Das EU-Parlament hat diese Woche das Aus des Verbrenners ab 2035 beschlossen. Doch erst einmal müssen noch die EU-Mitgliedsstaaten zustimmen. Das gibt der Verbrennerlobby die Chance, das Ende der fossilen Mobilität weiter herauszuzögern. Also besteht noch kein Grund zu Freude. Auch deswegen nicht, weil sich das Aus nur auf Neuzulassungen bezieht. Und nicht per se für alle bereits auf den Straßen fahrenden Verbrenner.
Es wird also wieder versucht, den Anschein einer Mobilitätswende zu erwecken, hinter dem in Wirklichkeit wenig Willen steckt. Doch mit einer “Wasch mich, aber bitte mach mich nicht nass”-Mentalität kommen wir nicht weiter.
Die Ladeinfrastruktur ist nicht das Problem, sondern der Wille
Das vermeintliche Totschlagargument aus der politischen Landschaft gegen den beschleunigten Ausbau der E-Mobilität: Es mangele an ausreichender Ladeinfrastruktur. Und tatsächlich – wenn wir nicht jetzt Maßnahmen ergreifen, um flächendeckend die Installation von Ladeboxen und Ladesäulen forcieren, behalten die Bremser der E-Mobilität recht.
Und jetzt schauen wir einmal auf den Kalender: Wir schreiben das Jahr 2022 und erst 2035 soll das Verbrenner-Aus für Neufahrzeuge 2035 greifen. Das heißt also, wir haben noch ganze 13 Jahre Zeit, um endlich die nötige Ladeinfrastruktur aufzubauen. Doch anstatt hier eine Chance zu sehen, das politische Versagen der Mobilitätspolitik der vergangenen Jahre wiedergutzumachen, wird von einigen politischen Vertretern der Eindruck vermittelt, man resigniere bereits vor Anpfiff und würde gar nicht erst versuchen, zu gewinnen bzw. den Ausbau der E-Mobilität als den einzigen Weg anerkennen und umsetzen wollen. Wie soll denn bitte mit solch einer Haltung eine Bewegung in der Breite entstehen, die den Weg frei macht für die E-Mobilität?
Betrachtet man die aktuellen CO2-Emissionen, den Anteil des Straßenverkehrs und insbesondere von PKW daran, so sollte doch allen Beteiligten mittlerweile klar sein: Wir erreichen die Klimaziele und die dafür unvermeidliche drastische Senkung der CO2-Emissionen nur, wenn wir heute endlich anfangen, die Mobilitätswende wirklich einzuleiten, anstatt Zielmarken festzulegen, ohne Maßnahmen zu ergreifen, die uns dorthin führen. Schließlich handelt es sich hierbei um Scope-1-Emissionen, die man direkt beeinflussen kann.
Fünf Schritte für die Mobilitätswende
Eine entsprechende Veränderung aus eigener Kraft ist relativ schnell machbar, sobald die Lieferketten-Themen und aktuellen Materialengpässe gelöst sind. Was wir brauchen, ist also nicht nur ein Lippenbekenntnis für das Aus, sondern einen klaren und verbindlichen Plan. Dazu gehört:
- die massive Förderung von Ladeinfrastruktur im privaten Umfeld, bspw. durch eine Erneuerung der Fördergelder für Ladeboxen und die Installation vor Ort
- die massive Förderung von Ladeinfrastruktur für Firmen und ihre Mitarbeiter. Es sind immer noch fast Zweidrittel der Neuzulassungen in Deutschland Firmenwagen, wenn wir hier ansetzen, können wir eine massive Veränderung in unserer Mobilität herbeiführen und einen Druck ausüben, die öffentliche Ladefinfrastruktur schneller auszubauen
- die sinnvolle Schließung der Lücken in der öffentlichen Ladeinfrastruktur, das heißt die Bereitstellung der Ladeinfrastruktur an den Orten, wo es wirklich nötig ist
- die Kombination der Förderungen für die Installation von Photovoltaik-Anlagen und anderen regenerativen Energien für Privatmenschen sowie Firmen für den Ausbau von grünem Strom für das Laden der E-Fahrzeuge
- die Motivation von Unternehmen, die gesamte Belegschaft auf die Reise Richtung Emissionssenkung mitzunehmen. Dies ist denkbar über den Transfer der THG-Zertifkate an eine Firma, ob durch virtuelle Kraftwerke oder eigene Bilanzkreise einer Company/Employee-Allianz für Photovoltaik und erneuerbare Energien.
Die Lösungen liegen doch auf der Hand. Also bitte: kein Aufschieben mehr und das Verlagern auf die nächsten Legislaturperioden. Das Klima wartet nicht.
Gleichwohl darf man nicht verschweigen, dass die Mobilitätswende nur den gewünschten Effekt hat, wenn sie mit der Energiewende einhergeht und die zu erwartenden 14 Millionen Elektroautos in Deutschland bis 2030 mit 100 Prozent grünem Strom geladen werden. Denn nur so lassen sich die Emissionen senken und der Vorteil gegenüber dem Verbrenner in Sachen CO2-Bilanz bei einer realistischen Kilometerzahl erreichen.
Mehr über Envision Digital im Podcast-Gespräch.
Über den Autor: Ein Gastbeitrag von Florian Lüft, Head of Business Development bei Envision Digital
wenn ich mir das politisch motivierte Geschwätz mancher sogenannter Experten anhöre dann wird mir Bange. Sachverstand ist heute scheinbar ebenso wenig gewünscht wie freie Meinung und der Mut dazu. Alles was zählt sind neue Umsätze.
Ein Grund dafür, dass sich E-Autos gut verkaufen, ist, dass wohl die wenigsten der derzeitigen Käufer sich regulär auf die öffentliche Ladeinfrastruktur verlassen müssen, weil sie eine Lademöglichkeit zuhause bzw. in der Firma haben. Um aber z.B. Leute in dicht besiedelten urbanen Gebieten zu überzeugen, wo es keine Garagen gibt und meist sogar Parkplätze Mangelware sind – von Parkplätze mit Lademöglichkeit wollen wir gar nicht erst reden – muss dringend etwas getan werden.
Ich bin der Meinung die meisten Leute kann man nur mit finanziellen Anreizen motivieren.
Solange in Östererreich die Förderungen nur auf Firmen zugeschnitten sind macht es für die breite Bevölkerung keinen Sinn zu Wechseln mit all den Hindernissen.
E-Auto viel zu teuer im Vergleich zu Verbrennern, und die Minidifferenz von Sprit zu Strom gleicht den Kaufpreisunterschied nie aus.
Wir haben 2 E-Autos aber der Hauptanstoß war ehrlich gesagt weil wir die steuerlichen Vorteile nutzten können und auch eine Lademöglichkeit haben
Das es nebenbei besser für die Umwelt ist macht es noch sinnvoller
Die vorhandenen Autos müssen auch nach 2035 weiterbetrieben werden dürfen.
Ansonsten wäre das ein zerstören massiver Werte der privaten Eigentümer also Enteignung. Das kann niemand wollen.
Lieber früher nur noch BEV ’s bauen.
Die Zahl der dann noch vorhandenen und betriebenen Verbrenner nimmt rapide ab darum brauchen wir uns nicht kümmern
Damit keine Diskussionen in die falsche Richtung aufkommen.
Wir haben eine ausreichende PV Anlage auf dem Dach. Hausbatterie und 2 E Autos.
Das 3. wird in 2 Jahren umgetauscht.
Gartengrill, Rasenmäher und Warmwasser mit Strom. fehlt also nur noch die Heizung im Winter. Sollte in 5 Jahren auch wirtschaftlich auf Strom umzustellen sein.
Aber bitte bedenkt bei der ganzen Diskussion den Geldbeutel der breiten Bevölkerung. Und die Menschen müssen mitgenommen werden…..das fehlt oft.
Mit elektrischen Grüßen Joe
Dass die Mitgliedstaaten zustimmen müssen ist etwas unscharf formuliert: Da es sich um ein Rechtsverordnung und nicht um eine Richtlinie handelt, sind die nationalen Parlamente raus. Die Abstimmung erfolgt im EU-Ministerrat ggfls. unter Austausch mit dem EU-Parlament.