Zur Erreichung der Klimaschutzziele im Verkehrssektor – insbesondere einer markanten Reduzierung des CO2-Ausstoßes – führt offensichtlich kein Weg an der massenhaften Einführung von batterieelektrisch angetriebenen Autos (BEV) vorbei. Die Klimabilanz der BEV ist gegenwärtig allerdings nur geringfügig besser als die der konventionellen Autos mit Verbrennungsmotor. Hauptgründe dafür sind die relativ hohen Treibhausgasemissionen bei der Herstellung der Antriebsbatterien für die BEV und die Treibhausgasemissionen bei der Stromerzeugung. Hinzu kommt die Umweltbelastung bei der Rohstoffgewinnung für die Batterien. Gegenwärtig wird angestrebt, die Umweltbilanz durch Weiterentwicklung der Batterien und der zugehörigen Fertigungstechnik sowie durch die Erhöhung des Ökostromanteils am Strommix kontinuierlich zu verbessern.
Es gibt ein einfaches Konzept, mit dem die Umweltbilanz von batterieelektrischen Autos deutlich verbessert werden kann und mit dem gleichzeitig die bekannten Nachteile dieser Autos (geringe Reichweite, lange Ladezeiten, hohe Anschaffungskosten) vermieden werden können, ohne dass man dafür auf weiterentwickelte Batterietechnik oder einen höheren Ökostromanteil warten muss. Hierfür stattet man die Autos mit Batterien aus, die für Kurz- und Mittelstrecken tauglich sind und damit für den überwiegenden Teil der täglichen Fahrten ausreichen. Laden kann man diese an gewöhnlichen Ladestationen für BEV (z. B. zu Hause oder am Arbeitsplatz). Für den Fall, dass mit dem Auto eine längere Fahrt unternommen werden soll, verfügt es über einen Schacht für wechselbare, standardisierte Batteriemodule, größere Autos könnten hierzu mit mehreren solchen Schächten ausgerüstet werden. Diese sind normalerweise leer, können aber bei Bedarf an einer Tankstelle mit Batteriewechselstation in wenigen Minuten bestückt werden. Leergefahrene Module können dort auch schnell gegen aufgeladene getauscht werden.
- Fahrzeugplattform
- fest eingebaute Batterien
- Wechselschacht
- wechselbares Batteriemodul
- Elektromotor
- Leistungselektronik
- Steuerelektronik
- Kühltechnik
Einsparpotential von Batteriekapazität
Aufgrund der technischen Weiterentwicklung kann man davon ausgehen, dass in naher Zukunft ein konventionelles BEV standardmäßig mit einer fest eingebauten Batterie für eine Reichweite von ca. 500 km (entspricht etwa 75 kWh in der Mittelklasse) ausgestattet sein wird. Aus einschlägigen Statistiken lässt sich jedoch ableiten, dass eine Grundreichweite von 200 km bei den meisten Fahrzeugnutzern für ca. 95% ihrer täglichen Fahrten ausreichend ist. Stattet man die BEV mit einer fest eingebauten Batterie für diese Grundreichweite aus (30 kWh) und ermöglicht die bedarfsweise Nutzung einer Zusatzbatterie für 300 km Reichweite (45 kWh), benötigt man über die gesamte Fahrzeugflotte betrachtet nur noch ca. 50% der o.g. Batteriekapazität. Davon werden ca. 80% als fest eingebaute Batterien in den Autos und ca. 20% als Zusatzbatterien eingesetzt.
Verbesserung der Umweltbilanz
Bei der obigen Abschätzung am Beispiel von BEV mit 75kWh-Batterie ergibt sich durch das vorgeschlagene Konzept eine Reduzierung der Batteriekapazität auf durchschnittlich ca. 38 kWh je Fahrzeug. In Abb.2 wird ein solches Fahrzeug mit gleichartigen Fahrzeugen verglichen, die mit anderen Antrieben ausgestattet sind. Dort sind bereits die bis 2030 erwarteten Fortschritte bei der technischen Entwicklung und beim Ausbau der erneuerbaren Energien berücksichtigt.
Im direkten Vergleich der beiden BEV-Varianten ist erkennbar, dass durch das vorgeschlagene Konzept mittelfristig eine zusätzliche Treibhausgasreduzierung von ca. 16 % ermöglicht wird. Gegenwärtig wäre der Einspareffekt noch deutlich größer, da die Batterietechnologie und der für die Herstellung verfügbare Strommix noch nicht so umweltfreundlich ist, wie für 2030 erwartet.
Mit Hinblick auf den Verbrauch an batteriespezifischen Rohstoffen (Lithium, Kobald, Nickel etc.) lässt sich feststellen, dass mit der gleichen Menge jetzt fast die doppelte Anzahl Fahrzeuge betrieben werden kann. Auch das Problem einer umweltschonenden Wiederverwertung der ausgedienten Batterien verringert sich entsprechend.
Die Abbildung zeigt für 2030 erwartete Treibhausgasemissionen verschiedener Fahrzeuge im Vergleich, Zahlenwerte nach Agora Verkehrswende (2019) Klimabilanz von Elektroautos, angepasst an die abweichenden Batteriekapazitäten der hier betrachteten BEV. Berücksichtigt wurde dort der gesamte Lebenszyklus der Fahrzeuge bei einer Lebensfahrleistung von 150.000 km.
Batteriewechselstationen
Die erforderliche Infrastruktur in Form von Batteriewechselstationen ist mit vergleichsweise geringem Aufwand herstellbar, da sie immer nur für einen sehr geringen Teil der BEV benötigt wird und diese jeweils nur für kurze Zeit belegt wird. Geeignete Technik ist bereits seit längerer Zeit verfügbar (Fa. Better Place, Tesla, NIO) und kann vorteilhaft in das Energieversorgungsnetz integriert werden. Der überwiegende Teil der Ladevorgänge erfolgt jedoch wie bisher über normale BEV-Ladepunkte.
Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass durch eine optimierte Betriebsweise unter kommerzieller Nutzung ihrer netzstabilisierenden Funktion Wechselstationen wirtschaftlich betrieben werden können und für die Kunden akzeptable Gebühren möglich sind.
Es läßt sich zeigen, dass das Ausleihregime für die Zusatzbatterien durch Verwendung von Pfandkarten auf Basis einer anonymisierten Smartcard so gestaltet werden kann, dass es komfortabel und finanzierbar ist und der Datenschutz strikt eingehalten wird.
Gegenüberstellung der unterschiedlichen Batterietechnologien
Über den Autor: Steffen Schmidt ist Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik und war lange Zeit als Entwicklungsingenieur und Konstrukteur in der Industrie in einem Unternehmen tätig, das weltweit Produktionsmaschinen und die dazugehörige Automatisierungstechnik für die Automobilindustrie liefert. Sein Verantwortungsbereich umfasste die Gesamtauslegung der elektrischen Ausrüstung dieser Maschinen und das Spezialgebiet der elektrischen Antriebe. Jetzt befindet er sich im Ruhestand.