Der Güterverkehr ist in Deutschland für gut 40 Prozent der verkehrsbedingten CO2-Emissionen verantwortlich. Im Jahr 2020 betrugen die CO2-Emissionen der Lkw auf deutschen Straßen etwa 57 Millionen Tonnen. Dabei sind die CO2-Emissionen in den vergangenen 30 Jahren kontinuierlich gestiegen – um insgesamt rund 60 Prozent. Im Jahr 1991 lag der Wert noch bei gut 39 Millionen Tonnen CO2.
Vor allem der Fernverkehr wird heute fast ausschließlich mit dieselbetriebenen Lkw durchgeführt. Um auch hier die CO2-Emissionen zu verringern, braucht es einen Antriebswechsel. Ein schneller Übergang zu elektrisch angetriebenen Lkw mit Batterien oder für Nischenanwendungen auch mit grünem Wasserstoff und Brennstoffzelle wären realistische Wege. Erste entsprechende Fahrzeuge gibt es bereits, im Fall von Wasserstoff-Lkw meist noch in Form von Pilotprojekten.
Doch die drei Transport- und Logistikverbände Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV), Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) und Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) fürchten jedoch, dass Deutschlands Transportsektor seine Klimaziele verfehlt und mahnen Bundeskanzler Olaf Scholz in einem gemeinsamen Schreiben, entschiedene Schritte einzuleiten, damit auch Lkw schneller klimafreundlicher werden können: „Für die Erreichung der ambitionierten europäischen Klimaziele im Verkehrssektor ist die Dekarbonisierung der Lkw-Flotten entscheidend“, so die drei Branchenverbände laut VerkehrsRundschau. „Wir blicken daher mit sehr großer Sorge auf die anhaltend hohen Hürden, die eine Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs verhindern.“
Die drei Verbände fordern ausdrücklich die Wiederbelebung des Programms zur Förderung für klimaschonende Nutzfahrzeuge (KsNI) sowie einen „Runden Tisch Klimafreundlicher Straßengüterverkehr“ zusammen mit der Politik. Es gelte, schnellstmöglich grundlegende Voraussetzungen für eine Technologie- und Antriebswende im Straßengüterverkehr zu schaffen, vor allem was den Netz- und Infrastrukturaufbau betreffe, damit Elektro-Lkw auch auf Langstrecke zuverlässig geladen werden können.
Entgegen den Aussagen einiger Lkw-Hersteller monieren die Verbände auch, dass die Total Costs of Ownership alternativ angetriebener Lkw immer noch höher liegen sollen als jene von Diesel-Lkw. Zudem befinde sich die Branche in einer Kostenfalle: Verbrenner würden, etwa durch die CO2-Komponente in der Lkw-Maut, immer teurer, während Spediteure aufgrund beendeter Förderprogramme die Anschaffung von Nutzfahrzeugen mit alternativen Antrieben fortan komplett aus eigener Tasche bezahlen müssten.
„Unter den gegebenen Rahmenbedingungen werden weder die politisch vereinbarten Zwischenziele noch das Null-Emissionsziel für den Güterverkehr innerhalb der vorgegebenen Zeitfenster erreicht werden können. Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, so kommt der Logistiksektor bei seinen Klimaschutzanstrengungen nicht voran! So scheitert die Verkehrswende“, warnen die drei Branchenverbände in ihrem Brief an Olaf Scholz angesichts eines sich verschärfenden Schereneffekts zwischen wachsenden Belastungen und fehlenden Anreizen.
Wie die Verbände die Antriebswende bei Lkw schaffen wollen
Für eine Trendumkehr zur Erreichung der Klimaziele fordern die Verbände von der Bundesregierung folgende Maßnahmen:
- Reform der Kraftstoffbesteuerung: Angesichts der erwartbar hohen Anzahl von Nutzfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren auch über das Jahr 2030 hinaus, bedürfe es einer Reform der Energiesteuer, mit der Biokraftstoffe und strombasierte Kraftstoffe nach ihrer Klimawirkung besteuert und somit fiskalisch begünstigt werden.
- Förderung von Depotladen: Es sollten sämtliche technischen und administrativen Voraussetzungen (einschließlich öffentlicher Förderungen) geschaffen werden, um den Netzausbau und den Ausbau von Infrastrukturen für das Aufladen von Elektro-Lkw an nicht-öffentlichen Logistikanlagen („Depotladen“) zu beschleunigen.
- Planungssicherheit beim Strompreis: Angesichts des zukünftig sehr hohen Strombedarfs des Logistiksektors müsse dieser in politische Überlegungen für einen wettbewerbsfähigen Industriestrompreis einbezogen werden, um die Branche vor unkalkulierbaren nachfragebedingten Preissprüngen zu schützen.
- Reinvestition der CO2-Maut in Förderprogramme inklusive Kaufprämie: Für das Haushaltsjahr 2025 sollen die kumulierten Mehreinnahmen aus der CO2-Lkw-Maut (30 Milliarden Euro bis 2027) als Teil eines „nachhaltigen Finanzierungskreislaufs Straße“ in die klimafreundliche Transformation des Straßengüterverkehrs reinvestiert werden. Dazu gehört laut Meinung der drei Verbände vor allem die Reaktivierung des KsNI-Programms zur Förderung der Anschaffung strombasierter schwerer Nutzfahrzeuge.
Zudem sind BGL, BWVL und DSLV der Meinung, dass der Transformationsprozess bislang zu einseitig auf die Interessen der Hersteller ausgerichtet sei. Es müsse jedoch der gesamte Logistiksektor mitsamt aller Stakeholder einbezogen werden, damit die Antriebswende auch bei Lkw gelingen kann. Hierfür schlägt das Trio einen „Runden Tisch Klimafreundlicher Straßengüterverkehr“ im Bundeskanzleramt vor, an dem neben den relevanten Ministerien auch Vertreter aus den Bereichen Hersteller, Energie sowie Logistik beteiligt sein sollten.
Quelle: Eurotransport – DSLV, BGL und BWVL fordern Umkehr: Zu hohe Hürden bei Dekarbonisierung / Verkehrsrundschau – Branchenverbände schreiben Brandbrief an Kanzler Scholz