Ist der Akku halb voll oder halb leer? Im Sinne dieser Redewendung hat die Management- und Technologieberatung BearingPoint Automobil-Interessierte erneut zu ihren individuellen Kaufabsichten, Markenpräferenzen und den Gründen für oder gegen einen Umstieg auf Elektroautos befragt. Die Trendbarometer-Ergebnisse geben einen Ausblick darauf, was 2025 auf dem Markt für Elektromobilität möglich sein könnte.
Die bereits zum achten Mal durchgeführte repräsentative Umfrage mit mehr als 2000 Befragten bestätigt, was die Verkaufszahlen des Vorjahres, Medienberichte und politische Debatten der vergangenen Monate bereits haben vermuten lassen: Der Markt für Elektroautos in Deutschland wartet weiterhin auf den Durchbruch, aktuell ist die Abkehr von Fahrzeugen mit Verbrennermotor noch nicht zu beobachten. Die Zahlen zeigen zwar, dass der Zuspruch weitgehend stabil bleibt. Eine signifikant wachsende Motivation, in Zukunft hinter dem Steuer eines E-Autos Platz zu nehmen, lassen die Befragten aber nicht erkennen.
Zu Beginn des Jahres 2025 geben von den potenziellen Automobilkäufer:innen bundesweit knapp 30 Prozent an, dass ein Elektroauto für sie grundsätzlich infrage kommen würde. Allerdings lag der Anteil an E-Auto-Neuzulassungen im Vorjahr bei nur 14 Prozent, im Januar dieses Jahres bei 17 Prozent. Die Diskrepanz zwischen Kaufabsicht und Zulassungszahlen böte für Automobilhersteller die Chance, das prinzipielle Interesse an E-Autos in tatsächliche Käufe umzuwandeln, wie die BearingPoint-Expertinnen und Experten anlässlich der Veröffentlichung des neuen Trendbarometers analysieren. Eine bevorstehende Veränderung auf der Angebotsseite unter anderem aufgrund der strengeren CO2-Grenzwerte für Autohersteller lässt für die kommenden Monate einen deutlichen Anstieg möglich erscheinen.
Manuel Schuler, globaler Leiter Automotive und Industrial Manufacturing bei BearingPoint, kommentiert: „Im Jahr 2025 werden vermehrt Elektroautos für deutlich preissensiblere Käuferschichten auf den Markt kommen. Zudem werden viele Hersteller – insbesondere in der zweiten Jahreshälfte – ihren Absatz vor dem Hintergrund der auf europäischer Ebene vorgegebenen niedrigeren CO2-Flottenziele im größeren Maßstab ankurbeln müssen.“
Das Jahr 2024 sei in Folge des kurzfristigen Wegfalls von staatlichen Förderinstrumenten von einem Einbruch des Marktes für Elektroautos geprägt gewesen. „Aufgrund der beiden beschriebenen Entwicklungen rechnen wir für das laufende Jahr wieder mit einer Rückkehr zum Wachstum des Marktanteils an E-Autos“, so Schuler.
Markenpräferenzen vor dem Hintergrund veränderter Produktportfolios
Ein besonderes Interesse verdient der Blick auf die unterschiedlichen Marken und ihre Modelle mit E-Antrieb. Diese Detail-Analyse macht den Einfluss des veränderten Produktportfolios einzelner Hersteller im Vergleich zum Vorjahr deutlich.
„Man sieht eindeutig, wie das Produktportfolio über die verschiedenen Marken hinweg wächst und Marktanteile sich dementsprechend verschieben. Insbesondere für diejenigen, die früh absatzstarke Fahrzeuge auf dem Markt hatten, bedeutet das nun einen wesentlich größeren Kampf um Marktanteile“, sagt Schuler. Renault sei hierfür ein gutes Beispiel: „Die Zeiten, in denen der Kleinwagen Zoe ein Alleinstellungsmerkmal auf dem Markt hatte, sind längst vorbei.“ Für Hyundai und Kia scheint demnach ähnliches zu gelten. „Auch sie hatten mit dem Ioniq 5 und dem EV6 frühzeitig Mittelklasse-Fahrzeuge mit ordentlicher Reichweite im Portfolio. Hier finden Käuferinnen und Käufer wesentlich mehr Auswahl als noch vor zwei Jahren“, kommentiert Schuler.
Die wachsende Konkurrenz spürt auch der einstige Branchenprimus Tesla, der im vergangenen Jahr erstmals in seiner Historie sinkende Verkaufszahlen nach zuvor beeindruckenden Wachstumskurven hinnehmen musste. Aktuell startet Tesla mit der Produktion des Facelifts seines Bestsellers Model Y. Die auch in Deutschland produzierenden US-Amerikaner haben auch 2025 mit einem rapiden Absinken in der Käufergunst zu kämpfen. Die aktuellen Zulassungszahlen untermauern die Lage von Tesla auf dem deutschen Markt: Im Januar betrug der Tesla-Anteil an den E-Auto-Gesamtzulassungen nur noch 4 Prozent. Im gleichen Monat des Vorjahres waren es 14 Prozent.
Daneben bleiben chinesische Hersteller klar im Aufwärtstrend. Die Befragten des aktuellen Trendbarometers aufsummiert, könnte sich inzwischen mehr als jeder Vierte vorstellen, ein E-Auto von einem chinesischen Hersteller zu kaufen. Im Vergleich zum Vorjahres-Trendbarometer kommt dieser Wert einer Verdoppelung gleich.
„Viele Vorreiter der Elektromobilität müssen um die Gunst ihrer Kunden kämpfen“
Die generellen Motive bei der Entscheidung für oder gegen einen Fahrzeugkauf bleiben auch in der neuen Ausgabe des Trendbarometers weitgehend unverändert. Nachhaltigkeitserwägungen und die Preisgestaltung sind in ihrer jeweiligen positiven wie negativen Ausprägung entscheidungsformende Faktoren. Der Faktor Preis prägt die Entscheidung sogar noch stärker als je zuvor. Aus Sicht der BearingPoint-Fachleute bleibt es interessant zu beobachten, ob sich die bislang bestehende Pro- und Contra-Gewichtung bei den entscheidungsformenden Faktoren mit den angekündigten günstigen Modellen auf dem deutschen Markt merklich verändern wird.
Manuel Schuler stellt zu den Ergebnissen der Umfrage fest: „In unserem Trendbarometer sehen wir bei der Befragung möglicher Käuferinnen und Käufer klare Veränderungen in den Markenpräferenzen, die von den Zulassungszahlen der Vergangenheit stark abweichen.“ Hier werde es spannend, ob sich diese Tendenzen auch in der Realität wiederfinden werden. „Falls ja, werden wir definitiv bald mehr chinesische Marken auf Deutschlands Straßen sehen – und viele Vorreiter der Elektromobilität müssen mehr denn je um die Gunst ihrer Kundinnen und Kunden kämpfen.“
E-Mobilität noch immer ein sehr emotionales Thema
Unverändert im Vergleich zum Vorjahr sind auch die hartnäckig sich haltenden Bedenken und Vorurteile in Teilen der Bevölkerung rund um das Thema Elektromobilität. Diese reichen von angeblicher Brandgefahr bei den Akkus in den Fahrzeugen über Umweltgefahren, die vorgeblich von Elektroautos ausgehen sollen, bis zu vermuteter Kinderarbeit in der Rohstoffgewinnung.
Ein signifikanter Anteil derjenigen, die die Anschaffung eines E-Autos ablehnen und „Sonstiges“ als Grund angeben, verhalte sich emotional. Da das Thema „Individuelle Mobilität“ ein mit grundsätzlichen Emotionen behaftetes Thema war und ist, überrasche dies aus Sicht der BearingPoint-Expertinnen und Experten allerdings nicht.
E-Mobilität und die Bedeutung des Alters
Die Analyse der vorliegenden Umfragedaten zeigt nicht zuletzt eine signifikante Korrelation des Zuspruchs zum Thema Elektromobilität mit dem Alter der Befragten. Bei Befragten zwischen 25 und 44 Jahren ist die Quote derer, die davon ausgeht, dass ihr nächstes Auto ein E-Auto sein wird, annähernd doppelt so hoch wie bei den älteren Befragten.
„Eine tiefergehende Analyse der dahinterliegenden Gründe lässt sicherlich viele unterschiedliche Blickwinkel zu. Was sich jedoch aus der Umfrage eindeutig sagen lässt, ist, dass das Erleben des elektrischen Fahrens einen Unterschied macht. Entsprechend sagen von den Befragten, die bereits E-Auto gefahren sind, 43 Prozent ‘Ja’ zum E-Auto, während es bei den übrigen Befragten nur 13 Prozent sind. Zumindest mit Blick auf die jüngeren Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer spricht einiges dafür, dass die E-Auto-Erfahrung noch fehlt“, resümiert Manuel Schuler.
Quelle: BearingPoint – Pressemitteilung vom 26.02.2025