Der CEO des 14 Automarken umfassenden Stellantis-Konzerns, Carlos Tavares, ist der Meinung, dass die Autohersteller neue Wege finden müssen, um die bis zu 50 Prozent der Mehrkosten für den Bau von Elektroautos auszugleichen. Der vollelektrische Opel Mokka-e etwa startet bei rund 37.000 Euro ohne Förderung, gut 14.000 Euro mehr als das Einstiegsmodell mit Benzinmotor. Die Kostenfrage der E-Mobilität sei „der Gorilla im Raum“, der die Gewinne mindestens für die kommenden fünf Jahre belasten dürfte, sagte er Automotive News Europe zufolge.
„Wir können davon ausgehen, dass die Elektrifizierung gegenüber einem konventionellen Fahrzeug zusätzliche Gesamtproduktionskosten von etwa 40 bis 50 Prozent bedeutet“, sagte Tavares bei einer Veranstaltung mit Investoren. „Wir können aber auf keinen Fall 40 bis 50 Prozent der zusätzlichen Gesamtproduktionskosten an den Kunden weitergeben“, fügte er hinzu.
Außerdem sagte er, Stellantis könne die Preise nicht auf dem aktuellen Niveau halten, „weil wir rote Zahlen schreiben und das Unternehmen umstrukturieren müssten“. Der einzige Weg, um voranzukommen, bestehe darin, diese gut 50 Prozent an zusätzlichen Kosten auszugleichen. Stellantis müsse, um seine derzeitigen zweistelligen Margen aufrechterhalten zu können, in den nächsten fünf Jahren Produktivitätssteigerungen von 10 Prozent pro Jahr erreichen. Und das laut Tavares „in einer Branche, die es gewohnt ist, zwischen 2 und 3 Prozent pro Jahr zu liefern“.
Eine Möglichkeit, die Steigerung zu erreichen, sei die Überarbeitung des Vertriebsmodells. Ein Prozess, mit dem Stellantis bereits begonnen habe. In Europa will Stellantis ein sogenanntes Einzelhändlermodell umsetzen. Das würde dem Konzern mehr Kontrolle darüber geben, wie seine Fahrzeuge verkauft werden, und die Marge senken, die er den Händlern zahlt – im Tausch für die Übernahme einiger neuer Kosten.
Der Endkunde würde immer noch den Händler bezahlen, aber Stellantis würde alle Vertriebskosten übernehmen, einschließlich Inventar und Incentives. Stellantis glaubt, dass die Änderung die Gesamtkosten senken, Margen sichern, die Preisgestaltung transparenter machen und die Kundenzufriedenheit verbessern kann. Die erste Runde dieser neuen Verträge soll bis Mitte 2023 abgeschlossen sein.
Hersteller und Zulieferer erwartet eine „darwinistische Übergangszeit“
Ein weiterer Bereich, in dem Stellantis auf Kostensenkungen drängt, ist die Lieferantenbasis. Zulieferer in Nordamerika haben einem Medienbericht zufolge Bedenken hinsichtlich der ihrer Meinung nach ungünstigen neuen Bedingungen geäußert, etwa die Forderung, eigene Kosteneinsparungen an Stellantis weiterzugeben. Tavares kommentierte den Bericht zwar nicht direkt, sagte aber, dass die Lieferanten einen Teil der Kosten für Elektroautos tragen müssten.
Stellantis trage schließlich auch seinen Teil dazu bei, Preiserhöhungen für die Verbraucher zu vermeiden – und nehme damit potenzielle Umsatzeinbußen in Kauf –, indem es seine Gewinnschwelle sehr niedrig halte, sagte er. „Wir brauchen unsere Lieferanten, um einen Beitrag leisten zu können“, sagte Tavares. Er verwies in dem Zusammenhang darauf, dass 85 Prozent des Wertes eines Autos, wenn es die Fabrik verlässt, in den externen Komponenten steckt.
Es sei also „keine Überraschung, dass Lieferanten einen erheblichen Beitrag leisten müssen“, wenn 50 Prozent der zusätzlichen Kosten durch die Elektrifizierung ausgeglichen werden müssen. Einige tun dies bereits, sagte Tavares und merkte an, dass die kommenden Jahre sowohl für Zulieferer als auch für die Autohersteller selbst eine „darwinistische Übergangszeit“ sein werden.
Quelle: Automotive News Europe – Stellantis CEO Carlos Tavares calls EV costs ‚the gorilla in the room‘
50 Prozent Mehrkosten? Wenn da mal nicht an einer Legende gestrickt wird. Klar, Batteriezellen sind (aktuell) teuer. Dank Weiterentwicklung und Skaleneffekten lässt sich aber sicher noch einiges machen..? Entwicklungskosten…fallen so oder so an und werden an anderer Stelle (Verbrennungsmotoren, Abgasreinigung!) ja eingespart. Momentan läuft’s doch prima. Wegen Corona gabs Kurzarbeitergeld. Wegen der Chipkrise gibts auf einmal Lieferzeiten und es werden keinerlei Rabatte gewährt. Förderprämien tun ihr übriges.
Die aktuellen Rekordgewinne sind aber natürlich kein gottgegebener Dauerzustand und sollten für den schnellen und konsequenten Umstieg genutzt und nicht überwiegend an Aktionäre ausgeschüttet werden.
Was natürlich schnell die Kosten senken würde: Weniger Elektronik verbauen. Gerade in der Einstiegsklasse brauche ich doch nicht unbedingt eine Einparkautomatik, Sprachsteuerung und schon gar kein autonomes Fahren auf Level sonstwas. Mir graut schon davor, wenn ich mir in ein paar Jahren mein erstes (gebrauchtes) BEV kaufe. Und dann beim TÜV-Termin erfahre, dass irgendeines dieser elektronischen Helferlein defekt und leider relevant für die Verkehrssicherheit ist…
Gerade Stellantis sollte es doch schaffen, die automobile Zukunft auch bezahlbar zu gestalten.
Die Lieferanten sollen es ausbaden, etwas anderes fällt dem Chef von Stellantis nicht ein – jämmerlich.
Einfach….. der Klassiker! Wie schon jemand hier geschrieben hat, bis auf Batterie ist der Rest identisch. Digitalisierung wurde auch hier verschlafen. Hier versucht man nur, wieder mal ordentliche Steigerungen der fetten Boni‘s irgendwie auf den Weg zu bringen. Ich weiß, ist jetzt alles vereinfacht von mir geschrieben, aber prinzipiell läuft das genauso ab. Zulieferer schröpfen, das können die!