Hyundai baut den Kona Elektro jetzt auch in Europa. Das verdreifacht die Produktionskapazität, verkürzt die Lieferzeit und senkt den CO2-Fußabdruck. Wir sind mit dem Kona Elektro zur Werkbesichtigung nach Tschechien gefahren.
Sechs Zentimeter bewirken einen großen Unterschied. Die Landkarte mit meinen Navigationsangaben ist deutlich detaillierter geworden, die Auswahl von Sendern und Liedern fällt leichter. Die Diagonale des Bildschirms im Hyundai Kona Elektro ist um sechs auf 26 cm gewachsen. Mit dem Modelljahr 2020 und der Fertigung im tschechischen Nosovice kommen weitere Verbesserungen. Per Blue Link hat man Zugriff auf Telematik-Dienste (Stau, Parkplätze etc.) und über eine Smartphone-App Zugriff auf das Auto aus der Ferne (Heizen, Routen übertragen, Ladezustand etc.). Der Onboard-Charger lädt jetzt dreiphasig mit 11 kW an Wechselstrom-Anschlüssen.
Aber das Wichtigste: Die WLTP-Reichweite steigt um 35 auf 484 km. Damit sinkt der Verbrauch auf 14,7 kWh / 100 km. Das habe man durch Reifen mit geringerem Rollwiderstand und Verbesserungen an der Hinterradaufhängung erreicht, berichtet Qualitäts-Manager Martin Klicnik beim Werksbesuch in Nosovice. Das bezieht sich auf die Version mit der 64 kWh-Batterie. Da 85 Prozent der Kunden diese Version bestellen, werden im einzigen Hyundai-Werk innerhalb der Europäischen Union ausschließlich große Batterien und der stärkere Motor (150 kW) verbaut.
Autos mit der Kleinen (39,2 kWh) kommen weiterhin aus dem koreanischen Werk in Ulsan. Im Heimatland Korea liefert LG Chem die Batteriezellen. In Europa hat man sich für SK Innovation entschieden. Die produzieren Zellen im ungarischen Komárom und liefern sie zu Mobis nach Nosovice. Bei der Hyundai-Tochter werden die Zellen zu Modulen und Batterie-Packs inklusive Kühlsystem verbaut. Die Mobis-Halle steht auf dem 200 Hektar großen Gelände, auf dem Hyundai seit Ende 2008 den SUV Tucson sowie diverse i30-Versionen baut.
EnBW-Ladekarte mit attraktiven Preisen
Doch bevor ich die Fertigungslinie zu sehen bekomme, steht die Reise in den Osten der tschechischen Republik an. Stilecht fahre ich mit dem Kona Elektro von Frankfurt mit einer Übernachtung in Brünn ins knapp 900 km entfernte Nosovice. Auf dem ersten Streckenabschnitt sitze ich in einer Modellversion 2019. Bei regnerischen 11 Grad Außentemperatur zeigt die Reichweitenanzeige 330 km. Damit schaffe ich es entspannt zum ersten Ladestopp an einer EnBW-Ladesäule. Die neue HPC-Ladesäule an der Raststätte Oberpfälzer Alb liefert mir allerdings eine Fehlermeldung. Alle Säulen seien belegt, steht auf dem Display, obwohl ich weit und breit der einzige E-Autofahrer bin. Die ältere 50 kW-Säule nebenan lädt allerdings einwandfrei. Hier kann ich leider nicht das Kona-Maximum von 70 kW bei Gleichstrom-Ladung erzielen. Das hole ich 220 km weiter im tschechischen Beroun nach. An einer OMV-Tankstelle stehen Ionity-Ladesäulen. Hier lädt mein Kona Elektro mit 74 kW in der Spitze. Der CCS-Anschluss ist praktisch in der Fahrzeug-Front platziert. Das ist für die Anfahrt öffentlicher Schnelllader und deren kurze Kabel enorm praktisch.
Hyundai-Kunden erhalten beim Fahrzeugkauf eine EnBW-Ladekarte ohne monatliche Grundgebühr. Damit können sie an Säulen des Anbieters für 0,29 Euro (AC) und 0,39 Euro (DC) laden. Das gilt auch für Ionity-Stationen. Hyundai hat sich zwar direkt an Ionity beteiligt, doch noch steht die Zustimmung der Kartellbehörde aus. Somit kann Hyundai keine eigenen Tarife für das europäische Ladenetzwerk der deutschen Autohersteller anbieten.
Mit dem Elektroauto 715 km an einem Tag gefahren
Nach dem zweiten Ladestopp heißt das Ziel Brünn. Die zweitgrößte Stadt Tschechien liegt 715 km von Frankfurt entfernt. Da behaupte noch jemand, Langstreckenfahrten sind mit einem Elektroauto nicht möglich. Am nächsten Morgen fahre ich die 175 km zur Hyundai Motor Manufactoring Czech (HMMC) in einer Modellversion 2020. Das größere Display ist für Musikauswahl und Navigation eine echte Freude. Dabei habe ich die Navigationsangaben auch noch mal in meinem Headup-Display. Das Premium-Paket mit Abstandstempomat, Android- und Apple CarPlay sowie den Blue Link Telematik-Diensten ist in dem Kompakt-SUV ein technisch hochwertiges Angebot (ab 48.450 Euro). Daneben existieren noch Trend- und Style-Pakete.
Los geht es bei einem Preis von 34.850 Euro. Hyundai gewährt auf den Kona Elektro derzeit 8.000 Euro Umweltprämie. Dabei kommen wie gewohnt 3.000 Euro auf Antrag vom Staat (BAFA) und 5.000 Euro (brutto) zieht der Hyundai-Händler ab. „Hinzu kommt eine Acht-Jahres-Garantie“, betont Jürgen Keller, Geschäftsführer Hyundai Motor Deutschland im Gespräch mit Elektroauto-News. Die umfasst eine Mobilitätsgarantie mit Abschleppdienst und fünf Checks in den ersten fünf Jahren. Auf die Batterie gewährt Hyundai ebenfalls acht Jahre bis zu 160.000 km Laufleistung.
30.000 Kona Elektro in diesem Jahr bauen
„Mit dem Produktionsstart im HMMC in Nosovice verdreifachen wir unsere Produktionskapazität“, sagt Keller. Die Europa-Produktion verkürzt Lieferzeiten und senkt den CO2-Fußabdruck, mit dem der Kona in den Markt startet. Für die Erweiterung im HMMC hat der Hersteller 72 Millionen Euro investiert. Das ging vor allem in eine zusätzliche Montagestation in der Fertigungslinie. In Nosovice laufen Verbrenner und Kona Elektro von einem Band. Hier sind 350 Roboter und rund 3.300 Menschen im Drei-Schicht-Betrieb tätig.
In der Lagerhalle für Batterien überwachen Kameras deren Temperatur. Von hier bringen autonom fahrende Transporter die 450 kg schweren Energiespeicher an die Montagestation. Transportbänder und eine Hebevorrichtung „verheiraten“ Batterie und Fahrzeug ohne menschliches Zutun. Erst jetzt treten zwei Mitarbeiter ans Auto und fixieren von unten das Batteriepakete mit Schrauben im Fahrzeug. Sie schließen die Batterie an, die bereits zur Hälfte geladen ist. Währenddessen schwebt der Kona an einer Schiene hängend weiter. Bis zu 150 Kona Elektro können pro Tag die Halle verlassen.
Für dieses Jahr sind 30.000 Stück geplant. Im vergangenen Jahr wurden rund 3.500 Kona Elektro in Deutschland zugelassen. Hyundai hat ehrgeizige Pläne. „Wir wollen in diesem Jahr zum größten Anbieter umweltfreundlicher Fahrzeuge werden“, sagt Keller. Bis zu 80.000 Elektroautos sollen 2020 in Europa verkauft werden. Der koreanische Hersteller ist einer der wenige Automarken, die Technologieoffenheit praktizieren. Neben den batterie-elektrischen Kona und Ioniq werden alle denkbaren Hybrid-Versionen angeboten. Mit dem Nexo hat Hyundai ein serienreifes Brennstoffzellen-Fahrzeug im Angebot. Der koreanische Hersteller investiert 50 Milliarden Euro in den Ausbau alternativer Antriebe. Bis 2025 will Hyundai zu den Top 3 Marken für Elektroautos zählen. Bis dahin sollen weltweit 670.000 Elektro- und Brennstoffzellen-Fahrzeuge verkauft sein.
Hyundai Kona Elektro: Gelungenes Elektroauto
Der Parkplatz hinter den Werkshallen in Nosovice ist bereits voll mit Kona Elektro-Modellen. Hier stehen auch einige Autotransporter, die gerade beladen werden. Die ersten Modelle aus europäischer Produktion dürften in den kommenden Tagen bei Hyundai-Händlern eintreffen. Insgesamt hat die Fahrt mit dem Kona Elektro ins Werk HMMC viel Spaß bereitet. Es ist ein gelungenes Elektroauto. Eigentlich gibt es nur einen Punkt, der auch im neuen Modelljahr nicht besser geworden ist. Der Sound aus den acht Lautsprechern von US-Anbieter Krell ist immer noch viel zu dumpf. Den kann auch der Equalizer nicht verbessern. Vielleicht springt einem das so deutlich in die Ohren, weil das Soundsystem keine Motorengeräusche übertönen muss.