Einige konservative politische Kräfte verkünden seit Wochen, das Verbrenner-Aus in der Europäischen Union – häufig auch die Tatsachen verkennend als “Verbrenner-Verbot” bezeichnet – kippen zu wollen. Davon sowie von einigen Boulevard-Medien in die Irre geführt, glauben vor allem in Deutschland offenbar viele inzwischen, dass Elektroautos nur eine Modeerscheinung seien, die bald wieder verschwinden werde. Doch dies ist mitnichten so, weil es inzwischen bereits eine Vielzahl an politischen Vorgaben gibt, die auch indirekt den Hochlauf der Elektromobilität vorantreiben werden.
Darauf hat während der Messe Power2Drive in München nun Andreas Varesi als geschäftsführender Vorsitzender des Bundesverbands Beratung neue Mobilität e.V. (BBNM) hingewiesen, wo er einen Workshop zu den politischen Rahmenbedingungen leitete. Treibende Kraft werde demnach in den kommenden Jahren die Flottendekarbonisierung sein. Allen voran seien dabei die für immer mehr Unternehmen geltende und zunehmend detaillierte Nachhaltigkeits-Berichtspflicht (CSRD) sowie das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) als Faktoren für eine deutlich zunehmende Elektrifizierung zu nennen. “Daran ändern auch Tagträumereien über E-Fuels und HVO als vermeintliche Alternativen nichts”, stellt der Verband bissig fest.
„Auch wenn beide Gesetze keine Vorgaben bezüglich E-Fahrzeugen machen, zwingen sie große und energieintensive Firmen, ihren CO2-Ausstoß massiv zu reduzieren“, erläuterte Varesi. Da dies bei der Unternehmensflotte meist wesentlich unkritischer sei, als in laufende Produktionsprozesse einzugreifen, ist daher aus Sicht des BBNM mit einer raschen Elektrifizierung von Firmenfuhrparks zu rechnen.
Gute Aussichten für den Gebrauchtwagenmarkt?
Im kommenden Jahr 2025 müssen laut BBNM Schätzungen zufolge allein in Deutschland bis zu 17.000 Firmen aktiv werden. 2026 kommen noch viel mehr kleinere Unternehmen hinzu. Es sei also eindeutig absehbar, dass spätestens ab dem kommenden Jahr die gewerblichen Bemühungen um das Errichten von Ladeinfrastruktur sowie die Elektrifizierung der Flotte neue Fahrt aufnehmen werden. „Selbst wenn wir im Durchschnitt lediglich mit 100 Fahrzeugen rechnen, die pro Großunternehmen auf E-Mobilität umgestellt werden, bedeutet das im kommenden Jahr 1,7 Millionen neue Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen“, rechnet Varesi hoch.
2026 dürfte sich Varesi zufolge dieser Effekt noch einmal deutlich verstärken. “Und spätestens wenn all diese gewerblichen Fahrzeuge den Gebrauchtwagenmarkt erreichen, gibt es auch die langersehnten günstigen E-Autos für die breite Masse”, ist man seitens des BBNM überzeugt.
Im Workshop benannte der BBNM-Vorstand noch einen weiteren Faktor, der vor allem für Logistiker eine große Rolle spielen werde. Denn bei der Lkw-Maut spielt künftig der CO2-Ausstoß eine zunehmende Bedeutung, was die sogenannte Total Cost of Ownership der Fahrzeuge – also die Kosten über die gesamte Nutzdauer betrachtet – deutlich zugunsten von Elektro-Lkw verschiebe.
Kaum ist die Europawahl Vergangenheit, scheinen auch einige konservative Politiker wieder die Notwendigkeit der Elektromobilität anzuerkennen. So loben Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU) plötzlich öffentlich Medienberichten zufolge die Vorzüge ihrer privat genutzten Elektroautos, und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat plötzlich sogar seine Liebe zu Wärmepumpen entdeckt, gegen die er vor einem Jahr noch laut wetterte. Es scheint so, als würden abseits des Wahlkampfes doch weitaus mehr demokratische Politiker anerkennen, dass Verkehrs- und Wärmewende zwingend notwendig und inzwischen (zumindest nicht ohne immensen Schaden) unumkehrbar sind.
Quelle: Bundesverband Beratung neue Mobilität – Pressemitteilung vom 21. Juni 2024
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