In den nächsten Wochen gehen die ersten zehn Fahrzeuge in zwei Varianten des eActros von Mercedes-Benz zum Kundeneinsatz auf die Straße. Der Elektro-LKW von Mercedes wird hierbei mit 18 beziehungsweise 25 Tonnen Gesamtgewicht unter realen Bedingungen seine Alltagstauglichkeit und Wirtschaftlichkeit unter Beweis stellen müssen. Auf lange Sicht soll der eActros dazu beitragen, dass LKWs lokal emissionsfrei und leise Fahren und damit zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen. Bereits auf der Nutzfahrzeug IAA 2016 zeigte Mercedes-Benz das Konzeptfahrzeug eines schweren elektrischen Verteiler-Lkw für den urbanen Raum.
Die Rückmeldungen zum Konzept war durchweg positiv – von Öffentlichkeit, Politik und auch Kunden – was dazu führte, dass man sich in einem interdisziplinäres Team näher mit dem Elektro-LKW beschäftigte. Es entstand unter Nutzung Daimler-weiten Know-hows, ein Fahrzeug, das den Einsatz im Alltagsbetrieb meistern und in geringer Stückzahl bereits 2018 kurzfristig in Kundenhand übergeben werden kann. Dennoch ist klar, dass es noch zahlreiche technische und vor allem auch betriebswirtschaftliche Fragestellungen zu lösen gibt. Als Beispiel seien hier nur die Reichweite und Kosten der Batterien, aber auch die notwendige Infrastruktur für den Einsatz in den gewerblichen Flotten der Kunden genannt.
„Daimler Trucks steht für Innovationsführerschaft gepaart mit Realismus und Pragmatismus. Das gilt gerade auch für die Elektromobilität. Gemeinsam mit unseren Kunden wollen wir unseren Mercedes-Benz eActros nun zügig so weiterentwickeln, dass er dem harten Betriebsalltag entspricht – technisch und wirtschaftlich.
Deshalb bauen wir zunächst eine Innovationsflotte auf und begleiten die Erprobung im Logistikalltag unserer Kunden. Hieraus können wir dann ableiten, was in puncto Technik, Infrastruktur und Service noch zu tun ist, um unseren Mercedes-Benz eActros wettbewerbsfähig zu machen.“ – Martin Daum, im Vorstand der Daimler AG verantwortlich für Daimler Trucks and Buses
eActros von Mercedes-Benz wird unter realistischen Bedingungen getestet
Wie eingangs erwähnt geht der Mercedes-Benz eActros als Zwei- und Dreiachser in Kundenhand über, um diesen zunächst im innerstädtische Waren- und Lieferverkehr näher zu betrachten. Die dafür benötige Reichweite kann der eActros laut Stefan Buchner, Leiter Mercedes-Benz Lkw, gut abbilden. Gesichert wird die Stromversorgung des Elektro-LKW durch elf Batteriepakete. Im E-LKW selbst kommen, soweit es möglich war, serienreife bzw. seriennahe Teile, die sich bereits bewährt haben. Am Flottentest nehmen insgesamt zehn Kunden aus unterschiedlichen Branchen in Deutschland und der Schweiz teil. Diese Unternehmen sind:
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- Dachser
- Edeka
- Hermes
- Kraftverkehr Nagel
- Ludwig Meyer
- pfenning logistics
- TBS Rhein-Neckar
- Rigterink
- Camion Transport
- Migros
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Bei allen Kunden ist gleich, dass diese ihre Waren im Stadtverkehr verteilen – aber in völlig unterschiedlichen Branchen und Kategorien. So reicht die Vielfalt des Einsatzgebietes des eActros von Lebensmitteln bis zu Bau- und Werkstoffen. Die Fahrzeuge werden bei allen Kunden für Aufgaben eingesetzt, die sonst mit konventionellen Dieselantrieben erledigt werden. Die E-LKW von Mercedes-Benz sind an die Anforderungen des jeweiligen Kunden ausgerichtet und tragen daher verschiedene Aufbauten. So kommen diese je nach Bedarf mit Kühlkoffer, Trockenkoffer, Silo oder Plane daher. Die Fahrer der Nutzfahrzeuge mit E-Antrieb werden speziell auf diese geschult. Die Pilotkunden testen die Fahrzeuge im Realbetrieb für zwölf Monate, dann gehen die Lkw für noch einmal zwölf Monate an eine zweite Runde von Kunden.
eActros: Bis zu 200 km Reichweite mit gewohnter Fahrleistung und Nutzlast
Beim eActros wird der Rahmen des Actros als Basis genutzt. Darüber hinaus handelt es sich aber um eine vollständig auf Elektroantrieb ausgerichtete Architektur mit hohem Anteil spezifischer Teile. So basiert beispielsweise die Antriebsachse auf dem Typ ZF AVE 130, der sich als Niederflur-Portalachse in Hybrid- und Brennstoffzellen-Omnibussen von Mercedes-Benz bewährt hat und nun für den eActros wesentlich überarbeitet wird. Komplett neu konzipiert wurde der Achskörper. Dieser liegt deutlich höher, was die Bodenfreiheit auf mehr als 200 mm vergrößert.
Angetrieben wird der eActros über zwei Elektromotoren nahe den Radnaben der Hinterachse. Hierbei setzt Mercedes-Benz auf Dreiphasen-Asynchronmotoren, die flüssigkeitsgekühlt sind und mit einer Nennspannung von 400 Volt arbeiten. Ihre Leistung beläuft sich auf jeweils 125 kW, das maximale Drehmoment auf jeweils 485 Nm. Nach der Übersetzung werden daraus jeweils 11 000 Nm. Vereinfacht ausgedrückt ist die Fahrleistung damit der eines Diesel-Lkw ebenbürtig.
Die maximal zulässige Achslast liegt bei den üblichen 11,5 Tonnen. Angegeben wird die Reichweite des E-LKW mit bis zu 200 Kilometer, die hierfür notwendige Energie stammt aus elf Lithium-Ionen-Batterien mit einer Gesamtleistung von 240 kWh. Diese haben sich bereits im Einsatz bei EvoBus GmbH bewährt. Gerade diese Synergien im Konzern tragen dazu bei, dass Erfahrungen geteilt, Entwicklungszeiten verkürzt und Kosten gespart werden können.
Die Batterien verteilen sich über den eActros hinweg. So befinden sich drei im Bereich des Rahmens, die anderen acht unterhalb. Geschützt sind die Batteriepakete von Stahlgehäuse. Im Fall eines Aufpralls geben die Halterungen nach, verformen sich und leiten so die Energie an den Batterien vorbei ohne sie zu beschädigen. Zu erwähnen ist, dass die Hochvolt-Batterien nicht nur den Antrieb mit Energie speisen, sondern das komplette Fahrzeug. So werden beispielsweise Nebenaggregate wie der Druckluftkompressor der Bremsanlage, die Lenkhelfpumpe für die Servo-Unterstützung der Lenkung, der Kompressor der Fahrerhaus-Klimaanlage und gegebenenfalls der Kühlaufbau ebenfalls elektrisch betrieben.
Bei einer realistischen Stationsleistung von mobilen Ladegeräten im Fuhrpark von 20 bis 80 kW lassen sich die leeren Batterien innerhalb von drei bis elf Stunden vollständig aufladen. Hierzu setzt Mercedes-Benz auf den Ladestandard Combined Charging System CCS. Das LV-Bordnetz mit zwei herkömmlichen 12-Volt-Batterien wird mithilfe eines DC/DC-Wandlers aus den Hochvolt-Batterien geladen. So können bei Ausfall oder Abschalten des Hochvolt-Netzes alle relevanten Fahrzeugfunktionen wie Licht, Blinker, Brems- und Luftfedersysteme sowie die Fahrerhaussysteme aufrechterhalten werden. Das Hochvolt-Netz lässt sich nur starten, wenn die beiden LV(Niederspannungs)-Batterien geladen sind.
Fördergelder unterstützen nachhaltige Weiterentwicklung des Elektro-LKW
Die Entwicklung und Erprobung der schweren Elektro-Lkw im Verteilverkehr erfolgt über das Projekt „Concept ELV²“, das zu verschiedenen Teilen vom Bundesumweltministerium (BMUB) sowie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit insgesamt rund zehn Millionen Euro gefördert wird. Teil des Fördervorhabens ist die Untersuchung komplexer Herausforderungen bei Entwicklung, Aufbau und Betrieb von Elektro-Lkw. Dazu gehört der Einsatz hoher Spannungen (> 400 V), hoher Ströme (bis 1000 A), Batterietechnik (Preis, Gewicht, Haltbarkeit, Lebensdauer, Ladezeit), Reichweite und Energiebedarf, Ladeinfrastruktur und Logistikkonzepte, Sicherheitsanforderungen, Sommer- und Wintertauglichkeit sowie Fragen der Kundenakzeptanz der Trucks.
Die Ergebnisse und Erfahrungen aus dem Einsatz der Kundeninnovationsflotte die bis mindestens Mitte 2020 im Einsatz ist, sollen unter anderem den Energiebedarf nach Einsatzszenarien und die Wirtschaftlichkeit der Elektro-Lkw ermitteln. Desweiteren möchte man in einer Öko-Bilanzierung die Umweltperformance der Elektro-Lkw mit Diesel-Trucks über den gesamten Lebenszyklus vergleichen. Die während dieser Phase erlangten Forschungserkenntnisse fließen noch während der Tests in Optimierungen der Fahrzeuge ein, die Ergebnisse werden publiziert und eröffnen potenziellen Nutzern Möglichkeiten zur Optimierung ihrer Routenplanung oder zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle in der Logistik.
Quelle: Daimler AG – Pressemitteilung vom 21.02.2018
Dies ist sehr aufmunternd. Denn nicht zuletzt, glaube ich, dass dadurch die Luft in den Städten bald besser werden kann. Das gleiche gilt für Stadtbusse und Taxis – alle diese lassen ja ihren Motor oft im Leerlauf, wenn sie stehen oder warten. Also Gesundheitsgewinn zu erwarten.
Wenn es betriebswirtschaftlich vertretbar ist, könnte die Einführung ja vielleicht schneller vorangehen als bei Privatautos, weil die Aufladung in Depots über nacht geschehen könnte.