Wissenschaftler haben eine mögliche neue Lithium-Quelle entdeckt. Wobei Quelle im fast wortwörtlichen Sinn verstanden werden darf. Wie die Automobilwoche berichtet, könnte Grubenwasser aus ehemaligen Bergbauwerken über ausreichend Anteile an gelöstem Lithium verfügen, so dass sich dessen Aufbereitung finanziell rechnen könnte. Im Ruhrgebiet müssen jeden Tag tausende Kubikmeter Wasser aus stillgelegten Bergwerken gepumpt und in Flüsse geleitet werden, da sich das belastete Wasser aus Kohlegruben aus gesundheitlichen Gründen nicht mit Trinkwasser vermischen darf. Den Bergbaukonzern RAG koste diese Maßnahme rund 290 Millionen Euro pro Jahr.
Volker Presser, Professor am Leibniz-Institut für neue Materialien in Saarbrücken, ist der Meinung, dass der Problemfall Grubenwasser zu einem lohnenswerten Lieferanten für gefragte Rohstoffe mutieren kann. „Unser Ansatz ist, Grubenwasser als Ewigkeitschance zu verstehen und durch innovative Technologie als Wertwasser nutzbar zu machen“, erklärt Presser. Zwar seien in einem Liter Grubenwasser nur gut 20 Milligramm Lithium enthalten. Wegen der Unmengen an Wasser jedoch, die aus den Gruben gepumpt werden müssen, soll die Menge an gewinnbarem Lithium bei schätzungsweise 1900 Tonnen pro Jahr liegen. Kurz gegengerechnet mit dem aktuellen Preis für eine Tonne Lithium in Höhe von gut 5500 Euro könnten mit dieser Menge des Rohstoffs, ein wichtiges Material für Lithium-Ionen-Batterien, mehr als zehn Millionen Euro eingenommen werden. Die RAG könnte so die dauerhaften Folgekosten des Steinkohlebergbaus etwas verringern.
Zu den Kosten für die Gewinnung von Lithium aus Grubenwasser können die Forscher allerdings noch keine Angaben machen. „Das Projekt hat jetzt gerade begonnen – in zwei Jahren werden wir mehr über optimale Elektrodenmaterialien und Prozessparameter aussagen können“, erklärt Presser. Um den Rohstoff aus dem Wasser zu ziehen, ist ein aufwändig klingender Prozess nötig: Grubenwasser muss zunächst eine Zelle mit zwei Elektroden mit unterschiedlicher Polarität durchlaufen. So verbleiben Lithium- und Chlor-Ionen in der Zelle, während alle anderen Stoffe wieder mit dem Grubenwasser ablaufen. Beim anschließenden Durchlauf mit Frischwasser lösen sich Lithium und Chlor wieder in Form von Lithiumchlorid ein. Dieser Vorgang muss mehrmals wiederholt werden, bevor das Wasser verdunstet und Lithiumchlorid in fester Form gewonnen werden kann. Danach muss Lithiumchlorid weiter aufbereitet werden, um Lithiumkarbonat zu erhalten.
Auch Michael Schmidt von der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) ist sich noch nicht sicher, ob sich der Aufwand für eine derartige Lithium-Gewinnung in Deutschland lohnen kann. Lithium sei kein geologisch knapper Rohstoff, bis etwa 2024 sei „nicht mit großen Defiziten“ zu rechnen. Mit dem erwarteten Hochlauf der Elektromobilität könnte Lithium etwa ab 2025 auch wieder knapper und somit auch teurer werden. „Dann kann so etwas Sinn machen“, so Schmidt.
Quelle: Automobilwoche – Rohstoff für Batteriezellen: Grubenwasser soll zum Lithiumlieferanten werden