastruktur z.B. durch Subventionen oder öffentliche und private Partnerschaften unterstützen, solange Ladestationen noch nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Wichtig ist, dass die Regierungen eine Standardisierung auf nationaler und internationaler Ebene anstreben, damit die Infrastruktur allen Nutzern zur Verfügung steht.
Förderprogramme müssen den raschen Veränderungen in der Elektromobilitätsbranche Rechnung tragen: Der Markt für Elektromobilität wächst rasant, zumal bei den Akku- und Fahrzeugtechnologien laufend Fortschritte erzielt werden und sich die Automobilhersteller der politischen Ziele bewusst sind. Innovationen und insbesondere die großflächige Markteinführung von Elektroautos senken deren Preise. Regierungen, die finanzielle und nichtfinanzielle Anreize für Elektromobilität bieten, müssen ihre Fördermaßnahmen an die Marktentwicklung anpassen. Finanzielle Anreize sollten Preisunterschieden zwischen Pkw mit Verbrennungsmotor und der elektrischen Alternative Rechnung tragen. Dem nichtfinanziellen Vorteil der Mitbenutzung von Busspuren sollten die Anzahl der Elektroautos auf den Straßen und unerwünschte Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehr gegenübergestellt werden.
Die Kombination von Maßnahmen und deren richtige zeitliche Abfolge ist der Schlüssel zu einer vollständigen Markttransformation: Wie die Analyse zeigt, hat sich für die rasche Erhöhung des Elektroauto-Anteils in Ländern wie Norwegen ein Mix aus verschiedenen Fördermaßnahmen am erfolgreichsten erwiesen. Die Regierungen können somit einen Mix aus politischen Maßnahmen einführen, die auf die Entwicklung des Elektromobilitätsmarktes abgestimmt sein sollten:
- Für frühzeitige Elektroauto-Nutzer können die Regierungen Busspuren freigeben und eigene Parkplätze mit Ladestationen bereitstellen. Vorschriften über die frühzeitige öffentliche Beschaffung von Elektroautos, die z.B. eine Elektroauto-Quote für Fahrzeug-Neuanschaffungen von Behörden vorsehen, stehen im Einklang mit der Vorbildfunktion des öffentlichen Sektors, welche die Marktdurchdringung erhöhen und die öffentliche Wahrnehmung positiv beeinflussen kann.
- Eine Kombination aus einer Elektroauto-Quote für die Autoindustrie und Finanzierungshilfen für Käufer von Elektroautos der unteren Preisklasse kann Auslöser einer groß angelegten Markteinführung sein. Finanzierungshilfen senken den Kaufpreis von Elektroautos und beseitigen damit eine entscheidende Barriere, die Haushalte mit mittlerem Einkommen am Kauf von Elektroautos hindert. Die Elektroauto-Quote kann zu Beginn niedrig angesetzt werden, aber sie signalisiert der Autoindustrie klare politische Ziele.
- Schließlich können Regierungen die Neuzulassungen herkömmlicher Diesel- und Benzinfahrzeuge auslaufen lassen und so den Pkw-Markt auf Nullemission umstellen.
Finanzielle Vorteile für Elektroautos sind am wirksamsten, wenn sie mit negativen Anreizen für Pkw mit Verbrennungsmotor kombiniert werden: Regierungen können die Wirkung der Finanzierungsanreize für Elektroautos erhöhen, indem sie gleichzeitig Pkw mit Verbrennungsmotor benachteiligen. Steuererhöhungen auf umweltschädliche Autos (in Bezug auf CO2-Emissionen und Luftschadstoffe) kann in Kombination mit Fördermaßnahmen und/oder Steuerbefreiungen für Elektroautos die finanzielle Lücke zwischen Pkw mit Verbrennungsmotor und ihrer elektrischen Alternative schließen. Dies ist in Norwegen der Fall. Darüber hinaus können Steuern auf umweltschädliche Autos als Einnahmequelle zum Ausgleich von Fördermittelzahlungen dienen, wie das Bonus-Malus-System in Frankreich zeigt. Dieses Kombinationssystem belohnt Verbraucher, die sich für umweltfreundliche Autos entscheiden, und benachteiligt Käufer von Fahrzeugen mit hohem Schadstoffausstoß.
Abschließend kann festgestellt werden, dass sich Autokäufer möglicherweise nicht vollständig der finanziellen Vorteile und anderer Anreize für Elektroautos bewusst sind. Daher sollten Regierungen leicht verständliche Informationen und Leitlinien zu Elektromobilitätsmaßnahmen bereitstellen und bewerben – und damit die maximale Inanspruchnahme gewährleisten.
Quelle: Greenpeace – Pressemitteilung vom 07.06.2019