In den letzten Jahren hat sich die Elektromobilitätsbranche rasant entwickelt, immer mehr neue Hersteller und Startups wagen den Einstieg in den Markt. Doch was gibt ihnen das Selbstbewusstsein, konkurrenzfähige Elektroautos bauen zu können? Warum gibt es bei Elektroautos eine so große Anzahl neuer Anbieter, die den Markteintritt bei Verbrennern nicht gewagt hatten? Diese Frage wirft einen spannenden Blick auf die Trends und Entwicklungen in der Branche.
Ein erster einfacher Grund für das gestiegene Selbstbewusstsein neuer Akteure ist die Tatsache, dass Elektroautos vergleichsweise leichter zu bauen sind als ihre benzinbetriebenen Pendants. Die Technologie hinter E-Autos ist weniger komplex, und die Anzahl der beweglichen Teile ist geringer, was die Entwicklung wie auch die Produktion vereinfacht. Zudem entfallen die hohen Entwicklungs- und Produktionskosten für Verbrennungsmotoren, was den Einstieg für Startups und neue Hersteller erleichtert. Häufig haben kleinere Hersteller ihre Verbrennermotoren von den großen eingekauft. Ein Beispiel dafür ist Pagani. Der Supersportwagen fährt traditionell mit AMG Motoren.
Der Einfluss von Tesla
In den USA gibt es eine Vielzahl von Elektroauto-Startups, die große Finanzierungsrunden erhalten und den Markt mit innovativen Fahrzeugen erobern wollen. Rivian, Lucid, Fisker und co. sind mit viel Marketing auf den Markt gedrängt. Tesla spielt dabei eine zentrale Rolle: Denn das Unternehmen hat bewiesen, dass es möglich ist, als neue Marke erfolgreich in der Automobilindustrie Fuß zu fassen. Mit seinem kontinuierlichen Wachstum und der disruptiven Technologie dürfte Tesla viele Investoren und Risikokapitalgeber dazu veranlasst haben, in ähnliche Projekte zu investieren – und hat so den Weg für weitere Startups geebnet.
Ähnliches gilt für China. Das aufstrebende Land ist ebenfalls ein wichtiger Akteur im Bereich Elektromobilität geworden, da es seine Autoindustrie stark fördert und gleichzeitig den Verkauf von Elektroautos auf dem heimischen Markt vorantreibt. Chinesische Anbieter wie Nio, Xpeng oder BYD entwickeln und produzieren Elektroautos im großen Maßstab und streben nun nach und nach an, ihre Präsenz auch auf dem globalen Markt auszubauen. Auch Hersteller in ganz anderen Ländern wollen mit frischem Kapital und der Chance, einen neuen Markt zu erobern, in die Elektromobilität einsteigen. Aus Vietnam etwa kommt VinFast. Der US-amerikanische Inflation Reduction Act, ein Gesetz zur Stärkung der eigenen Wirtschaft, lockt die Hersteller auf den nordamerikanischen Markt. Sie profitieren von hohen Zuschüssen, wenn sie Fabriken in den USA bauen.
Etablierte Automobilhersteller und ihre Herausforderungen
Die etablierten Automobilhersteller aus Europa, Japan, Südkorea und auch den USA stehen vor der Herausforderung, ihre Strategien und Produktionskapazitäten an die neue Ära der Elektromobilität anzupassen. Viele von ihnen haben bereits begonnen, Elektroautos in ihr Angebot aufzunehmen und ihre Produktionsanlagen entsprechend umzurüsten. Allerdings haben sie den Vorteil, den sie bei Verbrennungsmototoren hatten, zum Teil verloren, da die Elektromobilität das Spielfeld nivelliert und neuen Wettbewerbern den Einstieg erleichtert hat. Doch verfügen die etablierten Hersteller über jahrzehntelange Erfahrung in der Automobilindustrie, starke und bekannte Marken sowie ein etabliertes Vertriebs- und Servicenetz, von dem sie profitieren können.
Zudem waren die auch die etablierten Hersteller nicht untätig in Sachen E-Mobilität. Viele von ihnen haben in die neuen Startups investiert. Ein berühmtes Beispiel ist Mercedes, die früh bei Tesla einstiegen und damit wohl Teslas Erfolg überhaupt erst möglich machten. Eine Investition von 50 Millionen Euro reichte den Schwaben im Frühjahr 2009 aus, um 9,1 Prozent an Tesla zu übernehmen. Mercedes verkaufte die Aktien einige Jahre später mit zehnfachem Gewinn – ohne zu ahnen das diese Anteile irgendwann mehr wert sein sollten als Mercedes selbst. Schwieriger wird es für kleinere Hersteller wie beispielsweise Subaru. Die würden die Elektrifizierung ohne die Hilfe von Toyota vermutlich alleine nicht stemmen können.
Neue Herausforderungen durch lahmende Wirtschaft
Doch die goldenen Zeiten der Startups sind ein Stück weit vorbei. Die Wirtschaft ächzt unter steigenden Energiepreisen und hohen Zinsen und es bleibt die Erkenntnis, dass nicht alle Elektroauto-Startups auf Erfolgskurs sind. Viele von ihnen kämpfen derzeit mit finanziellen Problemen und haben Schwierigkeiten, ihre ehrgeizigen Ziele zu erreichen. Die schwache Konjunktur, die gesunkene Nachfrage nach Elektroautos und die durch Zinserhöhungen gestiegenen Kapitalkosten belasten diese neuen Anbieter am Markt erheblich.
Könnte dies ein Vorteil für etablierte Autohersteller sein? Tatsächlich holen diese den Vorsprung der Startups bei der Entwicklung von Elektroautos nach, zudem verfügen sie über solide, krisenfeste Strukturen und die nötige Erfahrung im Bau von Autos. Dieser Vorteil könnte sich in dieser schwierigen Phase als entscheidend erweisen. Es ist durchaus möglich, dass wir noch einige vielversprechende Startups scheitern sehen, während große Hersteller wie Ford und Volkswagen weitere Modelloffensiven ankündigen.
Die Frage bleibt also offen, wohin die Reise in der Elektromobilität führt. Wird es eine Flut von neuen Autos von bisher unbekannten Marken geben, oder werden sich die großen Hersteller wie Volkswagen, Toyota, Hyundai und Ford letztendlich durchsetzen?
Persönlich bin ich der Meinung, dass es eine Mischung aus beidem geben wird. Die etablierten Hersteller werden sicherlich einen bedeutenden Marktanteil behalten und von ihrer Erfahrung und ihrem etablierten Netzwerk profitieren. Gleichzeitig werden einige der neuen Akteure, die sich durch innovative Technologien und einzigartige Verkaufsstrategien auszeichnen, ihren Platz in der Branche finden und erfolgreich sein, wie es etwa Tesla vormacht. Sicherlich wird auch der ein oder andere Anbieter von einem großen Player geschluckt werden, wenn er Kapital braucht oder der Player Innovationen.
Insgesamt wird die Elektromobilitätslandschaft vielfältiger und dynamischer werden, mit einer größeren Auswahl an Fahrzeugen und Marken, die sowohl für Einsteiger als auch für Experten und Enthusiasten attraktiv sind. Hinzu kommen neue Möglichkeiten, Autos anders zu gestalten. Autonomes Fahren wird dabei in Zukunft eine große Rolle spielen und viele Innovationen mit sich bringen. Ein selbst fahrendes Auto muss nicht mehr so fahrerorientiert sein wie bisher. Kleine Elektromotoren und große Batterien werden uns noch ganz neue Bauformen bescheren. Dieser Wandel bietet sowohl Chancen als auch Herausforderungen für alle Beteiligten – und es bleibt spannend zu beobachten, wie sich die Branche weiterentwickelt.
Früher waren Motor und Getriebe das Pièce de Résistance, heute ist es die Batterie und die Software.
Batterie, Elektromotor und SW kann aber jeder Bastler relativ günstig und standardisiert einkaufen und zu einem brauchbaren BEV zusammenschrauben. Man bekommt nicht einmal mehr dreckige Hände.
Mit ein paar hundert Millionen vom reichen Papa oder Onkel kann sich jeder Zögling mit einer eigenen Automarke verwirklichen. Langfristig über die Nische hinauszukommen ist dann aber trotzdem Business und nicht mehr Hobby.
Die Erfahrung, dass der Elektroantrieb performant und effektiv ist, ließ sich im Modellsport seit 20 Jahren machen. Gleichzeitig gab es sehr lange von den Großserienherstellern keine passenden Angebote. Also sah man da eine Nische als Newcomer. Bereitwillige Financiers gab es lange Zeit als die Zinsen bescheiden waren. Zudem glaubte man lange, die Elektromobilität sei eine Disruption. Auf der anderen Seite gab es im prosperierenden China gute Marktchancen für neue Firmen, wenn man innovativ war. Denn der Markt schien riesig und es hatte den Anschein, er kann gar nicht von bestehenden Firmen bedient werden.
Das alles waren Fehlannahmen. Ein Elektroauto ist in erster Linie ein Auto. Die Mär von der Softwarefirma, die als Nebenprodukt ein Auto baut, das sich online auf aktuellem Stand hält, hat sich komplett zerstört. Aktuell definiert man sich über kleinteilige Fortschritte bei der Druckgußtechnik, beim Einkleben von Zellen und dem Stolz auf eine eigene Wärmepumpe. Man freut sich über halbe Auslastung eines neuen Werkes. Da ist man also ganz, ganz unten in der Fahrzeugproduktion gelandet. Die autonome Alleinfahrt durch die USA oder nur die Teilnahme an Tests für nächste Autonomiestufen ist lange ad acta gelegt.
Jetzt ist der Ketchupflascheneffekt von Zetsche eingetreten. Die Stückzahlen kommen. Nicht jeder Konzern ist gleich gut vorbereitet. Aber am Beispiel VW kann man gut sehen, was es bedeutet, wenn die Riesen anfangen zu produzieren. VW hat alleine an Ford so viele MEB verkauft, wie Tesla im letzten Jahr Fahrzeuge insgesamt produziert hat. Und Mahindra steht noch aus. Insgesamt werden es über zehn 10 Millionen MEB-Fahrzeuge werden.
Da muss man als neue Firma schon sehr stark in seiner Nische sein – oder sehr gute Partner haben – wenn man das aktuelle Jahrzehnt überleben möchte.