Mahle-CEO Franz: „E-Mobilität allein wird es nicht richten“

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Mahle

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

Mahle-Chef Arnd Franz sieht die Elektromobilität an einem entscheidenden Punkt. In einem Interview mit Edison spricht er offen über die Chancen, Risiken und Herausforderungen der Antriebswende – und kritisiert die politische Rahmensetzung als zu einseitig. Zwar bestätigt er die positive Marktdynamik bei batterieelektrischen Autos, wie sie auch der VDA prognostiziert, doch Franz dämpft die Euphorie: „Ich gehe davon aus, dass es weiterhin extrem anspruchsvoll bleibt, ausreichend viele batterieelektrische Fahrzeuge zu verkaufen, um die Vorgaben zu erfüllen.“

Laut Franz liegt das vor allem an einer anhaltenden Zurückhaltung auf Kundenseite. Die Gründe dafür seien vielfältig: „Die Verbraucher sind nach wie vor zurückhaltend, weil unter anderem die Ladeinfrastruktur die Bedarfe nicht erfüllt und die Kosten der E-Fahrzeuge zu hoch sind.“ Erfahrene E-Fahrer werden diese zwei Punkte allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit unter „Vorurteile“ einsortieren. Ein Markt, der ohne überzeugende Angebote für die Menschen funktioniert, sei schlicht unrealistisch, so Franz, deshalb fordert er: Wir brauchen eine technologieoffene, diskriminierungsfreie Politik bei den Antriebstechnologien im Mobilitätssektor.“

Seine Kritik richtet sich klar gegen die derzeitige Regulierung auf EU-Ebene. Diese zwinge Hersteller dazu, auf Elektroautos zu setzen – unabhängig davon, ob diese Lösung für alle Anwendungen praktikabel sei. Der Mahle-Chef plädiert für eine Öffnung hin zu Hybridlösungen mit nachhaltigen Verbrennungsmotoren: „Am Ende ist nichts gewonnen, wenn die Emissionsziele nicht erreicht werden, weil die Menschen keine batterieelektrischen Fahrzeuge kaufen.“

Range Extender und Biokraftstoffe: Mahles Gegenmodell zur reinen E-Zukunft

Franz sieht in Range-Extender-Konzepten, Plug-in-Hybriden und nachhaltigen Kraftstoffen einen wichtigen Baustein für die Dekarbonisierung. Gerade in China, dem aktuell wichtigsten Innovationsmarkt, verzeichneten Autos mit Range Extendern zuletzt die höchsten Zuwachsraten. Franz rechnet mittelfristig mit einer geteilten Welt: „Ich glaube an eine Fifty-Fifty-Welt – 50 Prozent rein batterieelektrische Fahrzeuge und 50 Prozent elektrifizierte Verbrenner, die mit nachhaltigen Kraftstoffen betrieben werden.“

Mahle investiere deshalb gezielt in Biokraftstoffe, etwa im unternehmenseigenen Biomobility Center in Brasilien. Langfristig sollen auch synthetische Kraftstoffe wie E-Diesel oder E-Benzin zur CO₂-Reduktion beitragen. Franz betont die physikalischen Vorteile: „Die Energiedichte der Flüssigkraftstoffe ist unschlagbar. […] Das bedeutet zehnmal weniger Platzbedarf und zehnmal weniger Gewicht im Auto.“ Selbst mit künftigen Feststoffbatterien bleibe der Abstand groß. Die Konsequenz für Mahle: „Ein Unternehmen in unserer Größenordnung nur auf batterieelektrische Antriebe auszurichten, wäre unternehmerisch ein inakzeptables Risiko.“

Ein weiteres zentrales Thema im Gespräch mit Edison ist das Laden der Elektroautos – und vor allem die hohen Kosten an den Ladesäulen. Franz sieht hier politischen Handlungsbedarf, unter anderem bei Roaming- und Blockiergebühren sowie der Preistransparenz. Doch auch technologisch will Mahle Lösungen bieten. Mit der ehemaligen Corporate-Tochter ChargeBig sei Mahle bereits erfolgreich: „Die kleinste Wallbox der Welt kommt von ChargeBig.“ Das intelligente Lastmanagementsystem sei bereits tausendfach im Einsatz.

Der Fokus liegt klar auf AC-Laden – auch in Bezug auf bidirektionale Anwendungen. „Bidirektionales Laden wird vor allem im AC-Ladebereich Wirkung entfalten“, erklärt Franz. Beim Schnellladen (DC) hingegen gehe es um kurze Ladezeiten, nicht um Netzstabilisierung. Eine V2G-fähige Wallbox sei in Arbeit, die Markteinführung könne 2026 oder 2027 erfolgen.

Deutschland versus China: Wer hat die Nase vorn beim Hochleistungsladen?

Franz relativiert die technologischen Ankündigungen chinesischer Hersteller wie BYD oder CATL – etwa Ladeleistungen von 1,3 Megawatt. Entscheidend sei nicht nur die Ladeleistung, sondern das gesamte System: „Der Wettlauf entscheidet sich mit dem Gesamtsystem aus Fahrzeug, Ladeinfrastruktur und Netzinfrastruktur.“ Hier sieht Franz China und Europa auf Augenhöhe, wenn auch mit unterschiedlichen Herausforderungen: In China liege die Aufgabe eher bei der Grundversorgung im ländlichen Raum, in Europa beim Grünstromanteil und der urbanen Ladeinfrastruktur. Besonders die Anforderungen an Ladeinfrastruktur für Nutzfahrzeuge seien enorm – etwa durch den nötigen Ausbau an Autobahnraststätten.

Trotzdem warnt Franz nicht vor dem Rückstand, sondern verweist auf die Innovationskraft in Europa: „Die Power2Drive-Messe in München hat eindrucksvoll die Breite der Anbieter, der Innovationskraft, der Ideen und des unternehmerischen Engagements hierzulande gezeigt.“ Auch wenn Mahle in vielen Bereichen – von Thermomanagement über induktives Laden bis hin zu Batterieservice-Tools – Innovationen auf den Markt bringt, rechnet Franz nicht mit schnellen Gewinnen. Der Einbruch bei den E-Auto-Zulassungen habe die ursprüngliche Zielmarke von 34 Millionen E-Autos in Europa bis 2030 unrealistisch gemacht. „Ich gehe davon aus, dass es fünf bis zehn Millionen Autos weniger sein werden.“ Die Folge: „Damit verschiebt sich auch der Zeitpunkt, ab dem Hersteller, Zulieferer und Ladeinfrastrukturbetreiber Geld verdienen können.“

Mahle setze daher auf Fokussierung und Effizienz: „Langer Atem, gutes Kostenmanagement und Fokussierung sind gefragt.“ Die Produktanläufe für induktives Laden erwartet er frühestens zwischen 2027 und 2029. Bei ChargeBig sei der Weg zur Wirtschaftlichkeit kürzer. Das Interesse der Hersteller sei groß – allerdings schwankend: „In letzter Zeit haben wir einige Projektverschiebungen und -absagen gesehen. Aber eben auch viele interessante Projekte, die umgesetzt worden sind.“

Quelle: Edison – Mahle: „Am Ende wird zusammengezählt“ (Teil I / Teil II)

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Releit:

CATL und BYD haben zuletzt LFP Akkus mit bis zu 12C Laderate und mehren 1000 Ladezyklen vorgestellt.
Damit sollte sowohl das Problem der niedrigeren Schnellladeleistung als auch der Langlebigkeit kleinerer Akku lösbar sein.

Martin:

Angesichts des unter den Erwartungen bleibenden Absatzes von BEV verliert offenbar gerade ein Autohersteller nach dem anderen die Nerven und verlagern ihre Aktivitäten wieder in Richtung Verbrenner und ihre Derivate. BEV mit Range Extender sind in Wahrheit ja kaum etwas anderes als modifizierte PHEV, vielleicht mit etwa kleinerem Akku. Wie toll das funktioniert, zeigen die Testberichte des mir aktuell einzig bekannten REX Mazda MX-30. Dieser verbraucht bei leer gefahrener Batterie mehr als 9 L/100km.

Michael Neißendorfer:

Danke fürs Feedback. Wir sind ein Newsportal und ordnen nicht jede Nachricht umfassend ein. Die angesprochenen Punkte haben wir in Dutzenden anderen Artikeln faktenbasiert aufgearbeitet, weitere Infos finden Sie zum Beispiel auf dieser Themenseite: https://wp.elektroauto-news.net/efuels

Schöne Grüße

Michael

H.B.:

Schade, dass die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten zunehmend von der Kommentarspalte übernommen werden muss. Hier verbreitet jemand mit direktem finanziellen Interesse die üblichen und zum Großteil widerlegten Talking Points der Fossil-Lobby und es wird einfach unreflektiert wiedergegeben. Ist das noch ein Artikel oder schon eine Pressemitteilung?
Statt dessen ist es an den Leserinnen und Lesern, die Inhalte des Artikels und die Motivation dahinter kritisch zu hinterfragen und die erzählten Märchen zu widerlegen.

Pedro G.:

Das heutige Motorenkonzept ist für einen Range Extender nicht Ideal es müsste ganz neu gedacht werden auf Basis Stromgenerator wie kann die Kraftstoffeinheit hocheffizient gestaltet werden ⁉️

Felix:

Meinen Opel Astra Kombi mit 500L Kofferraum und 600km Reichweite kostet drei bis vier Jahre alt mit unter 50k Kilometer ca. 15k EUR. Für den Preis gibt es im E-Bereich nur Kleinwagen, nicht mal einen MG5. Und letzterer hat aber einen zu kleinen Kofferraum und außerdem will ich kein chinesisches Auto. Evtl. schaut es bei Jahreswagen besser aus, aber ich will nicht so viel für ein Auto ausgeben, auch wenn ich es könnte. Also warte ich weiter, bis es etwas in dem genannten Preisbereich gibt. Ich habe es nicht eilig.

Peter:

ID.7 Tourer und 2024er Passat mit gleicher Ausstatung kosten auf mobile.de beide gebraucht um die 50k also bitte nicht wieder Äpfel mit Birnen vergleichen.

Wolfbrecht Gösebert:

Danke, meine letzten Zahlen stammen aus 9/2024 und sind entsprechend höher … aber selbst WENN wir mal annehmen, dass “nur“ 3.000 € (plus Installation!) an Kosten entstehen – wie viele Jahre soll es denn dauern,
• bis die realen Einsparungen für den Endkunden seinen Kostenaufwand auch nur *annähernd* amortisieren?

Mal ganz abgesehen von dem Umstand, dass die Stromversorger heute bei den allermeisten Installationen mit heutigen Wallboxen grundsätzlich nur 11 kW (und eben NICHT 22 kW) genehmigen – was soll ich da mit einer 11-kW-DC-Installation?

Zusätzlicher Vorteil eines IM Auto installierten 2-Wege-Wandlers (praktisch Voraussetzung für AC-Bidi) ist zudem die Möglichkeit, dass ich zu JEDEM Zeitpunkt und Ort, an dem der Wagen steht, einen 3-Phasen-11-kW-AC-Ausgang zur Verfügung habe … sei es, um u.a.

• unterwegs ein anderes eAuto zu laden,
• ein leistungsfähiges Werkzeug zu betreiben oder auch
• z.B. einen Klein-Grundstück/-Garten o.ä. vorübergehend mit Strom zu versorgen.

Vom nicht völlig abwegigen Fall einer „Notversorgung“ eines EIGENEN Haushalts mal ganz abgesehen … :)

Felix:

Das stimmt so aber nicht. Range extender Motoren sind, im Gegensatz zu plug-in hybriden, vom elektrischen Antrieb abgekoppelt und laufen dauerhaft in ihrem idealen Drehzahlbereich. D.h. Verschleiß deutlich geringer als bei einem „normalen“ Motor. Plug in wäre für mich nicht in Frage gekommen, da ich mein erstes E-Fahrzeug mindestens 10 Jahre fahren möchte, so wie aktuell meinen Verbrenner. Reparaturkosten werden dort aufgrund der Komplexität sehr hoch sein, daher scheiden plugin hybride für mich aus. Range extender würden mir aber gut ins Konzept passen. Wir fahren meistens Kurzstrecke, aber ab und zu 300km oder 600km am Stück. Nachdem es range extender in Europa aber noch kaum gibt wird mein erstes E-Kfz wohl ein BEV werden. Der ID.4 reizt mich. Aber es stimmt, BEV sind gebraucht immer noch zu teuer. Einen Verbrenner Kombi bekomme ich für 10-15k. In dem Preisbereich gibt es leider kein BEV für Familien.

Stefan:

…..oder das Phillips CLT Röhrenwerk in Aachen, welches noch eine 16:9 PAL TV Röhre entwickelt hat, obwohle es schon LCD Flat TV gab.

http://www.fernsehmuseum.info/das-bildroehrenwerk-in-aaachen.html

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