Lithium und die Bedeutung für Chile und SQM

Lithium und die Bedeutung für Chile

– In Zusammenarbeit mit Sociedad Química y Minera (SQM) // Veröffentlicht am 09.03.2024 –

Wer sich mit der Elektromobilität, E-Fahrzeugen und Elektroautos beschäftigt, der weiß, der Lithium-Ionen-Akku dient als Energiequelle für E-Motoren. Dieser Akku bildet somit die Basis dafür, dass das eigene E-Auto überhaupt dazu in der Lage ist von A nach B zu fahren, um nur mal das Offensichtlichste zu benennen.

Die entscheidenden Komponenten für die Herstellung von Lithium-Ionen-Akkumulatoren sind: Lithium, das aktive Element im Lithium-Ionen-Akku; Graphit als Material für die Anode; sowie die Materialien der Kathode, aktuell meist eine Mischung aus Nickel, Mangan und Kobalt oder Eisenphosphat. Mehr technisches Hintergrundwissen zum Akku und dessen Funktionsweise findest du auf dieser Wissensseite von Elektroauto-News.net.

Uns ging es mit dieser Herleitung darum, dir aufzuzeigen, warum Lithium für die E-Mobilität so wichtig ist. In diesem Artikel gehen wir im Detail darauf ein, dass dieser Rohstoff dadurch mittlerweile auch eine hohe wirtschaftliche Bedeutung hat für Länder wie Chile, in denen er gewonnen wird, und für deren (indigene) Gemeinden sowie Unternehmen wie die Sociedad Química y Minera de Chile (SQM).

SQM, die uns auf unserer Reise durch den Norden Chiles begleiten, lassen uns auf die Gewinnung, Verarbeitung sowie das Leben und Arbeiten im Umfeld des Salar de Atacama blicken. Die drei Salzseen der Atacama-Wüste bilden ein riesiges Lithium-Reservoir und ermöglichen durch Lithium in Solevorkommen, die Nachfrage der Weltwirtschaft nach dem Rohstoff zu befriedigen. Chile ist sich der Bedeutung der eigenen Rohstoffquelle bewusst und positioniert sich mittlerweile entsprechend selbstbewusst am Weltmarkt – auch gegenüber Unternehmen wie SQM.

In einer mehrteiligen Reihe, den “Stories of Salar de Atacama” erhältst du exklusive Details und Einblicke rund um den Rohstoff Lithium. In unserem Lithium-Hub bündeln wir alle Inhalte übersichtlich. Deine Fragen, Kommentare und Anregungen sind ebenso gerne gesehen. Gerne direkt unter den jeweiligen Artikel oder über unser Kontaktformular.

Lithium: das weiße Gold

Bevor wir auf die wirtschaftliche Bedeutung von Lithium für Chile, seine (indigenen) Gemeinden und SQM blicken, folgt eine kurze Erläuterung, worum es sich bei Lithium handelt. Das chemische Element Lithium mit dem Symbol Li ist das leichteste und am wenigsten dichte feste Metall unter Standardbedingungen. Es ist auf der Erde zwar weit verbreitet, aber nur in geringen Konzentrationen von etwa 0,006 Prozent in der Erdkruste zu finden. Wirtschaftlich wichtige Lithiumquellen sind einerseits Festgesteinsvorkommen wie zum Beispiel in Australien, Kanada und Simbabwe und andererseits Solevorkommen, oft in Salzseen wie in Chile und Argentinien.

Das silberweiße Metall kann bei Kontakt mit der Haut schwere Verätzungen und Verbrennungen verursachen. Entdeckt wurde Lithium 1817 von Johan August Arfwedson in Steinproben, daher der Name vom griechischen Wort „Lithos“ für Stein. Anfangs wurde Lithium hauptsächlich als Schmiermittelzusatz und in der Glasherstellung genutzt. Lithium wird zudem in einer Reihe weiterer Produkte wie hitzebeständigem Glas, Keramik- und Emaillefritten, Kühlmitteln und in der Luftreinigung sowie in der pharmazeutischen Industrie und bei der Herstellung metallischer Legierungen eingesetzt.

Detailaufnahme von Sole mit hohem Lithiumanteil im Salar de Atacama

Heute ist die Batterieproduktion das Hauptanwendungsgebiet für Lithium, was zu einem steigenden globalen Bedarf und erhöhter Förderung führt. Gemäß der Analyse Mineral Commodity Summaries des U.S. Geological Survey aus dem Januar 2024 werden 87 Prozent des weltweit verarbeiteten Lithiums für Batterien gebraucht. Darauf folgen Keramik und Glas mit 4 Prozent sowie Schmierstoffe mit gerade einmal 2 Prozent. Künftig dürfte sich der Verwendungsanteil für Batterien weiter erhöhen, da mit steigender Bedeutung der Elektromobilität im Alltag auch der Bedarf für den Rohstoff steigt. 

Nach der Förderung und Verarbeitung, auf die wir in einem gesonderten Artikel eingehen, wird Lithium als Rohstoff über den Handel an die verarbeitende Industrie geliefert. Im Rohstoffhandel wird aufgrund seiner chemischen Instabilität kein reines Lithium gehandelt. Stattdessen finden stabile Lithiumverbindungen, meist in Form von Lithiumsalzen oder auf Lithium basierenden Kristallstrukturen, ihren Weg auf den Markt – vorrangig als Lithiumkarbonat oder Lithiumhydroxid.

Gut zu wissen: Lithiumkarbonat

Lithiumkarbonat wird in verschiedenen Qualitäten gehandelt, darunter "Battery Grade" in mikronisierter Form und "Technical Grade" als Kristalle oder Pulver. Es findet Verwendung in wiederaufladbaren Batterien, Spezialglas, Keramik- und Emaillefritten, Spezialzementen und Klebstoffen, Gusspulvern, in der industriellen Klimatisierung und in der Aluminiumproduktion.

Gut zu wissen: Lithiumhydroxid

Lithiumhydroxid ist ebenfalls in verschiedenen Qualitäten erhältlich, einschließlich "Battery Grade" und "Industrial Grade" als Kristalle. Es wird verwendet in wiederaufladbaren Batterien, Schmierfetten und Farbstoffen.

Für ein besseres Verständnis sprechen wir in den “Stories of Salar de Atacama” generell von Lithium und meinen damit synonym sowohl den Rohstoff an sich als auch Lithiumkarbonat oder Lithiumhydroxid.

Bedeutung von Lithium für Chiles Volkswirtschaft

Mit Blick auf Chile sowie den größten Anteil der Wertschöpfung, der in einzelnen Sektoren für das Land erzielt wird, zeigt sich, dass sich der Dienstleistungssektor mit 54 Prozent am oberen Ende platziert. Insbesondere Tourismus sei im Bereich des Dienstleistungssektors ein Werttreiber für das lateinamerikanische Land. Darauf folgen der industrielle Sektor mit 32 Prozent, der Bergbau (Kupfer, Kohle und Nitrat), Industrieprodukte (Lebensmittelverarbeitung, Chemikalien, Holz) und Landwirtschaft (Fischerei, Wein- und Obstanbau) beinhaltet. Sowie der Bereich der Landwirtschaft mit knapp 3,5 Prozent Anteil. Die Auswertung beruht auf den letzten zu verfügbar stehenden Daten der World Bank.

Blick auf die Landwirschaft Chiles im Umfeld indigener Gemeinden

In der Rohstoffproduktion (dem industriellen Sektor zugerechnet) sticht Chile besonders durch seine Kupfervorkommen hervor, die etwa 40 Prozent der weltweiten Reserven ausmachen. Die größten Kupferminen weltweit, Chuquicamata (Tagebau) und El Teniente (Untertagebau), sind unter der Leitung des staatlichen Unternehmens Codelco. Zudem ist das Land der Spitzenreiter in der Lithiumproduktion und plant, diesen Sektor weiter auszubauen, wie die chilenische Regierung im April 2023 bekannt gab.

Die Wirtschaft Chiles umfasst zudem Forstwirtschaft, Fischerei und Landwirtschaft. Lediglich 7 Prozent der Landfläche sind landwirtschaftlich nutzbar, hauptsächlich im Zentraltal – siehe hierzu den Abschnitt Flora und Fauna aus unserer ersten Story aus dem Salar de Atacama. In der wüstenartigen Nordregion Chiles findet Landwirtschaft fast ausschließlich in Oasen statt. Die Lage in der südlichen Hemisphäre ermöglicht es dem Land, anderen Ländern der nördlichen Hemisphäre Früchte außerhalb der Saison anzubieten. Im Jahr 2022 machten die Landwirtschaft und verwandte Sektoren 26,9 Prozent der gesamten chilenischen Exporte aus. Viehzucht wird vornehmlich in Zentralchile und im nördlichen Teil Südchiles praktiziert. Als einziges Land Südamerikas baut Chile Zuckerrüben an, und sein Weinbau hat das Land zum führenden Weinexporteur des Kontinents gemacht.

Weinanbau im Norden Chiles

Kommen wir zum Lithium zurück, bei dem Chile eine starke Position einnehmen kann. Verfügt es doch über 45 Salare und 18 Lagunen mit Lithiumreserven, von denen bisher nur 23 näher erforscht wurden. Das zeigt, dass Chiles Lithiumförderkapazität noch lange nicht vollständig genutzt wird.

Lithium-Abbau in Chile unterliegt starker Regulierung

Aktuell fördern nur zwei private Unternehmen Lithium in Chile: das chilenische Unternehmen SQM sowie das US-amerikanische Unternehmen Albemarle. Beide übrigens in “Steinwurf-Entfernung” zueinander im Salar de Atacama. Die Beschränkung auf lediglich zwei Unternehmen beim Abbau eines solch wichtigen Rohstoffes liegt in dafür notwendigen, staatlichen Sondergenehmigungen begründet, welche die chilenische Behörde Corporación de Fomento de la Producción (Verband zur Produktionsförderung, Corfo) erteilt. Wobei hier anzumerken ist, dass dies nur für den Salar de Atacama gilt, der sich im Besitz von Corfo befindet. Andere Salare wie Maricunga oder Pedernales haben andere Konzessionen/ Eigentümer.

Wie aus Zahlen der Deutsch-Chilenische Industrie- und Handelskammer hervorgeht, betrugt 2022 SQMs Anteil an der weltweiten Lithiumproduktion 20 Prozent, während Albemarle 16 Prozent beisteuerte. Gemeinsam zahlten sie etwa 5,7 Milliarden US-Dollar (5,3 Mrd. Euro) Steuern und Pachtraten an Chile. Dem SQM Sustainability Report 2022 zufolge trug Lithium zu 79 Prozent der Bruttomarge von SQM bei.

Gewonnene Salze aus dem Salar de Atacama

Ein durchaus interessantes Unternehmensfeld, wie die Zahlen zeigen. Der Hauptgrund, warum dennoch keine weiteren Firmen Lithium in Chile fördern, liegt im Gesetz 2886 von 1979 begründet. Dieses erklärt Lithium (neben Uran und Thorium) aufgrund seiner nuklearen Verwendungsmöglichkeiten zum nationalen Interessengut, was eine spezielle staatliche Genehmigung für den Abbau erfordert. In Chile dürfen daher nur staatliche Betriebe oder Privatunternehmen mit spezieller Erlaubnis Lithium abbauen. Diese Sondergenehmigungen (Contratos Especiales de Operación de Litio; CEOL) werden vom Bergbauministerium auf Basis eines Präsidialdekrets erteilt, zusätzlich zu weiteren notwendigen Konzessionen.

Wichtige Institutionen in diesem Prozess sind: das Bergbauministerium, das die Sondergenehmigungen vergibt; der Verband zur Produktionsförderung Corfo, die bisher einzige Konzessionsinhaberin von Lithium-Abbaustätten; und die Kupferkommission Cochilco, die die CEOL-Vergabe bewertet. Die Kernenergiekommission legt die Verkaufsquoten für Lithium fest, während der geographische Dienst und die Wasserbehörde ebenfalls eine Rolle spielen, wie die Deutsch-Chilenische Industrie- und Handelskammer erklärt.

Blick auf die Chuquicamata-Kupfermine von Codelco

Die Laufzeit des Vertrages mit SQM endet im Jahr 2030, während Albemarles Vereinbarung bis 2043 gültig bleibt. Sollten beide Unternehmen bis zum Ablauf ihrer jeweiligen Verträge keine neuen Abkommen mit Corfo schließen, wäre es ihnen nicht mehr gestattet, im Salar de Atacama tätig zu sein. Dementsprechend bemüht SQM sich aktuell, Widerständen und Herausforderungen zum Trotz, auch weiterhin Lithium im Salar de Atacama abbauen zu dürfen. Ein erstes Memorandum of Understanding zwischen SQM und Codelco wurde bereits im Dezember 2023 unterzeichnet.

Chile will mehr staatlichen Einfluss auf Lithium-Abbau geltend machen

Chiles Präsident Gabriel Boric teilte im April 2023 in einer landesweit übertragenen Fernsehansprache mit, dass er bei der Lithiumindustrie des Landes mehr staatlichen Einfluss geltend machen will. Lithium wurde bereits im Jahr 1979 verstaatlicht. Was sich geändert hat, ist das Modell der öffentlich-privaten Partnerschaft, bei dem sich der Staat nun auch am Abbau und an der Weiterverarbeitung beteiligt, während er bisher nur die Konzession gegen eine progressive Gebühr verpachtet hat. Der Schritt sei unerlässlich, so Boric, um die Wirtschaft des Landes anzukurbeln und die Umwelt zu schützen. Ähnliche Schritte zur Verstaatlichung hat man bereits in Mexiko in Bezug auf Lithiumvorkommen gesehen. Ebenso hat Indonesien 2020 den Export von Nickelerz verboten, einem ebenfalls wichtigen Batteriematerial.

Chiles Präsident Gabriel Boric | Phil Pasquini / Shutterstock.com

Zukünftige Lithiumverträge werden nur mehr als öffentlich-private Partnerschaften mit staatlicher Kontrolle vergeben. Der Finanzminister Chiles Mario Marcel stellte im April 2023 klar, dass die Kontrolle in den besten Salaren unabdingbar ist, dass aber in den technologisch schwieriger zu entwickelnden Salaren eine staatliche Kontrolle nicht immer erforderlich ist. Dies führt dazu, dass Unternehmen mit Interesse am Lithium-Abbau in Chile zukünftig eine Partnerschaft mit der Regierung eingehen müssen. In den daraus resultierenden Joint Ventures dürfen die Privatunternehmen maximal 49,9 Prozent der Anteile halten. Boric plant zudem, bestehende Verträge mit den beiden Unternehmen SQM und Albemarle neu zu verhandeln. Entsprechende Verhandlungen sind jetzt, ein Jahr später, im vollen Gange. Neben Chile, SQM und Albemarle sollen die (indigenen) Gemeinden mit am Verhandlungstisch sitzen, die ebenfalls einen aktiven Part in der zukünftigen Lithiumproduktion einnehmen – vielmehr aber noch ihre Bedenken zum Abbau des weißen Goldes kundtun möchten.

Das Staatsunternehmen Codelco, der weltweit größte Kupferproduzent, wurde im vergangenen Jahr damit beauftragt, den besten Weg für die Beteiligung der Regierung an der Gewinnung von Lithium zu finden. „Wenn ein öffentlich-privates Unternehmen gegründet wird, um Lithium in den Atacama-Salzbecken zu nutzen, wird es vom Staat über Codelco kontrolliert“, kündigte Boric an.

Für Boric selbst sei dies ein heikler Balanceakt, der weit über wirtschaftliches Wachstum und globalen Wettbewerb hinausgeht, wie CNBC berichtet. Das Nachrichtenportal schreibt, dass sich Chile ständig in einer Grätsche zwischen Ausweitung der Produktion sowie Ansprüchen und Wünschen der (indigenen) Gemeinden im Umfeld der Salar de Atacama befindet.

Im Zentrum von Borics Wahlprogramm standen soziale Reformen. Ebenso waren Umwelt- und Klimafragen zentral für seine Kampagne. Indigene Gemeindemitglieder aber sagten sowohl CNBC als auch EAN, dass sie weiterhin sehr besorgt über die ökologischen und sozialen Schäden durch den Bergbau auf ihrem angestammten Land und ihrer Lebensweise seien.

Indigene Gemeinden und was Lithium für sie bedeutet

Mehrmals bereits aufgegriffen möchten wir uns nachfolgend der Definition von Wikipedia bedienen, um den Begriff “indigene Gemeinden” genauer einzuordnen: “Die Bezeichnung „indigene Völker“ ist eine relativ junge Lehnübersetzung wahrscheinlich vom spanischen pueblos indígenas und bezeichnet Gemeinschaften von ursprünglichen Bewohnern einer Region oder eines Landes.”

Eben diese indigenen Gemeinden leben teilweise im direkten Umfeld des Salar de Atacama und sind von entsprechenden Entscheidungen und Vereinbarungen zwischen den Politikern Chiles sowie Unternehmen wie Albemarle und SQM direkt betroffen. Aus diesem Grund fordern sie Mitspracherecht bei der Neuvergabe der Lizenzen. Ein Wunsch, dem scheinbar nur teilweise entsprochen wird.

Blick auf den Salar de Atacama und anliegende, indigene Gemeinden | SQM

Dabei pflegt SQM mit den indigenen Gemeinden in der Region San Pedro de Atacama durchaus ein enges Verhältnis, wie aus dem Sustainability Report 2022 des Unternehmens hervorgeht – und uns von Menschen vor Ort auch bestätigt wurde. Die fünf nächstgelegenen Gemeinden zu den wirtschaftlichen Aktivitäten von SQM befinden sich im Süden von San Pedro de Atacama, der Heimat der Lickan Antai. Die Bezeichnung Lickan Antai bezieht sich speziell auf die indigene Bevölkerung, die ursprünglich aus dem Salar de Atacama-Becken stammt. Mit vier davon habe man bereits langfristige Vereinbarungen zur Zusammenarbeit getroffen, wie SQM berichtet.

"Wir realisieren Programme, welche die 21 Gemeinden der Region erreichen und einen gesellschaftlichen Nutzen schaffen. Hervorzuheben sind Programme wie die Alianza Mujer Atacameña, Atacama Tierra Fértil, die zahnärztliche Versorgung mit kommunaler Reichweite und spezifische Projekte, die für und in Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen und Gemeinden entwickelt werden."

San Pedro de Atacama stellt eine Verwaltungsgrenze dar, die nicht einer indigenen Gemeinschaft gleichzusetzen ist. Laut der letzten Volkszählung (2017) leben rund 11.000 Menschen in der Region San Pedro. Etwa die Hälfte von ihnen bezeichnet sich als Indigene, wobei etwa ⅓ Lickan Antai sind. Allerdings ist nur 1/5 offiziell registriert und von Conadi als indigene Lickan Antai anerkannt. Die ethnische und territoriale Organisation wird geleitet vom Rat der Atacameño-Völker, bezeichnet als Consejo de Pueblos Atacameños (CPA), der sich aus 18 Gemeinschaften aus dem indigenen Entwicklungsgebiet zusammensetzt.

Wie aus einer Berichtserstattung von Deutschlandfunk Kultur hervorgeht, wurde im Dezember eine Art Runder Tisch einberufen, eine sogenannte Tripartita mit drei teilnehmenden Akteuren: dem staatlichen Bergbaukonzern Codelco, SQM sowie den Repräsentanten der indigenen Gemeinden des Consejo de Pueblos Atacameños. Die Entscheidung für das weitere Vorgehen fiel jedoch entsprechenden Medienberichten zufolge ohne die Zustimmung der indigenen Gemeinden.

Yahoo Finanzas! berichtete Ende Dezember 2023, dass Codelco gemeinsam mit SQM eine vorläufige Absichtserklärung getroffen habe. Die konkreten Verhandlungen, die zu einer Einigung führen könnten, laufen derzeit. Wenn eine Einigung erzielt wird, werden die relevanten Vertragsabschnitte einem Konsultationsverfahren mit den Indigenen unterzogen. Denn in der Absichtserklärung ist eindeutig festgelegt, dass die nächsten Schritte einer Konsultation der indigenen Bevölkerung gemäß der internationalen Regelung ILO 169 unterliegen, die seit 2008 in das chilenische Recht übernommen wurde. Yahoo führt  entsprechend im zitierten Artikel auf, dass das unterzeichnete Dokument „die grundlegenden Vereinbarungen der Parteien für die Aushandlung der Bedingungen ihrer Vereinigung zur gemeinsamen Exploration, Abbau und Vermarktung von Lithium und anderen im Salar de Atacama vorhandenen Mineralstoffen ab dem 1. Januar 2025 festlegt”.

Straßenverkehr im Umfeld indigener Gemeinden

Codelco und SQM planen demnach, ab dem 1. Januar 2025 gemeinsam Lithium sowie andere im Salar de Atacama vorkommende Mineralien zu erkunden, abzubauen und zu vermarkten. Die Struktur dieser Partnerschaft sieht vor, dass die chilenische Regierung die Mehrheit hält, und zwar 50 Prozent der Anteile plus eine Aktie. Codelco gab bekannt, dass es ab sofort einen Vorabanteil an den Gewinnen des Joint Ventures erhält, der auf 201.000 Tonnen Lithiumkarbonat-Äquivalent (kumulierter Wert auf Betrachtung sechs Jahres Zeitraum) aus den Verträgen mit Corfo und SQM basiert. Ab Januar 2031 werde dieser Anteil auf 50,01 Prozent der gesamten Lithiumproduktion sowie anderer Rohstoffe steigen. Von da an bis 2060 werde jede Partei gemäß ihrer Beteiligung am Unternehmen wirtschaftlich profitieren. Ein Abkommen, das SQM einen weiteren Abbau bis 2060 ermöglicht, wird gerade besprochen. Die Verhandlungen laufen noch, und obwohl eine Frist bis zum 31. März genannt wurde, wird die Zeit zeigen, ob diese Frist eingehalten werden kann oder nicht.

Präsident Boric betonte in einer entsprechenden Erklärung, dass dies ein beispielloser Schritt in der Bergbauindustrie sei und einen konkreten Fortschritt hin zu einer gerechten und nachhaltigen Entwicklung darstelle. Er hob hervor, dass die Beteiligung des Staates an der Lithiumgewinnung im Salar de Atacama nun gesichert sei.

Indigene Gemeinden fühlen sich nicht gesehen

Nicht alle sind zufrieden mit dieser Einigung: Mitte Januar 2024 kam es zu Blockaden, angeführt von lokalen indigenen Gruppen, die die Zufahrt zum Salar de Atacama verhinderten. Die Protestaktion folgte unmittelbar auf die Absichtserklärung zwischen SQM und Codelco. Entsprechende betriebliche Vorgänge seien laut Insidern auf Seiten SQM beeinträchtigt worden, so Reuters in einem entsprechenden News-Artikel.

Straße in Santiago de Rio Grande

Yermin Basques, ein Vertreter der indigenen Gemeinde Toconao, sagte Reuters, dass lokale indigene Gruppen öffentliche Straßen blockieren, die zu den Produktionsstätten im Salar de Atacama führen, um den Zugang für Arbeiter, Material und den Transport von Lithium zu verhindern. Basques kritisierte, dass die Interessen der indigenen Gemeinden bei den Verhandlungen zwischen SQM und Codelco, die eine stärkere staatliche Kontrolle über Lithium vorsehen, nicht berücksichtigt wurden.

“Für uns gibt es keinen Dialog. Uns wird alles einfach auferlegt”, sagte Basques in einem Interview, aus dem Reuters zitiert. Seine Aussage  deckt sich mit den Erfahrungen, die wir vor Ort sammeln konnten. Es handelt sich hierbei weniger um einen Protest gegen Albemarle oder SQM, als vielmehr gegen die chilenische Regierung, die entgegen ihrer Versprechen die indigenen Gemeinden in ihren Gesprächen außen vor gelassen hat.

Blockade an der Zufahrt in den Salar de Atacama / SQM-Lithium-Gewinnung

Basques erklärte entsprechend zum Beginn der Blockaden, dass die Protestierenden den Zugang zum Salar de Atacama so lange verhindern, bis der chilenische Präsident zu Gesprächen bereit sei und persönlich vor Ort vorbeischaue. “Es muss Sensibilität und der Respekt herrschen, von dem Präsident Boric immer gesprochen hat”, sagte Basques. “Wir laden ihn ein, zu zeigen, dass er zu seinem Wort steht.”

Dass den indigenen Gruppen daran liegt, gesehen und wahrgenommen zu werden, unterstreicht eine weitere Berichterstattung von Reuters, einige Tage später. Die lokalen indigenen Gruppen haben demnach die Blockaden geöffnet, nachdem von Seiten der chilenischen Regierung ein Besuch von Präsident Boric vor Ort in Aussicht gestellt wurde. Schließlich komme man damit einer Forderung nach, die wie folgt greifbar gemacht wird: “Der Präsident von Chile muss den Salar de Atacama kennen, bevor er die Politik festlegt”, hieß es in der Erklärung des Rates.

Ein konkreter Zeitpunkt für den Besuch wurde jedoch nicht genannt. Albemarle gab gegenüber Reuters an, dass der Betrieb während der Proteste normal weiterlief, während SQM nicht auf eine Kommentaranfrage reagierte. Auch auf Rückfragen von EAN an SQM blieb eine Reaktion offen. Dies ist damit zu begründen, dass SQM den Finanzvorschriften der NYSE unterliegt. Codelco seinerseits unterliegt den chilenischen Finanzvorschriften hinsichtlich der Offenlegung wesentlicher Fakten und Informationen. Wir werden die Entwicklungen entsprechend weiterverfolgen und Updates an dieser Stelle vornehmen.

Lithium-Dreieck Chiles - ein Spannungsgeflecht

Trotz einer knappen Woche vor Ort in Chile, dem Einblick hinter die Kulissen von SQM, als auch den Austausch mit verschiedenen indigenen Gemeinden ist es nicht einfach, sich im Lithium-Dreieck Chiles zurechtzufinden. Zu verwoben und verdreht ist das Geflecht des Spannungsfelds  bestehend aus Staat, indigenen Gemeinden sowie Unternehmen wie SQM.

Viele unterschiedliche Abhängigkeiten, Ansprüche und Wünsche treffen aufeinander und wollen in einem Kompromiss zusammengeführt werden, damit alle Beteiligten ihren Nutzen aus dem Salar de Atacama ziehen können. Möglichst nachhaltig, wohlgemerkt.

SQM und die indigenen Gemeinden

In diesem zweiten Teil der Stories of Atacama hast du einen Überblick darüber erhalten, wie Lithium die Wirtschaft von Chile stärkt – das Land selbst aber auch spaltet und es zu einem intensiven Diskurs (der sowohl positiv wie negativ gewertet werden kann) zwingt. Es gibt drei Seiten, die zueinander finden wollen, aber wohl noch nicht wissen wie.

Im nächsten Teil gehen wir darauf ein, welche Schritte der Annäherung bereits gegangen wurden. Etwa wie SQM mit indigenen Gemeinden rund um den Salar de Atacama interagiert und wie beide Parteien voneinander profitieren und miteinander wachsen können. Dieser erscheint in Kürze. Bis dahin kannst du dich in unserem Lithium-Hub umfassend über das Thema Lithium informieren.

Solltest du weitere, spezifische Themen und Anregungen haben, mit denen wir uns im Rahmen der Artikelserie auseinandersetzen sollen, dann nutze hierfür gerne die Kommentarfunktion und/ oder unser Kontaktformular auf unserer Webseite.

Die "Stories of Salar de Atacama" sind mit Unterstützung von Sociedad Química y Minera (SQM) entstanden. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf unsere hier geschriebene ehrliche Meinung.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
10 Comments
Most Voted
Newest Oldest
Inline Feedbacks
View all comments
10
0
Lass uns deine Meinung wissen!x