Leben im Umfeld des Salar de Atacama

Leben im Umfeld des Salar de Atacama

– In Zusammenarbeit mit Sociedad Química y Minera (SQM) // Veröffentlicht am 30.03.2024 –

Zwischen Tradition und Moderne. So lässt sich der tägliche Zwiespalt indigener Gemeinden im Norden Chiles am ehesten auf den Punkt bringen. In einem Land, das in der Welt der Elektromobilität eine entscheidende Rolle spielt. Stichwort: Lithium – das weiße Gold –, ein unabdingbarer Bestandteil für die gleichnamigen Lithium-Ionen-Akkus von E-Autos. Profitieren wollen davon drei Parteien: der chilenische Staat, die indigenen Gemeinden rund um die Abbaugebiete und Industrieunternehmen wie Albemarle und die Sociedad Química y Minera (SQM).

Mit diesem Spannungsgeflecht Chiles haben wir uns in den beiden letzten Artikeln der Stories of Salar de Atacama beschäftigt und haben versucht, das Zusammentreffen der verschiedenen Wünsche und Ansprüche einzuordnen, um die entsprechenden Standpunkte zu vermitteln. Nur dann lässt sich das Thema Lithium in Chile besser greifen.

Für Elektroauto-News waren wir Ende Januar, Anfang Februar 2024 eine knappe Woche vor Ort und haben uns selbst auf die Suche nach Erkenntnissen begeben. SQM, die uns auf unserer Reise durch den Norden Chiles begleitet hat, ließ uns auf die Gewinnung und Verarbeitung von Lithium sowie das Leben und Arbeiten im Umfeld des Salar de Atacama blicken. Die drei Salare der Atacama-Wüste bilden ein riesiges Lithium-Reservoir und befriedigen durch das Lithium in Solevorkommen, die Nachfrage der Weltwirtschaft nach dem Rohstoff zu einem maßgeblichen Teil. Der Staat Chile und SQM benötigen hierbei den Rückhalt der indigenen Gemeinden vor Ort und arbeiten daher aktiv an der Erlangung einer so genannten “social license to operate”, die den gesellschaftlichen Rückhalt des Lithiumabbaus sichert. Dessen ist man sich bewusst. Und damit setzen wir uns im Artikel “Leben im Umfeld des Salar de Atacama” auseinander.

Lithium-Hub

Für mehr Hintergründe rund um das Spannungsgeflecht sowie eine erste Einordnung indigener Gemeinden und der Beziehung mit und zu SQM empfehlen wir dir, einen Blick auf den Artikel “Lithium und die Bedeutung für Chile” zu werfen.

In einer mehrteiligen Reihe – den “Stories of Salar de Atacama” – erhältst du exklusive Details und Einblicke rund um den Rohstoff Lithium. In unserem Lithium-Hub lassen sich alle Inhalte gebündelt abrufen. Deine Fragen, Kommentare und Anregungen sind ebenso gerne gesehen. Gerne direkt unter dem jeweiligen Artikel oder über unser Kontaktformular.

Indigene Gemeinde als wichtiges Rückgrat für SQMs Lithiumproduktion

Die indigenen Gemeinden leben teilweise im Umfeld des Salar de Atacama und sind von den Entscheidungen und Vereinbarungen zwischen den Politiker:innen Chiles sowie den Lithium abbauenden Unternehmen wie Albemarle und SQM direkt betroffen. Insgesamt sind fünf der Gemeinden am östlichen Rand des Salars vorzufinden. Die Gemeinde Peine liegt dem Salar de Atacama mit 30 Kilometer am nähsten. Aus diesem Grund wollen sie entsprechendes Mitspracherecht bei der Neuvergabe der Lizenzen haben – die gerade bevorsteht. Ein Wunsch, dem scheinbar nur teilweise entsprochen wird. Beachtung finden indigene Gemeinden dennoch, auch wenn dies in anderen Berichtserstattungen gerne mal untergeht.

Straßen in Santiago de Rio Grande

Jedoch eben unterschiedlich stark ausgeprägt, wie uns Mitglieder der indigenen Bevölkerung vor Ort in Chile erklärten. Mit ihnen sind wir in Austausch gekommen, als wir mit SQM im Norden des Landes unterwegs waren, um uns selbst von der Zusammenarbeit mit den indigenen Gemeinden oder auch “Comunidades”, wie diese vom Unternehmen bezeichnet werden, zu überzeugen.

Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass SQM mit den indigenen Gemeinden in der Region San Pedro de Atacama ein enges Verhältnis pflegt, wie zu einem aus dem Sustainability Report 2022 als auch aus persönlichen Gesprächen hervorgeht. Handelt es sich hierbei um eben jene Gemeinden, die im Einflussgebiet von SQM am Rande des Salar de Atacama angesiedelt sind und demnach von den Arbeiten in der Salzwüste am ehesten betroffen sind. Die fünf nächstgelegenen Gemeinden zu den wirtschaftlichen Aktivitäten von SQM befinden sich im Süden von San Pedro de Atacama, der Heimat der Ethnie der Lickan Antai.

Innenhof des Kirchen-Geländes in Santiago de Rio Grande

Das Unternehmen selbst ordnet dies im Nachhaltigskeitsbericht aus dem Jahr 2022 wie folgt ein: “Wir haben derzeit Programme mit einem gemeinsamen sozialen Wert, die 21 Gemeinden erreichen. Hervorzuheben sind das Programm Alianza Mujer Atacameña, Atacama Tierra Fértil, die zahnärztliche Versorgung mit kommunaler Reichweite und spezifische Projekte. Projekte, die für und in Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen und Gemeinden entwickelt wurden.”

Für Elektroauto-News haben wir den Aufschlag in Santiago de Rio Grande gemacht. Die Stadt liegt neunzig Kilometer von San Pedro de Atacama entfernt. Ihr Hauptwirtschaftszweig allerdings hat mit Lithium nichts am Hut, sondern hat sich eher auf traditionelle landwirtschaftliche Tätigkeiten der indigenen Bevölkerung wie die Züchtung von Lamas, Alpakas, Vikunjas und den Anbau von traditionellen Produkten wie Kartoffeln, Bohnen, Mais, Knoblauch und Alfalfa konzentriert.

Santiago de Rio Grande: Erste Eindrücke einer indigenen Gemeinde

Geht aus dem SQM Nachhaltigskeitsbericht aus dem Jahr 2022 hervor, dass gut 11.000 Menschen in knapp 4000 Haushalten in der Region San Pedro de Atacama leben, sieht es in Santiago de Rio Grande ganz anders aus: Nur etwa 60 Menschen leben in diesem kleinen Paradies, das im Ort selbst über grüne Oasen verfügt, auf denen Früchte, Gemüse wie auch Blumen gedeihen.

Häuschen im Dorfkern von Santiago de Rio Grande

Die Bevölkerung fügt sich in ihrer Geschlechterverteilung (56 Prozent männlich / 44 Prozent weiblich) in die Region ein. Hinsichtlich des Alters wird hier ein Durchschnittsalter von um die 34 bis 40 Jahre angenommen. Wie uns vor Ort von Teilen der indigenen Gemeinschaft berichtet wurde, profitiere man trotz fehlender Nähe zum Lithium-Abbau von den daraus entstandenen wirtschaftlichen Vorteilen.

Am eingängisten zu sehen ist dies an einem sehr simplen, aber effektiven Ampelsystem im neuen Gemeinschaftszentrum des Dorfes, welches die aktuelle Sonneneinstrahlung misst und durch elf verschiedene Farben veranschaulicht, wie stark die derzeitige UV-Einstrahlung ist. In der Stufe “Extremo” empfiehlt es sich dann durchaus, auf entsprechende UV-Schutzkleidung, eine Kopfbedeckung sowie Sonnenbrille zu setzen, wie wir selbst erfahren durften, als die Ampel auf dunkel Lila geschaltet war.

Simples, aber effektives Ampelsystem, welches die Sonneneinstrahlung misst und anzeigt

Ebenfalls erhielten wir vor Ort einen Blick auf das Bewässerungssystem, das oben am Berg Wasser in einem Becken sammelt und durch Leitungssysteme in das Dorf und auf die Felder befördert. Hiermit ist es den Einheimischen möglich, ihr Land zu bewirtschaften. Dann kann es schon Mal sein, dass man satt grünende Felder inmitten einer sandigen, trockenen Wüstenlandschaft erblickt.

Ebenso ist es der Gemeinde Santiago de Rio Grande dank einer Unterstützung der chilenischen Behörde Corporación de Fomento de la Producción (Verband zur Produktionsförderung, kurz Corfo) gelungen, im Jahr 2021 Photovoltaik-Anlagen zur Stromgewinnung zu installieren. Die dafür benötigten Mittel stammen unter anderem aus den Lizenzgebühren von SQM an Corfo. Zuvor wurde der Strom vor Ort noch von Dieselgeneratoren erzeugt. Die Energie daraus stand nur 6 Stunden am Tag zur Verfügung, die aus der PV-Anlage und Batteriespeicher nun den gesamten Tag.

Nicht nur hier macht man sich die Kraft der Sonne zu nutze, sondern versucht einen Mehrwert aus bereits vorhandenen Mitteln und Ressourcen zu ziehen. So zeigte uns eine Einheimische in ihrem Haus, wie künftig aus der Abwärme des eigenen Gasherds Wärme gewonnen werden kann. Sie bestätigte uns zudem im persönlichen Gespräch, dass es eine längerfristige Zusammenarbeit mit SQM gebe. Der Weg dorthin sei aber alles andere als einfach gewesen.

Denn nicht nur im Spannungsfeld zwischen den indigenen Gemeinden und SQM trifft Tradition auf Moderne, sondern auch in den Gemeinschaften selbst. Die jüngere indigene Gemeinschaft sei einem gemeinsamen Miteinander mit Unternehmen wie SQM und Albemarle eher aufgeschlossen als der ältere Teil der Gemeinschaft. Ein Spannungsverhältnis, das innerhalb der Gemeinde immer noch vorhanden ist, auch wenn es mittlerweile abgenommen habe.

Es war viel Misstrauen zu Beginn der ersten Gespräche zwischen der Gemeinde und SQM vorhanden, das über die Zeit abgebaut werden konnte, so die Einheimische. Der Grund hierfür sei, dass man wahrgenommen habe, dass dem Unternehmen daran liege, auf Augenhöhe miteinander zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten beziehungsweise einen Mehrwert für alle Beteiligten zu schaffen. In dieser Hinsicht ist als Beispiel das Projekt zur Wiederbelebung der Knoblauchproduktion aufzuführen.

Santiago de Río Grande ist in Chile insbesondere für seine Knoblauchproduktion bekannt, die aufgrund der spezifischen Eigenschaften des Knoblauchs sowohl für das Gebiet als auch für die Wirtschaft von großer Bedeutung ist. Allerdings war die Produktion im Laufe der Zeit aufgrund von phytopathogenen, also pflanzenschädlichen Organismen im Boden schwankend. SQM unterstützte mit dem Programm Atacama Tierra Fértil eine Initiative, die den Knoblauchanbau fördert und die durch diese Mikroorganismen verursachten Schäden über einen gezielten landwirtschaftlichen Arbeitsplan minimiert.

Bewässerungszuleitung für Santiago de Rio Grande

Ferner hat sich das Unternehmen gemeinsam mit der Gemeinde dem ausbleibenden Niederschlag angenommen. Im Jahr 2021 wurden Maßnahmen ergriffen, um ein Bewässerungssystem einzurichten und Demonstrationsflächen für eine Alfalfa-Farm in der örtlichen Oasenamens Yerbas Buenas zu implementieren, der zur Gemeinde Santiago de Río Grande gehört. Das Projekt umfasst 30 Landwirte auf 30 Hektar, wobei aktuell 2 Hektar Alfalfa mit Sprinklern bewässert werden, um eine gleichmäßigere Bewässerung und somit Futter für die Tiere zu gewährleisten.

Diese Projekte ließen sich noch weiter ausführen und fallen je nach Gemeinde mal größer, mal kleiner aus. Dies hat uns aber vor Ort nachvollziehbar aufgezeigt, dass nur weil Unterstützung angeboten wird, nicht direkt alle Türen und Tore offen stehen. Klar wurde aber auch: Es wird auf beiden Seiten viel Wert auf Kommunikation, Transparenz und Austausch auf Augenhöhe gelegt.

Wir werden beobachtet...

Kritik bleibt dennoch nicht aus, im vorherigen Artikel “Lithium und die Bedeutung für Chile” wir dies bereits aufgegriffen und gehen aus diesem Grund hier nicht nochmal näher darauf ein. Nicht unerwähnt sollte jedoch der Wunsch und die Hoffnung der inidigenen Gemeinden bleiben, dass sich Albemarle, SQM und Corfo untereinander besser abstimmen, um einen noch größeren Mehrwert für die Gemeinden zu schaffen. Neben den Unternehmen, die im Lithium-Bereich tätig sind, wollen die indigenen Gemeinden hier auch die Betreiber von Kupferminen entsprechend mit einbinden, die ebenfalls im Norden Chiles aktiv sind.

... und aus der Nähe betrachtet

Unterwegs im Valle del Arcoiris

Etwas, was wir auch im Valle del Arcoiris – “dem Regenbogental” – erlebten, war der Stolz auf die Unabhängigkeit der Einwohner:innen vor Ort. Hier war der Kontrast der Einstellung der älteren gegenüber der jüngeren Bewohner:innen deutlich spürbarer als noch in Santiago de Rio Grande. In Gesprächen wurde uns auch entsprechend bestätigt, dass man sich zwar die Positionen der anderen Seite anhöre, aber die Fronten doch teilweise verhärtet sind.

Fahrt ins Valle del Arcoiris

Vor allem die ältere Generation will so weiterleben, wie man es bisher kennt, rein von der Natur vor Ort, ohne Abhängigkeit von den Einnahmen und dem Mehrwert aus den Lithium-Geschäften des Landes. Auf der anderen Seite sagt vor allem die jüngere Generation, dass man durchaus bereit ist, von einem gemeinsamen Win-Win-Ansatz zu profitieren, da man hier auch Chancen sieht, neue Wege in die eigene Zukunft zu beschreiten. Dies auf beiden Seiten gepaart mit einem gewissen Stolz, dass man die eigene Position nicht verlassen möchte, macht das Ganze nicht einfacher. Für die indigenen Gemeinschaften selbst wie auch die davon betroffenen Unternehmen und den Staat Chile.

Zufahrt zu einzelnem Haus im Valle del Arcoiris

Scheint eine Einigung innerhalb der indigenen Gemeinschaften gefunden, wird es dann nochmals verzwickt. Denn einige dieser Gemeinden fühlen sich im Zusammenspiel mit Unternehmen wie Albemarle und SQM nicht gesehen. Zu Beginn erwähnten wir, dass SQM bereits mit 21 Gemeinden zusammenarbeitet und diese Zusammenarbeit mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt ist. Hier spielen auch wirtschaftliche Faktoren eine Rolle, und das Unternehmen investiert entsprechend mehr Ressourcen in indigene Gemeinden, die näher am Einzugsgebiet des Salar de Atacama und dem Einflussgebiet von SQM angesiedelt sind.

PV-Anlage im Valle del Arcoiris

Was im Umkehrschluss allerdings nicht bedeutet, dass andere indigene Gemeinden außen vor sind und nicht auch vom Lithium-Abbau in der Salzwüste Chiles profitieren. Durch die Zahlung entsprechender Lizenzgebühren von Albemarle und SQM an Corfo sowie die daraus festgelegten Verteilungen an die Gemeinden bekommt jede Gemeinde einen Teil davon ab.

Dies hat zur Folge, dass man selbst im “Regenbogental” PV-Anlagen mitten im Nirgendwo vorfindet, die dabei helfen, die Stromversorgung und Bewässerung vor Ort sicherzustellen. Frischwasser für die Menschen vor Ort wird hier im festgelegten Rhythmus angeliefert, die Landwirtschaft kann aus Flüssen und Auffangbecken bewirtschaftet werden. Neben dem Anbau von Früchten und Gemüse werden in der dortigen Region auch vermehrt Nutztiere wie Schafe, Ziegen, Hühner, Alpakas, usw. gehalten.

Leben im Umfeld des Salar de Atacama
Elektroauto-News.net

Ebenso wie die Zurückhaltung zur Kooperation mit SQM zu spüren war, war für uns aber auch die Bereitschaft zur Zusammenarbeit spürbar. Das wird insbesondere ersichtlich, wenn die jeweiligen Personen(gruppen) selbst von den Auswirkungen betroffen sind.

Anbau von Gemüse und Obst im Valle del Arcoiris

So durften wir im Regenbogental eine Mutter kennenlernen, die durch die Aktivitäten SQMs im Bereich der Unterstützung von Gesundheitsprogrammen in der Lage ist, ihre Tochter zu Hause zu versorgen. Ohne eigenes Auto wären die Beiden voneinander abgeschnitten. Regelmäßige Besuche eines Arztes ermöglichen es dann aber, dass Mutter und Tochter beieinanderbleiben können. Für größere Behandlungen in der Stadt spanne man dann die Familie ein, um dorthin zu gelangen, wie die Mutter ausführt.

Hier kurz der Schwenk auf San Pedro, wo wir eine der vier mobilen Zahnkliniken besuchen und mehr über Kampagnen mit medizinischen Spezialisten für die indigenen Gemeinden erfahren durfen, welche einen greifbaren Mehrwert für die Menschen vor Ort bieten. Manchmal reicht für aus unserer Sicht etwas so simples wie ein Transporter mit Behandlungsmöglichkeiten aus, um einen deutlichen Unterschied zu machen.

Grüne Oase im Valle del Arcoiris

Chilenischer Hochgebirgswein aus Toconao

Trockene, hügelige Landschaft, viel Sand, einzelne Grünflächen und vor allem Sonne. So lässt sich fast jeder Fleck im Norden Chiles beschreiben, ganz einfach gesprochen. Es wirkt teilweise wie verlorenes Land. Und doch findet man dort auch viele ganz besondere Orte. Die vor allem wegen den Menschen und ihren Geschichten in Erinnerung bleiben.

So geschehen im Dorf Toconao, das 38 km südlich von San Pedro de Atacama in der gleichnamigen Provinz in der nördlichen Antofagasta-Region Chiles liegt. Es befindet sich auf einer Höhe von 2485 m über dem Meeresspiegel, nahe dem nordöstlichen Rand des Salar de Atacama, und hat mit dem Lithium-Abbau in der Salzwüste nicht viele Berührungspunkte. Mit SQM allerdings schon.

Eines von vielen "Staubecken" für Wasser, welches Gemeinden und Städten zugeführt wird.

Denn das dortige Projekt der Cooperativa de Viñateros de Altura Lickanantay – auf Deutsch: Weinbau-Genossenschaft Lickanantay – profitiert von der Zusammenarbeit mit den Agrarexperten des Unternehmens. Und zeigt für uns nachvollziehbar auf, wie dem Austausch der indigenen Gemeinschaften und SQM daran gelegen ist, die Abhängigkeit vom Lithium zu verringern und eigenständige Projekte an den Start zu bringen. Wie sonst könnte es möglich sein, 22 Genossenschaftsmitglieder aus den Gebieten San Pedro de Atacama, Zapar, Puques, Toconao und Socaire in einer Reihe von Weinbergen, die insgesamt mehr als 5 Hektar umfassen, zusammenzubringen, um an einem Strang zu ziehen?

Ziel der Genossenschaft ist es, gemeinsam Trauben anpflanzen, um eigenen Wein herzustellen. SQM hat dieses Projekt von Anfang an unterstützt mit einem gemeinsamen Plan, der von der Pflanzung und Bewässerung bis zur Entwicklung der Kellerei, Vermarktung und Kommerzialisierung reicht. Stets im gegenseitigen Austausch miteinander. Dass das Projekt sprichwörtlich Früchte getragen hat, zeigt sich in der Steigerung der Erträge. Von 10,7 Tonnen Weintrauben, die 2019 geerntet wurden, über 16,3 Tonnen im Jahr 2021 bis hin zu 22 Tonnen im Jahr 2022. Wobei 77 Prozent rote Trauben-und 23 Prozent weiße und Rosésorten in den verschiedenen Sektoren angebaut wurden. Die bisherige Krönung des Projektes war die im Jahr 2022 verliehene Goldmedaille für den Rosé-Spätlesewein der Genossenschaft bei dem wichtigsten lateinamerikanischen Wettbewerb, den Catad’Or World Wine Awards.

Vor Ort wurde uns dieses Gemeinschaftsprojekt noch näher erläutert und relevante Details aufgezeigt. Dabei sind es die Kleinigkeiten, die den Unterschied ausmachen. Sei es die Grundlagenschaffung durch Vorträge wie “Ländliches Genossenschaftswesen als Entwicklungschance” oder die eher praktischen Ansätze, die vermittelt werden, wie der korrekte Reben- und Obstbaumschnitt. Aber auch die korrekte Bewässerung.

Hier wachsen Trauben für chilenischen Hochgebirgswein aus Toconao

Da Wasser, gerade in Verbindung mit Lithium, immer ein Thema ist, aber natürlich auch in Chile beziehungsweise im trocknen Norden Chiles allgemein eine Rolle spielt, war es für uns interessant zu sehen, wie man in einer solchen Umgebung und unter trockenen Bedingungen Wein anbauen kann. Hier wurde uns erläutert, dass über das städtische Kanalsystem im 14-tägigen Rhythmus Wasserbecken für den Weinbau gefüllt werden. Aus diesen werden über ein durchdachtes Tropfenbewässerungssystem in regelmäßigen Abständen die Reben gegossen. Das System selbst wird durch die Kraft der Sonne – PV-Anlage mit Batteriespeicher – mit Energie versorgt. Und ist somit in der Lage, die Weinreben rund um die Uhr zu befeuchten. Dies verringert zum einem die Arbeit für die Winzer:innen vor Ort, sorgt aber vor allem dafür, dass die Reben besonders wassersparend und dennoch ausreichend gegossen werden.

Wasserrückhaltebecken für Bewässerungsanlage und Häuschen mit Steueranlage

Erwähnen möchten wir auch noch eine Situation vor Ort, die uns im Rahmen der Stories of Salar de Atacama immer im Gedächtnis bleiben wird. Und uns immer noch zum Schmunzeln bringt.

Denn noch bevor wir auf offiziellem Weg in Kontakt mit den Winzer:innen kamen, waren sie es, die uns und unseren Fahrer aus sandigem Untergrund befreit haben. Denn so ganz unterschätzen sollte man die kleinen Schleichwege vor Ort nicht, die sandiger und damit unbefahrbarer sein können, als man es von offiziellen Straßen und Wegen gewohnt ist. Diese Erfahrung durften wir selbst machen, als wir ein wenig weitergefahren sind als notwendig und unser Auto plötzlich feststeckte. Mit der Hilfe von zwei Winzern konnten wir uns dann aber innerhalb von gut dreißig Minuten wieder in Richtung feste Straße befreien. Entsprechend außer Puste und auch ein wenig verschwitzt, war es dann ein kühles Bier, das uns wieder Energie eingeflößt und zumindest ein wenig abgekühlt hat.

Indigene Gemeinden und SQM - ein Geflecht der besonderen Art

Einzigartig wie unser Erlebnis abseits festgefahrener Pfade ist auch das Verhältnis zwischen den indigenen Gemeinden und Unternehmen wie SQM. Irgendwo zwischen Natur und Industrie versuchen beide Seiten, zueinander zu finden, Kompromisse einzugehen und von- sowie miteinander zu lernen. Mit dem Ziel, dass am Ende beide Seiten profitieren.

In diesem Zusammenhang wäre es einfach anzunehmen, dass “nur” die indigenen Gemeinden von SQM profitieren. Und dass es ihnen mit der Lithiumproduktion besser geht als ohne. Aber so einfach ist es eben nicht. Es bestehen Abhängigkeitsverhältnisse und darin wiederum unterschiedlichste Meinungen, die aufeinandertreffen. Auch der bereits erwähnte Konflikt junger und älterer Generationen, selbst innerhalb der Gemeinschaften, macht das Spannungsgeflecht deutlich.

Grüne Oasen mit Blick auf Santiago de Rio Grande

Bringt man dann noch den Staat Chile mit ein, wie wir es in vorherigen Artikeln der Stories of Salar de Atacama erläutert haben, wird es noch verflochtener. Und von außen betrachtet dann kaum noch zu durchschauen.

Insofern ist es wichtig zu versuchen, das große Ganze zu betrachten, wobei hier jede Seite gehört werden muss. Dies gelingt SQM aus unserer Sicht ganz gut, da man versucht Hand in Hand zu arbeiten sowie Projekte abseits des reinen Lithium-Abbaus zu unterstützen, um die Abhängigkeit der Gemeinschaften zu verringern. Nicht immer wird dies in Gänze zufriedenstellend sein. Aber in diesem Zusammenhang gilt es dann auch, sich zum Dialog zu verpflichten, der hoffentlich zu mehr Kompromissbereitschaft auf Unternehmens- wie auf Gemeinschaftsseite führen kann.

Du merkst selbst: Es ist schwierig für uns in diesem verworrenen Geflecht aus indigenen Gemeinden, SQM und dem Staat Chile, eine ganz klare Einordnung dieses Schwerpunkts zu treffen. Dafür war eine Woche in Chile zu kurz. Wir haben aber versucht – und meinen, es ist uns auch gelungen –, mit dieser Geschichte aus dem Salar de Atacama etwas mehr hinter die Kulissen zu blicken, als es bisher in anderen Medien der Fall war.

Dabei ist es wie ein wenig mit der Elektromobilität selbst: Auch Elektroautos als Alternative zu Verbrennern sind nicht DER nachhaltige und klimafreundliche Heilsbringer schlechthin für unsere Mobilität. Denn auch diese bringen sowohl positive als auch negative Aspekte mit sich. Auch E-Autos verursachen – solange die Welt noch nicht komplett auf erneuerbare Energien umgeschwenkt hat – CO₂ in der Produktion und im Betrieb, und auch für E-Autos müssen Ressourcen abgebaut und irgendwo auf der Welt die Erde ausgebuddelt werden, bevor das Potenzial zur Kreislaufwirtschaft durch Recycling von Batteriematerialien erreicht werden kann.

Jedoch gilt es gerade dann das große Ganze im Blick zu haben, unterschiedlichste Interessen hören und berücksichtigen, Vor- und Nachteile gegeneinander aufwiegen – und sich letztendlich für oder gegen eine Sache entscheiden.

Arbeiten im Salar de Atacama

In diesem dritten Teil der Stories of Atacama hast du einen Überblick darüber erhalten, wie die Menschen im Umfeld des Salar de Atacama arbeiten und leben. Im nächsten Teil gehen wir darauf ein, wie sich die Arbeit bei SQM im Salar de Atacama gestaltet und wie Lithium eigentlich gewonnen wird. Hierfür waren wir direkt in der Salzwüste unterwegs und sind dann nach Antofagasta weitergereist, um dort die industrielle Verarbeitung vor Ort zu betrachten. Dieser Artikel erscheint in Kürze. Bis dahin kannst du dich in unserem Lithium-Hub umfassend über das Thema Lithium informieren.

Solltest du weitere, spezifische Themen und Anregungen haben, mit denen wir uns im Rahmen der Artikelserie auseinandersetzen sollen, dann nutze hierfür gerne die Kommentarfunktion und/ oder unser Kontaktformular auf unserer Webseite.

Die "Stories of Salar de Atacama" sind mit Unterstützung von Sociedad Química y Minera (SQM) entstanden. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf unsere hier geschriebene ehrliche Meinung.

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