Auf langen Fahrten mit herkömmlichen Autos ist ein leerer Tank in der Regel kein großes Problem. Doch wie verhält es sich mit Elektroautos? Durch begrenzte Reichweiten und eine noch nicht vollständig ausgebaute Ladeinfrastruktur hat sich seit der Anfangszeit der Elektromobilität ein hartnäckiges Vorurteil in Deutschland etabliert, das Elektroautos die Tauglichkeit für Langstreckenfahrten abspricht. Deshalb arbeiten Hersteller und Politik daran, die Reichweite von Elektroautos zu erhöhen und die Anzahl sowie Dichte der Ladestationen zu verbessern.
Eine gut durchdachte Ladeplanung hilft zudem, lange Wartezeiten zu vermeiden, die Reichweite zu erweitern und die Ladeinfrastruktur effizient zu nutzen. Sie ist daher essenziell, um zeitsparend und sorgenfrei mit dem Elektroauto unterwegs zu sein. Hier folgt ein Ãœberblick dazu, wie das gelingt und worauf man achten sollte.
Was gehört zur Ladeplanung?
Um Fahrten mit Elektroautos zu planen und das Laden möglichst effizient zu gestalten, müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, denn bei der Auswahl der Ladesäule gibt es einiges zu beachten.
Der richtige Stecker
Elektroautos können zu Hause, am Arbeitsplatz oder an öffentlichen Ladestationen geladen werden. Dabei gibt es verschiedene Ladesäulen, die sich in Steckertyp und Ladeleistung unterscheiden. Das Steckerwirrwarr der Anfangszeit hat sich mittlerweile gelöst, in Europa haben sich Typ 2 fürs AC-Laden und sein fürs flotte DC-Laden um zwei Steckpunkte erweiterter Ableger CCS durchgesetzt. Den japanischen ChaDeMo-Stecker, der zur Anfangszeit noch weit verbreitet war, findet man nur noch in älteren Modellen sowie einem kleineren Teil der Ladesäulen.
Die Länge der Wartezeit
Vor allem auf langen Reisen mit Elektroautos ist die Wartezeit von großer Bedeutung. Theoretisch können Elektroautos über herkömmliche Steckdosen geladen werden, die leicht verfügbar sind, jedoch ist dieser Prozess sehr langsam und die Steckdosen können überhitzen, sofern sie nicht für einen längeren Strombezug mit hoher Leistung ausgelegt sind, was bei älteren Leitungen der Fall sein kann.
Daher gibt es wesentlich effizientere und sicherere Wallboxen sowie Schnellladestationen. Letztere sind vor allem für das Laden auf Langstrecken notwendig, da sie in kurzer Zeit viel Reichweite ermöglichen, während normale AC-Ladesäulen mehrere Stunden in Anspruch nehmen können. Das Schnellladen dürfte in Zukunft nur noch ähnlich viel Zeit in Anspruch nehmen, wie das Volltanken eines Autos mit Verbrennungsmotor. BYD und CATL entwickeln bereits das 6C-Schnellladen, bei dem der Akku innerhalb von 10 Minuten vollgeladen werden kann.
Können längere Pausen in Kauf genommen werden, dann ist langsameres Laden mit Wechselstrom sinnvoll, um den Akku zu schonen. Bei kurzen Zwischenstopps wiederum ist das Schnellladen mit Gleichstrom gefragt oder gegebenenfalls sogar ein Batteriewechsel. Dieser Service dauert nur wenige Minuten und wird in Deutschland beispielsweise vom chinesischen Unternehmen Nio angeboten, dessen Netz an Wechselstationen hierzulande jedoch noch nicht so umfangreich ausgebaut ist wie in China. Im März 2024 hatte Nio in Deutschland 14 Tauschstationen in Betrieb und drei weitere waren im Bau.
Bei der Länge der Wartezeit spielt auch die Kompatibilität der Ladeleistung eine Rolle, weshalb die Ladestation zur maximalen Ladeleistung des eigenen Elektroautos passen sollte. Es ist entscheidend, was die geringere Ladeleistung hat: Elektroauto oder Ladesäule. Ist die Ladeleistung der Säule geringer, ist diese ausschlaggebend und das Elektroauto lädt langsamer als nötig. Ist die Ladeleistung der Säule höher als die des Fahrzeugmodells, dann ist das Auto ausschlaggebend und die hohe Ladeleistung der Ladesäule kann nicht vollständig genutzt werden.
Zudem wirken sich hohe oder niedrige Temperaturen auf die Geschwindigkeit des Ladeprozesses aus und können selbst bei kompatiblen Ladeleistungen die Geschwindigkeit drosseln.
State of Health (SoH) des Akkus
Bei der Ladeplanung sollte die Ladesäule nicht nur unter Berücksichtigung der Wartezeit, sondern auch des Gesundheitszustands der Batterie gewählt werden. Wie bereits erwähnt, ist das langsame Laden schonender für den Elektroauto-Akku, während häufiges Schnellladen dafür sorgen könnte, dass die Kapazität nachlässt und das Elektroauto damit an Reichweite verliert. Langfrist-Analysen zufolge fällt der Verschleiß allerdings deutlich weniger stark aus, als viele meinen möchten.
Kosten beim Laden
Neben dem Steckertyp, der Wartezeit und dem SoH spielen bei der Wahl der Ladestation weitere Faktoren eine Rolle und sollten in Betracht gezogen werden, beispielsweise die entstehenden Kosten.
Während das Laden an der eigenen Wallbox mitunter dank Überschussladen in Kombination mit Photovoltaik-Anlage sogar kostenlos sein kann, sind Ladekosten am öffentlichen Netz von den Preisen der Anbieter abhängig und können stark variieren, von etwa 40 Cent bis mehr als das doppelte. Ein Batteriewechsel hingegen ist bei Nio nur mit monatlichem Abo möglich.
Tipps für eine effiziente Ladeplanung
Die Ladevorgänge auf längeren Fahrten mit Elektroautos können entweder selbst geplant oder durch Navigationssysteme mit automatisierter Ladeplanung vorgegeben werden.
Manuelle Ladeplanung
Die Ladeplanung selbst vorzunehmen, eignet sich vor allem für Nutzer:innen, die kurze Strecken oder dieselben Strecken regelmäßig fahren und sich entsprechend mit der lokalen Infrastruktur auskennen oder auskennen möchten. Neben Lademöglichkeiten zu Hause oder auf Arbeit können dann mitunter auch öffentliche Ladestationen genutzt werden.
Um die Streckenabschnitte vorab zu planen ist es ratsam, mit dem Realverbrauch des eigenen Autos zu berechnen, wie weit die Strecken zwischen den Ladestationen maximal sein können. Um die Reichweite zu optimieren, die Batterie zu schonen sowie die Anzahl der Ladepausen zu verringern, tragen unter anderem ein vorausschauender Fahrstil, die Nutzung der Rekuperation sowie eine angepasste Geschwindigkeit bei.
Anschließend lassen sich Ladestationen entlang der Strecke ganz einfach finden, beispielsweise über die Ladesäulenkarte der Bundesnetzagentur. Die interaktive Karte von Lemnet zeigt darüber hinaus europaweite Ladesäulen und auf Abfrage sogar, ob diese frei oder belegt sind. Diese Informationen liefern in Echtzeit auch Apps verschiedener Anbieter.
Automatisierte Ladeplanung
Vor allem bei längeren Fahrten auf neuen Strecken helfen spezielle Apps und die in den Autos verbauten Navigationssysteme dabei, Ladestationen zu finden und die Routenplanung zu optimieren. Sie können Echtzeitdaten zu Ladestationen anzeigen sowie Reservierung und Abrechnungen vornehmen. Integrierte Navigationssysteme vieler Elektroautos berechnen auf Basis des aktuellen Batteriestands die besten Ladepunkte entlang der Route.
Da die modernen Elektroautos den Akkustand sowie den voraussichtlichen Verbrauch gut im Voraus berechnen können, fällt die automatisierte Ladeplanung besonders einfach und bequem aus. Dabei können auch zusätzliche Einstellungen vorgenommen werden, wie der gewünschte minimale Batterieladestand bei der Ankunft an einer Ladestation oder am Zielort.
Die Zukunft der Ladeplanung
Innerhalb der Energiewende und der Welt der Elektromobilität ist die automatisierte Ladeplanung ein Teil von vielen, der dazu beiträgt, das Nutzungserlebnis von Elektroautos möglichst alltagstauglich und bequem zu gestalten. Dieser Prozess geht Hand in Hand mit der Weiterentwicklung der Batterien sowie dem Ausbau der Ladeinfrastruktur.
Indem Navigationssysteme automatische Routen mit Ladestopps vorschlagen können, die auf vorausschauenden Berechnungen basieren und intelligent mit der Ladeinfrastruktur verbunden sind, ist die Navigation und Nutzung von Elektroautos auf Langstrecken einfacher denn je. Damit dürfte Elektromobilität weiter an Beliebtheit gewinnen, denn nur, wenn die Nutzung dem herkömmlichen Auto in nichts nachsteht, kann sich die elektrische Mobilitätswende weiter durchsetzen.
Quellen: Nio – Pressemitteilung vom 04.04.2024 /Â Nio – Battery-as-a-Service (BaaS) / ElecTrip – So geht Ladeplanung / Autobild – So gelingt die Urlaubsreise mit dem Elektroauto / Shell – E-Auto laden: Kosten, Strompreise und Abrechnungsmodelle im Ãœberblick / EnBW – Die Ladeleistung eines ElektroautosÂ