Es ist kein bisschen Zufall, dass ausgerechnet Porsche die Idee vorantreibt. Schließlich gibt es weltweit kaum eine Marke mit derart hohem Kult-Status. Entsprechend geehrt und geachtet wird alles im Zeichen des Rössle. Liebevoll gepflegt sowieso. Mehr als 70 Prozent aller jemals gebauten Porsche fahren heute noch. Viele davon in einem Zustand, der sich von dem am Tag der Auslieferung nicht nennenswert unterscheidet.
Genau jene Schätzchen sind es, die sich – Mobilitätswende hin oder her – eben gerade nicht per Akku betreiben lassen, sondern ausschließlich mit Sprit. Nur soll es eben nicht der althergebrachte sein, sondern ein zeitgemäßer. Einer aus Wasser, Luft und Licht. Diese Vision von „E-Fuel“ will man in Zuffenhausen erst auf den Weg bringen – und anschließend auf die Straße.
Die Idee klingt bestechend einfach: Mit Hilfe von Strom aus Wind- oder Sonnenenergie wird per Elektrolyse Wasserstoff erzeugt, der sich mit CO2 zu Methanol wandelt. Ein weiterer Synthese-Schritt genügt dann für E-Fuel, das in allen herkömmlichen Ottomotoren eingesetzt werden kann. Vorteil: Im Brennraum entsteht nur so viel CO2, wie der Luft vorher entzogen wurde. Die perfekte Klimaneutralität. Und: Anders als etwa bei Bio-Benzin aus Mais gibt es kein Teller-Tank-Dilemma.
„Wir wollen so lange wie möglich klassische Verbrenner“, sagt Porsche-Entwicklungs-Vorstand Michael Steiner unumwunden. Daher strebe das Unternehmen einen Dreiklang aus E-Autos, Hybrid-Antrieben – und eben auch Kolbenmotoren an. Das sei man schon der gewaltigen Bestandsflotte schuldig. Der Einsatz in betagten Hochleistungsaggregaten sei allerdings bei jedweder Art von modernem Kraftstoff Voraussetzung. Steiner: „Auch ein 550 Spyder muss mit E-Fuel fahren können.“
Zu tun gibt es da viel: Denn noch hat die Technologie mit hohen Umwandlungsverlusten zu kämpfen. Auch wenn E-Fuel umweltfreundlich erzeugt wird, landen gerade mal 13 Prozent der eingesetzten Energie am Ende im Auto. Das große Plus: Anders als bei reinem Wasserstoff können für Lagerung, Transport und Befüllung bestehende Infrastrukturen genutzt werden. Noch aber gibt es für die Herstellung erst ein paar wenige kleine Anlagen im Labor-Maßstab.
Porsche-Sprecher Sebastian Rudolph sieht darum das vorrangige Ziel in der „Förderung von Aufgeschlossenheit“. E-Fuel sei eine technologische Alternative, an der unbedingt gearbeitet werden müsse. „Jetzt und nicht erst, wenn gesetzliche Regelungen dazu zwingen.“ Deswegen sei das Unternehmen mit starken Partnern für größere Pilot-Anlagen im Gespräch. „Porsche hat nicht vor, das Projekt vom Windrad bis zur Tankstelle selbst zu betreiben.“
Auch Vorstand Steiner sieht bei E-Fuel gewaltiges Potenzial. Direktes Laden sei bei Strom in Sachen Effizienz zwar unschlagbar – aber bei Speicherung lohne sich die Umwandlung. Eine Massenproduktion sei sicher verhältnismäßig schnell möglich, hänge aber stark von den Rahmenbedingungen der Politik ab. „Wenn konventioneller Sprit durch vernünftige CO2-Bepreisung teurer wird, bestehen gute Chance, mit E-Fuel noch in diesem Jahrzehnt wettbewerbsfähig zu sein.“
Allerdings müsse man dabei global denken, sagt Steiner. Schon weil es in der Republik gar nicht genug Platz für die Gewinnung der regenerativen Energien gebe. Überdies seien die klimatischen Verhältnisse nicht übermäßig gut. In Südamerika gebe es Regionen mit viermal so viel Wind. „In weltweitem Maßstab herrscht an sauberer Energie kein Mangel“, sagt Steiner. „Aber Deutschland wird importieren müssen.“
Und warum nicht gleich purer Wasserstoff? Die Technologie findet Steiner prima – vor allem bei anderen. „Für Porsche“, sagt er klipp und klar, „ist die Brennstoffzelle nicht erste Wahl.“ Die Gründe sind nachvollziehbar: zu wenig Dynamik, zu viel Bauraum, zu aufwändige Kühlung. Alles nichts, was sich mit den Zuffenhäuser Vorstellungen von Sportlichkeit auch nur im Ansatz vereinbaren ließe.
Genau deshalb rechnet Porsche in Sachen E-Fuel auch mit einer Art Kollateralnutzen. Hoch emotionaler Motorsport mit Verbrennern sei damit auch in Zukunft möglich, glaubt Entwicklungs-Vorstand Steiner. Klimaneutral und damit ohne moralisch aufgeladene Debatten. Eine Botschaft, die sich keineswegs bloß an Porsche-Fans richtet – sondern an alle, die sich fragen, ob eine Welt ohne gelegentliches Röhren nicht auch eine mit sehr viel weniger Charme wäre?