Im Jahr 2024 sind in Deutschland 2780 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr ums Leben gekommen, im Schnitt also knapp acht pro Tag. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen weiter mitteilt, waren das 2 Prozent oder 59 Todesopfer weniger als im Jahr 2023 (2839 Todesopfer). Es ist demnach der drittniedrigste Wert seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1953. Nur in den von der Corona-Pandemie geprägten Jahren 2020 und 2021 starben mit 2719 beziehungsweise 2562 Personen weniger Menschen im Straßenverkehr.
Auch die Zahl der Verletzten sank 2024 gegenüber dem Vorjahr leicht, und zwar um 1 Prozent auf rund 363.000 Personen. Die Zahl der Schwerverletzten sank sogar um 5 Prozent auf 50.300. Dies ist der niedrigste Wert seit 1991, dem ersten Jahr, in dem die Verletzten getrennt in schwer- und leichtverletzt ausgewiesen wurden.
Insgesamt registrierte die Polizei im Jahr 2024 gut 2,5 Millionen Unfälle und damit 1 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Bei 2,2 Millionen Unfällen blieb es bei Sachschäden, was in etwa der Zahl aus dem Vorjahr entspricht. Die Zahl der Unfälle, bei denen Menschen verletzt oder getötet wurden, sank um 1 Prozent auf gut 289.000.
Gemessen an der Einwohnerzahl gab es die meisten Todesopfer im Straßenverkehr in Mecklenburg-Vorpommern mit 59 und in Sachsen-Anhalt mit 52 Getöteten je 1 Million Einwohnerinnen und Einwohner. Weit unter dem Bundeswert von 33 Getöteten je 1 Million Einwohnerinnen und Einwohner liegen aufgrund ihrer Siedlungsstruktur die Stadtstaaten (Berlin: 15, Bremen: 17, Hamburg: 21) sowie das Saarland (24) und Nordrhein-Westfalen (26).
Weniger getötete Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Pkw-Insassen
Detaillierte Ergebnisse legte das Statistische Bundesamt für den Zeitraum Januar bis November 2024 vor. Diese zeigen, dass es bei fast allen Verkehrsbeteiligungsarten weniger Getötete im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gab.
Der stärkste Rückgang in den ersten elf Monaten des Jahres 2024 mit jeweils 21 Getöteten weniger wurde bei den Fußgängerinnen und Fußgängern (-5,7 Prozent) sowie den Insassen von Personenkraftwagen (-2,0 Prozent) ermittelt. Den zweitstärksten Rückgang verzeichnete die Zahl der getöteten Nutzerinnen und Nutzer von Krafträdern mit Versicherungskennzeichen (-13 Getötete bzw. -25,0 Prozent), gefolgt von den Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrern mit -10 Getöteten (-2,3 Prozent).
Dagegen kamen von Januar bis November 2024 mehr Menschen ums Leben, die mit einem amtlich zugelassenen Kraftrad unterwegs waren, also unter anderem mit Leichtkrafträdern, Motorrollern und Motorrädern (+ 9 Getötete bzw. +1,8 Prozent). Auch die Zahl der tödlich verunglückten Menschen, die ein Elektrokleinstfahrzeug (E-Scooter) nutzten, stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (+2 Getötete bzw. +9,5 Prozent).
„Immer noch eine besorgniserregend hohe Zahl“
„Die Entwicklung geht in die richtige Richtung“, kommentiert der Automobilverband ACE in seiner Mitteilung zu der Statistik, dennoch seien 2780 bei Unfällen im Straßenverkehr getötete Menschen „immer noch eine besorgniserregend hohe Zahl“. Jede verletzte oder tödlich verunglückte Person sei eine zu viel, daher fordert der ACE, dass die Vision Zero – das Ziel von null Getöteten und Schwerverletzten im Straßenverkehr – als Leitbild für das gesamte Verkehrsrecht im Straßenverkehrsgesetz verankert werden müsse.
Der ACE-Vorsitzende Stefan Heimlich appelliert: „Der Rückgang bei den Verkehrsunfällen ist natürlich positiv. Die Zahlen liefern jedoch keinen Grund, sich auszuruhen. Die Unfallzahlen sind weiterhin sehr hoch. Wir müssen noch viel mehr tun für die Verkehrssicherheit. Da ist die neue Bundesregierung gefragt. Die Verkehrssicherheit darf nicht vernachlässigt werden.“
Die letzten beiden Bundesregierungen seien mit der Zielsetzung, die Anzahl der Verkehrstoten bis 2030 nur um 40 Prozent zu senken, unter den europäischen Zielmarken von minus 50 Prozent geblieben. Dies kritisiert der ACE. Das Verkehrssicherheitsprogramm der Bundesregierung von 2021 müsse nach dem gefährdungsorientierten Ansatz grundlegend überarbeitet und der Fokus auf den Schutz von Zufußgehenden und Radfahrenden gesetzt werden. Die Kernforderungen des ACE: „Wer die Vision Zero ernst nimmt, muss in Präventionsmaßnahmen und Aufklärungskampagnen investieren und Kontrollen sowie Sanktionen bei Fehlverhalten im Straßenverkehr verstärken.“
„Dass die nationale Fußverkehrsstrategie umgesetzt worden ist, ist begrüßenswert“, ergänzt Heimlich. „Damit die Maßnahmen effektiv realisiert werden können, müssen nun allerdings ausreichend finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.“
Der Mythos vom „Killer-SUV“
Blickt man etwas tiefer in die Statistik, so lassen sich daraus einige interessante Erkenntnisse ziehen. Zum Beispiel dass SUV, aufgrund ihrer Größe gerne mit despektierlichen Begriffen in Zusammenhang gebracht, gar nicht so gefährlich sind, wie von vielen angenommen. Denn laut Statistik (Zahlen von 2023, da für 2024 nur vorläufige Zahlen vorliegen) werden Fahrer von Kompaktwagen als Hauptverursacher für 328 Tote aufgeführt, gefolgt von Kleinwagen (264) und Mittelklasse (198). SUV kommen mit 121 Toten erst an vierter Stelle und sind insgesamt in weniger als 10 Prozent der Pkw-Unfälle Hauptversursacher für einen Verkehrstoten.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kam Ende des vergangenen Jahres die auf Unfallforschung spezialisierte Björn Steiger Stiftung: Demnach haben SUV im Vergleich zum Fahrzeugbestand 3,4 Prozent weniger tödliche Unfälle verursacht, als es ihrem Bestand von 12,2 Prozent aller Fahrzeuge auf deutschen Straßen entspricht. Am schlechtesten schneiden in dieser Betrachtung Mittelklassefahrzeuge ab, die gut 2,9 Prozent mehr tödliche Unfälle verursacht haben, als es ihrem Bestand entspricht. In absoluten Zahlen waren dies 113 tödliche Unfälle im Vergleich zu insgesamt 1282 tödlichen Unfällen, zu denen das Fahrzeugsegment bekannt war. Bei allen Unfällen mit Personenschaden sind die Werte ähnlich: Hier liegen SUVs rund 2,6 Prozent unter dem nach ihrem Bestand erwartbaren Wert.
Siegfried Brockmann, Unfallforscher der Björn Steiger Stiftung, zeigte sich nicht überrascht: „Grundsätzlich beeinflussen viele Parameter die reale Verletzungsgefahr. Eine hohe Front ist nicht unbedingt gefährlicher als eine kurze Front bei einem Kleinwagen.“ Von großer Bedeutung für die Verletzungsschwere sei die Wahrscheinlichkeit des Kopfaufpralls am Scheibenrahmen, da dies das härteste Teil am Fahrzeug sei. Gar nicht vorherzusehen sei der sogenannte Sekundäraufprall, also die Kollision mit einem Hindernis oder der Fahrbahnoberfläche. Brockmann verwies dazu auf die Formel der kinetischen Energie. Neben der Masse gehe hier die Geschwindigkeit zum Quadrat ein. „Ein zu schneller Kleinwagen kann in der gleichen Konstellation erheblich gefährlicher sein als ein korrekt fahrendes SUV“, so Brockmann.
SUV bei Platzverbrauch und Klimaschutz fragwürdig, bei Sicherheit nicht
Deshalb sei die Benutzerzusammensetzung der Fahrzeuge wichtig. Auch hier liefere die Statistikauswertung Hinweise: Während SUV insgesamt am seltensten von allen Pkw-Kategorien den Unfall selbst verursacht haben, an dem sie beteiligt waren, schnellt der Wert bei über 65-Jährigen auf den zweithöchsten Wert deutlich in die Höhe. Auch bei den Delikten zeige sich, dass eher defensive Fahrer SUV benutzen: Abstandsverstöße als Unfallursache sind deutlich seltener als bei allen Kategorien zusammen. „Offenbar kompensieren die bisherigen Nutzer das durch die Masse grundsätzlich höhere Risiko der SUV“, so Brockmann. Mit zunehmender Beliebtheit müsse das aber kritisch beobachtet werden.
Der Unfallforscher bezog sich auch auf die Limitierungen der Auswertung: Besser wäre eine Betrachtung auf Basis der Fahrleistung, diese sei aber aktuell nicht verfügbar. Allerdings sei es auch nicht wahrscheinlich, dass Fahrzeuge ab der Mittelklasse wesentlich andere Kilometerleistungen als SUVs haben sollten. Beeinflusst werde der Befund auch dadurch, dass die Verletzungsschwere im SUV geringer sein könnte. Wenn sie außerhalb des SUV aber, wie vielfach unterstellt, deutlich höher wäre, würde dieser Effekt mindestens kompensiert. „Unter dem Strich mag es Platzverbrauchs- und Klimaschutzgründe geben, dem SUV kritisch gegenüberzustehen, aber aus Sicherheitsgesichtspunkten liefern zumindest die verfügbaren Daten keinen besonders kritischen Punkt“, betonte Brockmann
Quelle: Statistisches Bundesamt – Pressemitteilung vom 28.02.2025 / ACE – Pressemitteilung vom 28.02.2025 / Björn Steiger Stiftung – Pressemitteilung vom 04.12.2024