Zu Besuch in der Gläserne Manufaktur Dresden

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Elektroauto-News.net

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 7 min

Die Gläserne Manufaktur Dresden ist für den VW Konzern weit mehr als ein weiteres Produktionswerk, welches seinen Teil zum täglichen Produktionsvolumen der Marke Volkswagen beiträgt. Ursprünglich für den VW Phaeton erbaut und in Betrieb genommen, fungiert die Gläserne Manufaktur in Dresden mit dem Produktionsstart des VW ID.3 als „Home of ID.“. Und eben diese Heimat der ID.-Familie haben wir uns genauer angesehen.

Gläserne Manufaktur Dresden: Schaufenster eines Transformationsprozess

Neben der Wolfsburger Autostadt hat sich die Gläserne Manufaktur in der Innenstadt von Dresden zum zweiten Auslieferungsstandort für E-Autos entwickelt. Mittlerweile laufen hier 38 ID.3 pro Tag vom Band. Im Einschichtbetrieb wohlgemerkt und mit viel Handarbeit von Seiten der Werker, als auch der Besucher vor Ort. Denn diese können im Rahmen verschiedener Führung gar selbst Hand anlegen. Wenn sie den möchten.

Die Manufaktur sieht VW als ein Schaufenster für den aktuellen Transformationsprozess in der Automobilindustrie und als ein Aushängeschild für Technologie aus Sachsen. Man könnte den Standort mit 340 Beschäftigten (Stand 12/2021) als Leuchtturm der Marke VW bezeichnen. Ein Leuchtturm, welcher den Weg hin zu einem ganzheitlichen Erlebnis auf der Reise hin zur Elektromobilität weißt.

36 Ladepunkte erlauben E-Autos aus vor Ort gewonnener Energie zu laden

Dies fällt bereits positiv auf, wenn man auf den Parkplatz der Gläsernen Manufaktur Dresden fährt. Dort findet man derzeit Dresdens größte öffentliche und teils solarbetriebene e-Mobility-Station vor. Seit 2017 ist diese in Betrieb und ermöglicht unter anderen den Besuchern der Gläsernen Manufaktur das Laden des eigenen E-Autos. 36 Ladepunkte stehen zur Verfügung. Bei den Ladesäulen handelt es um je fünf AC- sowie DC-Ladepunkte mit 22 kW sowie 22 AC-Ladepunkte mit 11 kW. Zudem befinden sich zwei DC-Schnell-Lader mit 50 kW an der e-Mobility-Station der Manufaktur.

Bereits erwähnt entstammt der Strom zum Laden des eigenen E-Autos sechs jeweils 22 Quadratmeter großen Photovoltaik-Paneels (25 kWp Leistung). Diese stehen prominent auf den Wiesen vor der Gläsernen Manufaktur. Sollte die Nachfrage zum Laden der E-Autos eher gering ausfallen, wird die überschüssige Energie in einer langlebigen Batterie (Redox-Flow Akkumulator) mit einer Kapazität von 130 kWh zwischengespeichert beziehungsweise ins Werksnetz der Gläsernen Manufaktur eingespeist. Allein dieses Beispiel gibt einen guten Blick darauf frei wie nachhaltig man dort denkt. Doch damit hört es nicht auf, wie wir noch aufzeigen werden.

Startpunkt in das Abenteuer E-Mobilität – Bei Abholung oder Führung

Treten wir nun vom Parkplatz in die Gläserne Manufaktur. Dort wird man nicht nur von einem 40 Meter hohen Glasturm mit einer Vielzahl von Fahrzeugen begrüßt – der das ganze Werk in der Höhe überragt – sondern auch vom VW-Personal am Empfang. Von hier aus kann man sich entweder zur Abholung seines Stromers oder für eine Tour durch das Werk anmelden. Derzeit werden aus der Gläsernen Manufaktur heraus unter anderem folgende Fahrzeuge ausgeliefert: ID.3, ID.4, ID.5, e-Up!, …

Steht bei der Abholung recht schnell fest worauf der Fokus liegt, ist dies bei den Touren durch die Gläserne Manufaktur in Dresden anders. Hier bestimmt man als Teilnehmer eines solchen Rundgangs den Schwerpunkt selbst. Ob geführter Rundgang, Mitmach-Erlebnis bei der ID.3-Fertigung, Kids-Tour oder eine Tour mit Fokus auf Nachhaltigkeit stehen zur Auswahl. Durch die unterschiedliche Schwerpunkt-Setzung findet man sicherlich das für sich passende Angebot.

Volkswagen

Entschieden haben wir uns für die 45 minütige Tour durch die Fertigung- und Erlebniswelt von VW. Da man hier die verschiedenen Facetten des Standortes Dresden recht kompakt präsentiert bekommt. Von Produktionsthemen, über neue Produkte bis hin zur Zukunft der Mobilität werden Einblicke Preis gegeben, auf eine unterhaltsame, informative Art, die auch E-Mobilitätsneulingen den Einstieg einfach macht.

Gläserne Manufaktur Dresden Führung: Vom weiten Überblick bis in kleinste Details

Beginnend mit einem generellen Überblick über die E-Mobilitätsstrategie der Marke, über die Betrachtung von der Entwicklung Concept Car hin zum ID.3 wie man ihn heute auf der Straße sieht, bis hin zu einem Ausblick auf kommende Modelle und Technologien, bekommt man einen kompakten Überblick geboten. Dieser Ansatz, wenn nun auch auf E-Mobilität ausgerichtet, war von Beginn an für die Gläserne Manufaktur in Dresden so erdacht.

Volkswagen

14 Jahre lang wurde das damalige Flaggschiff der Marke, der VW Phaeton in Handarbeit gefertigt. Bevor 2017 eine Neuausrichtung erfolgte und fortan bis Dezember 2020 der e-Golf vom Band lief. Damit wurde die Gläserne Manufaktur zum ersten Standort des VW Konzerns der voll auf E-Mobilität ausgerichtet wurde. Im Januar 2021 begann dort die Fertigung des VW ID.3 im Einschichtbetrieb. Im Gesamtjahr 2021 verließen dort 4.332 ID.3 das Werk. Mittlerweile ist man deutlich über den Punkt eines reinen Produktionswerks hinausgetreten und hat mit dem „Home of ID.“ eine Erlebniswelt der E-Mobilität geschaffen.

Themen wie Elektromobilität und Digitalisierung, als auch Veränderung in der Arbeitswelt werden dort greifbar, wie wir bei unserer Tour sehen konnten. Komplexe Arbeitsschritte bei Montage und Logistik profitieren aus dem Zusammenspiel von Mensch und Technik. Wobei VW nicht nur betont, sondern dies auch durch seine Prozesse lebt, dass der Mensch als solcher an erster Stelle steht. Die Technik an sich die Arbeit nur vereinfacht. Dabei ist es spannend zu sehen, dass konkrete Entwicklungen und Anwendungen neuer Technologien in Dresden in realen Serienprozessen erprobt und dann ins gesamte Unternehmen hineingetragen werden. Insofern diese sich als positiv erweisen.

Wer schon einmal eine Produktionsführung bei einem Verbrenner mitmachen konnte und nun auf den Aufbau eines Stromers blickt, der sieht wie viel weniger Teile tatsächlich in einem solchen verbaut werden. Auf den selbstfahrende Regale mit Bauteilen sieht man gefühlt mehr Freifläche als Teile. Was eine entsprechende Komplexität beim Zusammen- / Aufbau der Fahrzeuge mit sich bringt.

Volkswagen

Vor Ort kann man nicht nur die „Hochzeit“ von Karosserie und MEB-Plattform live miterleben, sondern lernt auch noch einiges über Lithium-Ionen-Batterien, den Plattform-Gedanken VWs sowie die Tatsache, dass man auch Schulklassen und Studenten Zugang zu „Klassenzimmer“ direkt in der Fertigung gewährt. Wodurch das Lernen und Erarbeiten bestimmter Inhalte leichter fällt, als wenn dies in Schule oder Uni erfolgt.

Mehr Details möchte ich gar nicht vorwegnehmen, da man ansonsten noch auf die Idee kommt sich die Führung zu sparen. Sollte nicht sein. Denn neben dem Striezelmarkt in Dresden ist die Gläserne Manufaktur allemal ein Besuch wert.

Umweltschutz und Nachhaltigkeit konsequent gedacht

Umweltschutz und Nachhaltigkeit möchte ich allerdings noch einmal gesondert, näher betrachten. Denn hier ist der VW Konzern mit dem Standort Dresden in eine Vorreiterrolle getreten. Das Werk ist bereits seit 2018 in der Lage die Fahrzeuge bilanziell CO2-neutral zu fertigen. Die Fertigung an sich ist bereits durch den Einsatz von Naturstrom CO2-neutral und spart 3.600 Tonnen CO2 pro Jahr ein. Darüber hinaus stellt man auch die Wärmeversorgung und den eigenen Fuhrpark CO2-neutral.

Biodiversität, ebenfalls ein Ausdruck von Nachhaltigkeit, zeigt sich auf dem 83.000 m² großen Gelände ebenfalls. 350 Bäume wurden dort mittlerweile gepflanzt, neun Bienenvölker à 50.000 Bienen treiben dort „ihr Unwesen“ und werden durch einen eigenen VW-Mitarbeiter betreut. Ferner hat man darauf geachtet, dass die Tiefe des Gebäudekomplexes so ausgelegt wurde, dass der Grundwasserhaushalt im Gleichgewicht bleibt. Hierdurch war es möglich die versiegelte Fläche des Komplexes von 6,7 auf 4,8 Hektar zu reduzieren.

Lärmemissionen versucht man ebenfalls so gut wie möglich zu reduzieren. Was unter anderem dadurch geschieht, dass man den Logistik-Abteil der Gläsernen Manufaktur unterhalb des Straßenniveaus angesiedelt hat. Mag unscheinbar klingen, macht durch die zentrale Lage des Werks in Dresden aber durchaus einen Unterschied.

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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Christian Dachler:

Ich denke auch, von den Stückzahlen her spielt der Standort Dresden keine signifikante Rolle.
Im voll ausgebauten Zwickauer Werk werden deutlich über 1000 Fahrzeuge täglich das Werk verlassen – da spielen die 38 ID.3 pro Tag „nebenan“ aus Dresden nur sehr marginal eine Rolle im Gesamtkonzert;)
Aber als Schaufenster zum Kunden, als Auslieferungsstätte, als Leuchtturm macht die Gläserne Manufaktur im Gesamtpaket schon Sinn und erfüllt ihre Ziele. Gut, dass es sie gibt.

Albert Flosch:

Interessant wäre ja auch, wie man das VW-intern unter den Beschäftigten sieht: Werden die Dresdner so als etwas „privilegiert“ angesehen, nach dem Motto „die haben’s gut, etwa im Vergleich zu den Zwickauer Beschäftigten in dort einem normalen Produktionsbetrieb“?
Vielleicht macht man ja auch etwas Personalaustausch und -wechsel etwa zwischen den Standorten Dresden und Zwickau – ist ja von der Entfernung her beinahe nebenan.

Stefan Anron:

Ich denke mal, die Gläserne Manufaktur „für sich“ genommen wird natürlich nicht profitabel arbeiten und das muss sie auch nicht. In der Rolle als Schaufenster zum Kunden erklärt sich ja auch der prominente Standort am Großen Garten in Dresden. Da hat die Standortleitung sicher einige Freiheiten, wobei sie natürlich auch nicht ungedeckelt beliebig Geld verbrennen darf.
Ich finde es jedenfalls gut, dass man auch in Nach-Phaeton-Zeiten an der Gläsernen Manufaktur festgehalten hat. Obwohl der Manufakturgedanke natürlich eher zu einem hochpreisigen Phaeton und dessen Kundschaft passt auf den ersten Blick zumindest. Wer hätte zu Beginn der Phaeton-Zeiten schon gedacht, dass die Periode recht bald ein Ende finden würde nach eineinhalb Jahrzehnten.

Sebastian Henßler:

Danke für deine Meinung und Hinweise. Den ersten Satz habe ich Mal rausgenommen, da dies definitiv nicht der Fall ist. Falls doch wäre es präsent vermerkt.

Volkmar Wagner, Dresden:

Der Bau der Gläsernen Manufaktur war vor 25 Jahren in Dresden recht umstritten, weil er in den historischen Park „Großer Garten“ eingriff. VW hat damals die Stadt praktisch erpresst – entweder an diesem prominenten Ort oder gar nicht in Dresden zu bauen. Von 350 neu gepflamzten Bäumen zu schreiben ist deshalb nur die halbe Wahrheit.

Tatsächlich ist, entgegen ursprünglichen Befürchtungen, die Transportlogistik unauffällig, es entstehen weder Staus noch nennenswert zusätzlicher Verkehrslärm. Der Zuliefertransport der Teile mit einer Lastenstraßenbahn wurde allerdings inzwischen wieder aufgegeben, nun fahren doch LKWs.

Ich habe noch nie verstanden, weshalb der Ladepark überwioegend 22kW-Lader bietet, die in großer Zahl von den Verbrennern der VW-Mitarbeitenden zugeparkt werden, und wieso DC-Laden bei 50kW endet. Das war schon zur Bauzeit nicht mehr zeitgemäß und passt auch schlecht zu den Bedürfnissen von Käufern, die nach der Abholung ihr Auto für die Heimfahrt fix auf 100% laden möchten.

„Mittlerweile ist man deutlich über den Punkt eines reinen Produktionswerks hinausgetreten und hat mit dem „Home of ID.“ eine Erlebniswelt der E-Mobilität geschaffen“ – das trifft nicht zu: Neu ist der Werbesprech „Home of ID“, aber die Gläserne Manufaktur war nie ein reines Produktionswerk. Schon die Phaeton-Kunden durften die letzten Schrauben in ihr Auto selbst eindrehen. Mit 340 Beschäftigten 38 ID pro Tag in diesem Riesenbau herzustellen, ist für VW wahrscheinlich nicht profitabel. Die Gläserne Manufaktur war schon immer vor allem eine Schauschmiede in einem Hightech-Museumsdorf.

egon_meier:

wie dir schon erläutert: Hier ist nur Endmontage .. vorwiegend Handarbeit.
Manufaktur eben.

Philipp:

So viele teure Maschinen stehen da nicht. Die Metallfertigung, die Lackierung, die Batteriemontage zusammen mit dem Elektromotor ist alles in anderen Werken und dort hochautomatisiert.

Hier ist „nur“ die Endmontage und die ist vorwiegend Handarbeit.

Vorhanden sind die Förderanlagen und die sind schon längst abgeschrieben (stammen noch vom VW Phaeton).

Wenn sie mehr MEB-Platformen zur Verfügung hätten, würden sie sicher auf einen 2-Schichtbetrieb umstellen – selbst der eGolf wurde zweischichtig gefertigt.

Es ist ein schöner representativer Standort. Ich habe meinen eGolf dort abgeholt.

Dark Erebos:

Ja. In den Werken stehen in den Pausen ja auch die Bänder für ca 3 Stunden am Tag und da gehts um andere Stückzahlen.

Sven:

Kann VW es sich leisten teure Maschinen 16 Stunden am Tag ungenutzt zu lassen?

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