Anlässlich der IAA 2019 sprach Freudenberg CEO Claus Möhlenkamp über die unterschiedlichen Geschwindigkeiten in den Regionen bei der Elektromobilität, erläutert, was Fernbusse und Kreuzfahrtschiffe gemeinsam haben und warum der Komponentenzulieferer in das Systemgeschäft mit Lithium-Ionen-Akkus und Brennstoffzellen einsteigt.
Aus Sicht von Möhlenkamp hat die Automobilindustrie bereits eine Reihe von Antworten parat, wenn es darum geht neuen gesellschaftlichen Anforderungen, insbesondere auf den Hinblick des Klimaschutzes gerecht zu werden. Er gibt allerdings auch zu verstehen, dass man “über den Transformationsprozess einer Schlüsselindustrie” spricht. In diesem Fall geht es daher “nicht nur um Technik, sondern auch um Arbeitsplätze. Eine solche Transformation muss überlegt angegangen werden und nicht im Hau-Ruck-Verfahren”, so Möhlenkamp weiter.
Freudenberg selbst hat sich bereits vor drei Jahren entschieden sowohl das Geschäft mit batterie-elektrischen Antrieben als auch mit Brennstoffzellen deutlich auszubauen. Hierbei begrenzt man sich allerdings nicht nur auf den PKW, sondern konzentriert sich auch auf andere mobile Anwendungen wie beispielsweise für Busse, Lkws, für die Schifffahrt und im Eisenbahnsegment. Zudem will man sich im Bereich der Lade-Infrastruktur verstärken.
Mittlerweile habe man laut Freudenberg CEO Möhlenkamp “mehrere spannende und wegweisende Projekte für die Brennstoffzelle” ins Auge gefasst. Das aktuell bekannteste Projekt dürfte die Ausrüstung von 30 FlixBusse mit der Brennstoffzellen-Technologie von Freudenberg sein. Zudem habe man den Schiffbau im Fokus. Hier wolle man perspektivisch alle elektrischen Energiesysteme anbieten. Hierfür spricht vor allem der Skaleneffekt, der um einiges größer ist als im PKW-Bereich. Hierzu äußerte sich Möhlenkamp im Interview wie folgt:
“Wenn wir den Antrieb eines Kreuzfahrtschiffs gängiger Größe komplett mit Brennstoffzellen realisieren, dann sprechen wir über ein Äquivalent von 1.000 Pkw – in einem einzigen Schiff! So würden wir rasch Skaleneffekte erreichen, mit denen wir auch im Pkw-Segment sehr wettbewerbsfähig wären.” – Claus Möhlenkamp, CEO Freudenberg
Solche Skaleneffekte lassen sich allerdings nur erreichen und nutzen, wenn man sich voll und ganz darauf einlässt. Dies bedeutet, dass man sich weiterentwickeln muss. Im Falle von Freudenberg geht man den Weg vom Komponenten- zum Systemlieferanten. Wichtig ist, eine entsprechende Wertschöpfungstiefe aufzuweisen. Dies sei mit den neuen Technologien laut Möhlenkamp gelungen.
Als Beispiel führt er auf, dass man die Batteriezellen selbst fertigt. Hierdurch beträgt der Wertschöpfungsanteil bei Lithium-Ionen-Akkus auf Systemebene mehr als 60 Prozent. Bei den Brennstoffzellen-Stacks sind es sogar rund 80 Prozent. “Hinzu kommen noch weitere Komponenten aus der Freudenberg-Gruppe. Damit haben wir unseren Erfolg selbst in der Hand”, so der CEO von Freudenberg weiter.
Übrigens, China sieht der CEO von Freudenberg nicht zwingend im Vorteil, wenn es darum geht, wer die Marktführerschaft der E-Mobilität für sich beansprucht. So kommt es immer auf die einzelnen Segmente an, welche man betrachtet. “Wenn wir beispielsweise Akkus für schwere Nutzfahrzeuge oder Busse betrachten, haben wir bei Freudenberg Sealing Technologies die Nase vorn! Denn wir haben die Zelltechnologie, die den Lebensdaueranforderungen und Belastungen im Betrieb gerecht wird”, so Möhlenkamp.
Aus seiner Sicht sollte man aber nicht unterschätzen, dass wir noch ganz am Anfang eines grundlegenden Transformationsprozesses stehen. Aus seiner Sicht sei es daher auch schwierig einzuschätzen, welche Regionen sich dauerhaft als Vorreiter etablieren. Die Karten scheinen aber noch nicht verteilt.
Quelle: Freudenberg – Per Mail