Vor dem letzten Autogipfel forderte der Branchenverband VDA hohe Investitionen für Elektromobilität: „Etwa 10 bis 20 Milliarden Euro“ brauche die deutsche Autoindustrie vom Staat, um den Strukturwandel zur Elektromobilität zu schaffen, sagte Stefan Wolf, Vorstand im Verband der Automobilindustrie, in einem Radio-Interview mit dem Deutschlandfunk (DLF). Die Bundesregierung müsse „sich darüber im Klaren werden, ob sie zu diesem wichtigen Industriezweig steht und ob sie den weiter unterstützen möchte und ob sie weiterhin auch will, dass wir Nummer eins bleiben in der Automobilindustrie.“
Deutschland müsse nun möglichst schnell die automobilen Zukunftsthemen „ausbauen und diese technischen Lösungen, die wir haben, weiter voranbringen, denn unser Hauptgegner in diesem Punkt ist natürlich China.“ Das Land habe ebenfalls eine „sehr gute Automobil- und Zulieferindustrie“ und der chinesische Staat investiere „kräftig, um China zur Nummer eins zu machen in der Automobilindustrie. Dagegen müssen wir ankämpfen“, so Wolf.
Den Vorwurf, dass die deutsche Autoindustrie sehr lange abgewartet hat, bevor sie den Strukturwandel ernsthaft ins Auge gefasst hat, bestreitet Wolf. Aber „selbst wenn es so wäre, müssen wir nach vorne schauen, und wenn wir nach vorne schauen, bedeutet das, dass wir jetzt so schnell wie möglich neue technische Lösungen, die wir haben, weiterentwickeln müssen, dass sie auch serienreif werden.“ Das umfasse „natürlich auch ein ganzheitliches Konzept“, das nicht nur gute Elektrofahrzeuge umfasse, sondern auch die Ladeinfrastruktur und den Ausbau der erneuerbaren Energien. Das sei „der wichtigste Punkt auf der Agenda der Bundesregierung.“
Auch für den der Wasserstoffbereich fordert Wolf mehr Engagement: Brennstoffzellenfahrzeuge seien „sicherlich langfristig die besseren als batterieelektrische“, findet der VDA-Vorstand. „Da müssen wir noch was tun, auch für die Infrastruktur, dass wir Tankstellen entsprechend ausrüsten mit Zapfsäulen für Wasserstoff.“ Es gebe eine „Vielzahl von Themen, die angepackt werden müssen“, und zwar nicht nur von Industrie und Politik, sondern auch von den Bürgern: „Die Menschen in Deutschland müssen auch bereit sein, ihren Anteil zu bringen, um diesen wichtigen Wirtschaftszweig weiterhin als Nummer eins bei uns betreiben zu können.“
„Muten Sie Ihren Kunden nicht ziemlich viel zu, Herr Wolf?“
Diese Aufforderung will der DLF nicht so stehen lassen und es entspinnt sich ein hörens- bzw. lesenswertes Streitgespräch: „Die Menschen in Deutschland, die sehen, dass die deutsche Automobilindustrie nicht in der Lage ist, ausreichend und halbwegs bezahlbare E-Autos zu liefern. Die sehen, dass die Hersteller sich im Dieselskandal verstrickt haben und immer wieder neue Lügen offenbar werden“, entgegnet die Moderatorin Christine Heuer. „Und jetzt sagen Sie denen, aber jetzt müsst ihr euch bei uns am Strukturwandel finanziell beteiligen. Finden Sie nicht, sie muten Ihren Kunden ziemlich viel zu, Herr Wolf?“, fragt sie schlagfertig.
Wolf findet das nicht und sagt, es müsse sich jeder beteiligen, weil Deutschland sonst Arbeitsplätze verliere und weitere Schwierigkeiten bekomme in diesem für die Volkswirtschaft so wichtigen Bereich. „Und ich glaube, da gehört es jetzt dazu, zusammenzustehen und einfach mal zu sagen, wir schauen nach vorne und wir als Deutschland wollen Nummer eins bleiben im Bereich Automobil.“
Heuer entgegnet erneut beeindruckend schlagfertig und sagt, dass viele Kunden den Eindruck haben, „sie müssen immer zur Autoindustrie stehen und umgekehrt steht die Autoindustrie nicht so richtig zu ihnen und betrügt sie auch mitunter ziemlich schamlos.“ Wolf gesteht Fehler ein und verweist einmal mehr in die Zukunft. Es bringe „nichts, immer in die Vergangenheit zu schauen“. Wichtig sei, „den Automobilstandort Deutschland als Nummer eins“ zu erhalten und „in großen Stückzahlen Elektrofahrzeuge anbieten zu können zu vernünftigen Preisen.“
Quelle: DLF — Vor dem Autogipfel VDA fordert Milliarden Investitionen für Elektromobilität