Anfangs erschien die Nummer als purer Glücksfall. Als das „Beste aus zwei Welten“ wurden Plug-in-Hybride beworben, in denen nicht bloß ein Motor mit Kolben Dienst tut, sondern auch mindestens einer mit Wicklung. Die Idee: Üblicherweise speist sich der alltägliche Vortrieb aus einer Batterie im Boden – muss es mal schneller rollen oder weiter, fährt man nach alter Verbrenner Sitte.
Prima, dachte sich auch die Politik und honorierte die Teilzeit-Stromer mit üppigen Vergünstigungen. Zuschuss beim Kauf – vor allem aber nur der halbe Satz bei der Besteuerung als Dienstwagen. Wer zumindest einen Teil seiner Strecken elektrisch unterwegs sei, so das Argument, habe aus Klimaschutzgründen weiß Gott Bares verdient.
Mittlerweile ist die Euphorie gewichen. Alsbald verbuchten nämlich vorrangig dicke Doppelherzen à la Cayenne, Q7 und X5 massiven Zulauf – der Akku-Radius war nicht selten bescheiden und niemand kann – oder besser: will – kontrollieren, wie oft die Brennkammern überhaupt geschlossen haben. Das steuerliche Privileg gilt schließlich unabhängig davon, ob der Wagen auch nur einen einzigen Meter mit Strom bewegt wird. Echte Nachhaltigkeit sieht dann doch anders aus.
Und so ist der Plug-in-Hybrid ein wenig in Verruf geraten. Schließlich vereint er ja auch die Übel zweier Welten, sagen Kritiker. Tenor: Doppelte Technik kostet schließlich unnötig Geld – und die meiste Zeit fährt man entweder einen obsoleten Verbrenner spazieren oder einen überflüssigen Akku. Das hat man nach langem Zögern offenbar auch im Berliner Regierungsviertel eingesehen, wo man in Sachen Dienstwagen ja traditionell einen überaus wohlwollenden Blick hat.
Die Folge: Für den Genuss des reduzierten Steuersatzes muss ein Doppelherz ab Januar 2022 rein elektrisch nun mindestens 60 Kilometer schaffen, ab 2025 sogar 90. Entscheidend ist übrigens nicht der Tag der Bestellung, sondern der der Auslieferung. Wahlweise erfüllt ein Ausstoß von unter 50 Gramm CO2 je Kilometer die Kriterien. Das bringt erste Hersteller dazu, der einstigen „Brückentechnologie“ abzuschwören. Daimler etwa plant keine weiteren Entwicklungen, ließ der zuständige Chef Markus Schäfer am Rande der IAA Mobility verlauten.
Volkswagen indes sieht in Plug-in-Modellen noch ordentlich Potenzial. In Wolfsburg will man schließlich auch diejenigen im Blick behalten, die nicht nur selten größere Strecken zu absolvieren haben oder gerne mal mit Anhänger unterwegs sind. Beides Kriterien, bei den reine E-Autos schnell an Grenzen stoßen – sei es nun bei der Physik oder beim Komfort. Im Duett beider Techniken, so die Philosophie, ergebe sich für die Umwelt immer noch ein deutlicher Gewinn zum Verbrenner.
Statistiken geben derlei Überlegungen Recht. Immerhin liegen 95 Prozent aller täglichen Fahrten im Schnitt unter 50 Kilometern, knapp zwei Drittel sogar unter zehn. Beste Voraussetzungen also, um weitestgehend im Batterie-Modus unterwegs zu sein. Und so brachte VW im vergangenen Jahr 80.000 Plug-in-Hybride an Mann und Frau – schon 75.000 waren es dagegen allein im ersten Halbjahr 2021.
Mit Golf, Passat, Arteon, Tiguan und Touareg sind die Wolfsburger in Sachen Doppel-Herz allerdings auch breit aufgestellt. Was Abmessungen angeht und Motorisierung. Eher sparsam in den eHybrid-Varianten – eher sportlich in der Versionen GTE. Geräumig und kompakt, für auf und neben der Spur.
Und mit jeder Menge Know-how. Im Jahr 2007 ging der erste Golf GTE in Serie – noch mit 8,8 kWh im Akku. Heute lassen sich im identischen Bauraum bereits 13 kWh speichern. Auch Software und Batterie-Management haben sich entwickelt. Und beim 1,4-Liter-Motor tragen die Zylinder mittlerweile eine Plasmaschicht. Kondenswasser, das sich in den Motor-Pausen bilden könnte, soll keine Chance zur Korrosion haben.
Dennoch steht das Triebwerk kurz vor dem Renteneintritt. Ab 2023 kommt der 1,5-Liter-Benziner zum Einsatz – die Allzweckwaffe des Konzerns wird derzeit auf die besonderen Bedingungen technologischen Zusammenspiels hin optimiert. Neuerung Nummer zwei: Ab diesem Zeitpunkt soll dann auch schnelles Gleichstrom-Laden für den Akku möglich sein. Aktuell vergehen für die volle Packung fast vier Stunden.
Ein wenig Kopfzerbrechen bereitet derzeit noch das Flaggschiff. Im Touareg der dritten Generation arbeitet – anders als in den übrigen eHybrid-Modellen – ein längs eingebauter V6 mit drei Litern Hubraum. Der bringt es mit Stromes Hilfe zwar auf 381 PS und in der R-Version sogar auf 461 – allerdings auch auf 60, respektive 63 Gramm CO2 und eben bloß maximal 46 Kilometer Akku-Radius. Damit reißt er in Sachen Dienstwagensteuer künftig gleich beide Vorgaben.
Allerdings ist die Zahl der Getreuen groß. Gerade unter denen, die mit Anhängern unterwegs sind. Immerhin zwei von drei Kunden ordern den Touareg mit schwenkbarem Haken. Bei allem Vorrang fürs Klima: Manchmal muss es eben schweres Gerät sein und rein elektrischer Ersatz ist nicht in Sicht. Ob Landschaftsgärtner, Bootsbauer, Reiterin oder Campingfreund – wer ordentlich zu ziehen hat, würde König Kugelkopf vermissen.
Rettung indes scheint möglich. Ein größerer Akku wird dem souverän agierenden Zweieinhalbtonner zwar sicher nicht mehr vergönnt sein – unter 50 Gramm CO2 indes wollen sie ihn dann doch noch irgendwie bringen. So viel Modellpflege sollte ein Flaggschiff auch verdient haben.