Ein Kommentar von Daniel Krenzer
Ab dem 1. Januar greift der neue Paragraf 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Was von vielen Medien als „Strom-Rationierung“ panikstiftend als Horrorszenario ausgeschrien wurde – teils aus Unwissenheit, teils leider wohl auch aus innovationsfeindlicher Absicht –, ist in Wahrheit eine sehr gute Nachricht für die Mobilitätswende. Doch dafür muss man ein wenig tiefer eintauchen, als dies so manche Berichterstattung zuletzt ermöglicht hat. Teilweise führte das dem Vernehmen nach zu absurden Aktionen, dass Menschen aus Angst vor Stromausfällen vermehrt Kerzen und batteriebetriebene Lampen kauften. Was das neue Gesetz tatsächlich bedeutet, hatte ich an dieser Stelle bereits sachlich ausformuliert.
Wer in den vergangenen Tagen allerdings Schlagzeilen zum Thema gelesen hat, der konnte es mit der Angst zu tun bekommen. „Regierung will unseren Strom rationieren“ und „Autos sollen langsamer laden, wenn Industrie Strom braucht“ titelte beispielsweise die Bild. Das ist nicht nur eine einseitige Beleuchtung des Themas, sondern schlichtweg falsch.
Denn es geht dabei überhaupt nicht um das von boulevardesken Medien und rechten politischen Kreisen gerne heraufbeschworene Szenario von drohenden großflächigen Blackouts aufgrund des größer werdenden Anteils erneuerbarer Energien im Stromnetz. Es geht stattdessen – wie zum Beispiel bei den Themen Deutsche Bahn, schnelles Internet und marode Autobahnbrücken – wieder einmal um die nicht mehr zeitgemäße Infrastruktur in Deutschland.
Vergleichbar mit Ausbau des Internets
Natürlich muss der Ausbau der Erneuerbaren massiv vorangetrieben werden, damit auch in Zukunft immer genug Strom zur Verfügung steht – das ist aber eine völlig andere Baustelle. Denn der Strom für Wallboxen, Wärmepumpen und stationäre Stromspeicher (und nur für die!) soll nur deshalb gedrosselt werden können, weil in Deutschland vielerorts das Niederspannungsnetz – also der letzte Teil der Stromversorgung vor dem Hausanschluss – häufig noch nicht für sehr große Strommengen ausgelegt ist.
Wer in den vergangenen Jahren erlebt hat, dass sein Internet vor allem am frühen Abend plötzlich Aussetzer hatte, der weiß was es bedeutet, wenn zu viele Nutzer neuer Technik diese gleichzeitig verwenden wollen, obwohl die Infrastruktur nicht für eine solche – einige Jahre zuvor noch undenkbare – Nachfrage ausgelegt ist.
Doch so wie der Datendurchlass für das Internet in den vergangenen Jahren stetig ausgebaut wurde und weiter ausgebaut wird, so wird dies in Zukunft auch mit dem Stromnetz passieren. Bislang hatten die Netzbetreiber dazu keinen allzu konkreten Anlass, zumal sie die Möglichkeit hatten, die Installation von Gerätschaften mit sehr hohem Strombedarf wie Wallboxen mit mehr als 11 kW Ladeleistung schlichtweg zu untersagen.
Das wird ab 2024 besser: Zwar dürfen die Netzbetreiber im Notfall punktuell die Stromlieferung an Wallbox und Wärmepumpe auf bis zu 4,2 kW Leistung herunterfahren. Allerdings sind sie dann dazu verpflichtet, diese Drosselung öffentlich zu machen und in den Ausbau des betroffenen Teils des Stromnetzes zu investieren. Das ist doch großartig!
Was im ersten Moment nach einem Einschnitt für den Kunden klingt, ist also letztendlich ein Beschleuniger für die dringend notwendige Verbesserung der Netze. So wird für viele die Türe weit aufgestoßen, um von diesen neuen Technologien ebenfalls profitieren zu können – und es wird zunehmend egal, was der Netzbetreiber dazu sagt. Und bis hierhin waren die Vorteile, die die Steuerbarkeit durch den Netzbetreiber durch bidirektionales Laden für die Netzstabilisierung mit sich bringt, nicht einmal erwähnt.
Lassen Sie sich nicht für dumm verkaufen! Und erwerben Sie nicht mehr Kerzen, als sie in der Adventszeit für eine besinnliche Atmosphäre benötigen – vielleicht ja in der bereits mittels Wärmepumpe auf gemütliche Temperaturen geheizten Wohnung, während ihr Elektroauto in der Garage mehr als ausreichend schnell lädt.