Während in Europa oder den USA der große automobile Realismus eingezogen ist, sieht das in Japan ganz anders aus. Die Japan Mobility Show zeigt, dass die Asiaten sich in einem treu bleiben: anders zu sein. Die Studien machen Lust auf eine elektrische Zukunft.
Der polarisierende Breitbau auf dem Messestand von Nissan sorgt für mächtig Eindruck bei den Messebesuchern der ersten Japan Mobility Show. Seit Jahren bleibt die Renault-Schwester die Neuauflage des betagten Sportwagens GT-R schuldig. Zu sehen gibt es in Tokio wieder einmal keinen direkten Nachfolger, sondern die visionäre Studie des Hyper Force – ein Elektro-Bolide zum Fürchten. Er ist die Nummer fünf der prägnanten Hyper-Familie – spektakulärer ist kein anderes Auto auf der Messe. Ein Serieneinsatz? Nicht absehbar.
„Alle fünf neuen Konzeptmodelle symbolisieren eine zukunftsweisende Entwicklung und verkörpern gleichzeitig unseren Spirit, etwas zu wagen, was andere nicht tun“, sagt Makoto Uchida, Präsident und CEO von Nissan. „Wir treiben die Entwicklung von Elektroautos voran und gehen über die reine Mobilität hinaus, um eine nachhaltigere Welt zu schaffen.“ Gewaltige Spoiler und Allradantrieb sollen dafür sorgen, dass die bis zu 1000 kW / 1360 PS des Elektromonsters auf die Straße gebracht werden – wann und wie auch immer dieser Realität wird. Träumen ist auf der Japan Mobility Show ausdrücklich erwünscht. Das belegen auch am Nissan-Stand zwei andere Hyper-Modelle, der Hyper Punk und der Hyper Tourer – beide fernab aller Realitäten.
Mazda hat sich nicht allein der Elektromobilität verschrieben, zeigt diesmal den nur marginal aufgefrischten Verbrenner-MX-5 und den elektrischen Iconic SP – leider ebenfalls nur eine Studie, die man schwer einschätzen kann. Ist das nun der legitime Nachfolger des RX-8 oder gibt der Elektrosportler mit Range-Extender in Form eines Kreiskolbenmotors doch einen zarten Ausblick auf den kommenden Mazda MX-5 – vielleicht gleichermaßen offen wie geschlossen zu bekommen? Die Leistungsdaten sind nicht mit denen des Nissan Monsters zu vergleichen, machen aber allemal Hoffnung auf viel Dynamik: 272 kW / 370 PS bei einem Gewicht von knapp 1,5 Tonnen und einer Länge von 4,18 Metern.
„Wir lieben den MX-5, die Welt liebt den MX-5, und wir wollen die Freude am Fahren, die dieses Modell verkörpert, auch im Zeitalter der Elektrifizierung am Leben halten“, sagt Mazda-CEO Masahiro, „der EV-Antriebsstrang des MAZDA ICONIC SP mit seinem Zweischeiben-Kreiskolbenmotor, der einen Generator antreibt, ist unsere Traumlösung. Ein Traum, für dessen Verwirklichung wir hart arbeiten werden. Mazda wird immer Fahrzeuge bauen, die die Menschen daran erinnern, dass Autos pure Freude bringen und ein unverzichtbarer Teil ihres Lebens sind.“
Dabei sind die automobilen Traumwelten nicht mehr ganz so abgefahren wie in den 1990er oder frühen 2000er-Jahren, als die einstige Tokio Motorshow noch eine echte Automesse war. Doch so wenig interessante Serienfahrzeuge sich auch im Messezentrum Tokyo Big Sight präsentieren, die Studien machen jede Menge guter Laune. Das gilt gleichermaßen für die beiden elektrischen Lexus-Visionen LF-ZL als 5,30 Meter lange Luxuslimousine oder den 4,75 Meter langen Crossover LF-ZC. Der edle Toyota-Ableger will in den kommenden Jahren schrittweise elektrisch werden, um gegen die Konkurrenz aus Europa und den USA zu bestehen.
Realitätsnäher präsentiert sich mit dem eVX das erste elektrische Volumenmodell von Suzuki. Doch technische Details bleiben außerhalb so rudimentärer Informationen wie Allradantrieb und eine Reichweite von rund 500 Kilometern bis zum nächsten Ladestopp weiterhin geheim. Der Serienstart ebenso. Auch Subaru will sich mit konturscharfen Modellen wieder mehr in Szene setzen – zukünftig auch elektrisch.
Während das dem Subaru Air Mobility Concept als Velokopter wohl eher ein Wunschtraum der Wolken ist, soll das Sport Mobility Concept einen realen Ausblick auf ein elektrisches Sportcoupé geben – der Impreza WRX lässt grüßen. Ebenfalls elektrisch und leider noch Zukunftsmusik ist der höchst unterschiedliche Doppelpack aus Toyota FT-3e und FT-Se, die auf gleicher Plattform unterwegs zum mittelfristigen Kundeneinsatz sind. Das sind Toyota Land Cruiser Se und der Pick-Up EPU schon näher an der Serie – jeweils elektrisch und allemal sehenswert – für höchst unterschiedliche Aufgaben. Träumen können sie eben, die Japaner – und mittlerweile sogar weitgehend elektrisch.