Autos sollen mit dem Umstieg auf Elektrofahrzeuge einem Medienbericht zufolge deutlich teurer werden, günstige Kleinwagen zunehmend aus dem Programm der Hersteller verschwinden. „Wir haben das klare Ziel, die Elektromobilität auch für breite Bevölkerungsschichten zugänglich, das heißt erschwinglich zu machen“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende von Volkswagen, Hans Dieter Pötsch, in einem Interview mit der Welt am Sonntag. „Das Thema Einstiegsfahrzeuge“ werde in diesem Zusammenhang aber „ohne Zweifel schwierig“. Deren heutiges Preisniveau sei nicht zu halten, wenn auch diese Autos mit Elektromotoren ausgestattet werden sollen. Daher werde es vor allem im Kleinwagensegment zu erheblichen Preiserhöhungen kommen müssen, so Pötsch.
Die Frage, ob sich Menschen mit niedrigem Einkommen künftig noch einen eigenen Pkw leisten können, dürfte somit „ein Thema werden“, so Pötsch, der meint, dass bei der Festlegung neuer CO2-Grenzwerte seitens der EU wohl nicht „alle gesellschaftlich relevanten Aspekte ausreichend berücksichtigt worden“ seien. Die EU-Kommission habe zwar auf diese Entwicklung frühzeitig hingewiesen. „Leider haben EU-Parlament und EU-Rat diese soziale Frage der individuellen Mobilität nicht mehr aufgegriffen.“
Der erste als Elektroauto entwickelte Pkw von Volkswagen, der I.D., soll ab einem Preis von rund 30.000 Euro zu haben sein. Das entspreche einem vergleichbar ausgestatteten VW Golf. Elektroautos seien „cool, weil sie leise sind und schnell beschleunigen, also Fahrspaß bieten“, sagt Pötsch. Angesichts einer realistischen Reichweite von 300 bis 400 Kilometern und einer „alles andere als zufriedenstellenden“ Ladeinfrastruktur müssten Elektroautofahrer „Kompromisse machen“, meint der VW-Aufsichtsratsvorsitzende. Dennoch sein man bei Volkswagen „fest davon überzeugt“, dass sich Elektroautos durchsetzen, „sonst würden wir in den kommenden Jahren wohl kaum rund 30 Milliarden Euro in die E-Mobilität investieren“.
Volkswagen habe allerdings auch „keine Alternative“ zum Bau von Elektroautos. Die gerade von der EU beschlossene weitere Absenkung des CO2-Ausstoßes um 37,5 Prozent bis 2030 bedeutet, dass Pkw dann im Schnitt nur noch 60 Gramm Kohlenstoffdioxid pro Kilometer ausstoßen dürfen. „Das ist auch mit den allerbesten Verbrennungsmotoren nicht möglich. Wir brauchen also Elektroautos“, sagte der Aufsichtsratschef. „In unserem Fall bedeuten die Vorgaben aus Brüssel einen Anteil von etwa 40 Prozent E-Fahrzeuge ab 2030“. Das sei als Ziel auch zu erreichen – „wenn die Kunden mitmachen“.
„In unserer Gesellschaft besteht ein breiter Konsens darüber, dass wir alle zum Klimaschutz beitragen müssen. Und vielen Menschen ist klar, dass die individuelle Mobilität ein Feld ist, auf dem ein solcher Beitrag möglich ist. Hierfür bieten Elektroautos große Chancen – unter der Voraussetzung, dass die Primärenergie CO2-frei erzeugt worden ist. Dieses Argument wird viele Kunden dazu bringen, sich für ein elektrisch angetriebenes Fahrzeug zu entscheiden.“ – Hans Dieter Pötsch, Aufsichtsratsvorsitzender von Volkswagen
Pötsch kündigte an, der VW-Konzern werde sich mit der Entwicklung von emissionsfreien, digital vernetzten und autonom fahrenden Autos grundlegend verändern und „auch zu einem Softwarekonzern“ werden. Die entscheidenden Fähigkeiten zur Entwicklung von Fahrzeug-Software müsse das Unternehmen in eigenen Händen halten. „Was die digitale Vernetzung von Autos angeht, sind wir weit vorangeschritten und kooperieren eng mit Microsoft“. Beim Thema autonomes Fahren werde man von Volkswagen „in den nächsten Monaten“ einiges hören, kündigte Pötsch an.
Außerdem wolle Volkswagen massiv in den Bau von Antriebsbatterien investieren. Am Batteriezell-Kompetenzzentrum in Salzgitter soll gemeinsam mit dem kalifornischen Unternehmen QuantumScape an der nächsten Generation von Batteriezellen geforscht werden, so Pötsch. „Gemeinsames Ziel ist es, eine Großserienproduktion von Feststoffbatterien zu ermöglichen.“
Quelle: Welt – VW-Aufsichtsratschef bereitet Kunden auf steigende Preise vor