Die Formel E ist die erste globale vollständig elektrische Rennserie und existiert seit 2014. Durch die Elektrifizierung der Rennwagen fällt es den Betreibern leicht, sich als nachhaltige Alternative zum klassischen benzingeschwängerten Rennsport zu positionieren. Doch wie umweltfreundlich ist die Formel E tatsächlich?
Die ABB FIA Formula E World Championship, so der vollständige Name, fuhr 2023 in ihrer insgesamt 9. Saison. 16 Rennen auf Rennstrecken weltweit in zehn unterschiedlichen Ländern machen die Wettkämpfe der Elektrorennwagen zu einem globalen Spektakel. Klar, man will der Formel 1 Konkurrenz machen. Doch anders als die Formel 1 hat die Formel E den Fokus vor allem auf die Werte von Elektroautos gesetzt.
Nachhaltigkeit spielt eine große Rolle, und das Ziel, die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen weltweit zu erhöhen. Dazu haben die Veranstalter nun einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Unter dem Titel “Racing for Better Futures” präsentiert der Bericht die Bemühungen der Rennserie, ihren ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Die Zahlen zeigen ein ambivalentes Bild.
Die Emissionen steigen
Die Formel E hat sich als erste globale Sportorganisation an der PAS 2060 orientiert, einem internationalen Standard für den Nachweis der Kohlenstoffneutralität. Laut Julia Palle, Nachhaltigkeitsdirektorin der Formel E, soll dieser Schritt die Glaubwürdigkeit und Transparenz der Rennserie in Bezug auf ihre Emissionsangaben stärken. Die Rennserie hat sich verpflichtet, ihre Emissionen bis 2030 um 45 Prozent zu reduzieren und die Emissionen seit ihrer Gründung vollständig auszugleichen.
Doch schon ein erster Blick auf die Zahlen macht stutzig. Laut dem Bericht wurden in der Saison 2023 32.600 Tonnen CO2 ausgestoßen, ein Anstieg von 43 Prozent im Vergleich zu den 22.700 Tonnen im Vorjahr. Dieser Anstieg ist hauptsächlich auf die erhöhte Anzahl von Überseerennen zurückzuführen, die eine größere Reisetätigkeit und damit höhere Emissionen verursachten. 2021 gab es drei Rennen außerhalb Europas, 2023 waren es schon sieben.
Der Lufttransport von Rennsportequipment, Teams und den Rennwagen ist damit mit 59 Prozent die größte Emissionsquelle, gefolgt von Geschäftsreisen (17 Prozent) und den sogenannten Race Operations (13 Prozent). Diese beinhalten alle operativen Aktivitäten, die direkt mit der Durchführung der Rennen verbunden sind. Also den Aufbau und die Wartung der Rennstrecken, die Installation der notwendigen Infrastruktur, den Betrieb der Boxengasse sowie Sicherheitsmaßnahmen und technischen Support.
Die Autos selbst, natürlich rein elektrisch unterwegs, machen nur etwa 1 Prozent der gesamten Emissionen aus. Denn ein zentraler Aspekt der Nachhaltigkeitsstrategie der Formel E ist die Nutzung erneuerbarer Energien. In der Saison 2023 wurden nur 10 Prozent des Energiebedarfs durch fossile Brennstoffe gedeckt, während der Großteil durch nachhaltige Quellen wie hydriertes Pflanzenöl bereitgestellt wurde. Dies stellt eine signifikante Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr dar, als noch ein Drittel des Energiebedarfs durch fossile Brennstoffe gedeckt wurde.
Erstmals wurden in diesem Jahr auch Daten zur Anreise der Zuschauer erhoben, wobei in europäischen Städten wie London, Berlin und Rom die Mehrheit der Besucher öffentliche Verkehrsmittel nutzte. Diese Maßnahmen sollen die Umweltauswirkungen der Veranstaltungen weiter reduzieren. Neben ökologischen Aspekten legt die Formel E auch Wert auf soziale Nachhaltigkeit. Initiativen wie FIA Girls on Track sollen Mädchen für den Motorsport begeistern und langfristig die Geschlechterdiversität im Sport fördern. In der Saison 2023 nahmen über 1000 Mädchen an diesen Workshops teil.
Kann ein weltweiter Rennzirkus überhaupt nachhaltig sein?
Trotz der ehrgeizigen Nachhaltigkeitsziele der Formel E bleibt die Frage, ob eine globale Rennserie wirklich umweltfreundlich sein kann. Im Vergleich zu anderen Rennserien liegt sie zwar an erster Stelle. Doch für genauere Vergleiche ziehen wir den großen Bruder, die Formel 1 heran. Auch die hat einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Und auch hier ist man darum bemüht, die Anstrengungen hervorzuheben, umweltfreundlicher zu werden. Man spricht von signifikanten Einsparungen in der Saison 2022 von 13 Prozent gegenüber dem Jahr 2018. Der gesamte CO2 Ausstoß liegt mit 223.000 Tonnen CO2 im Jahr 2022 allerdings um ein siebenfaches höher als bei der Formel E.
Auch in der Formel 1 machen Logistik (49 Prozent) und Business Travel (29 Prozent) einen Großteil der CO2 Emissionen aus. Der Treibstoff selbst soll auch in der Formel 1 nur zu knapp einem Prozent an den Emissionen beteiligt sein. Denn man setzt nach eigenen Angaben auf nachhaltige Kraftstoffe, die bis 2026 zu 100 Prozent in den Rennwagen verwendet werden sollen.
So betrachtet unterscheiden sich die beiden Rennserien nun wirklich kaum. Der Anstieg der Emissionen aufgrund der Expansion und der intensive Einsatz von Luftfracht werfen Zweifel an der Effektivität der Maßnahmen auf. Die Formel E zeigt dennoch, dass Motorsport und Nachhaltigkeit nicht zwingend im Widerspruch stehen müssen. Denn sie bemüht sich, sich als nachhaltige Rennserie zu positionieren und dem Elektromotor ein positives Image zu verpassen. Außerdem ist, ähnlich wie die Formel 1, auch die elektrische Rennserie ein Innovationstreiber. Hier werden Motoren und Batterietechnologie unter Extrembedingungen getestet und weiterentwickelt. Und das soll auch unseren Elektroautos zugute kommen.
Während also die Autos selbst nur einen geringen Teil der Emissionen ausmachen, ist die Herausforderung der Formel E, die Gesamtemissionen trotz wachsender Popularität und mehr Rennen rund um den Globus weiter zu reduzieren. Nur dann kann die Formel E ein echtes Vorbild für Elektromobilität und nachhaltigen Motorsport werden.
Die Nachhaltigkeitsberichte der Formel E sowie der Formel 1 sind unter diesen Links abrufbar:
Formula E Sustainability Report Season 9
Quelle: e-Formel.de – Energiegewinnung aus fossilen Rohstoffe stark reduziert: Formel E veröffentlicht Nachhaltigkeitsbericht für Saison 2023 / Formula1.com: F1 makes ‘significant progress’ in sustainability as first Impact Report released