Darf der Ladevorgang an einem schnellen DC-Lader mehr kosten, als an einem langsamen AC-Lader? Sollte Elektroauto laden im urbanen Raum günstiger sein, als auf der grünen Wiese? Bedarf es immer einem festen Ladetarif oder wird sich Ad-hoc Laden mit Giro- und Kreditkarte durchsetzen? Diese Fragen haben Holger Rapp, CTO von Qwello und mich in unserer kleinen Diskussion beschäftigt. Auf die wir am Ende keine so ganz eindeutige Antwort gefunden haben.
Aufgekommen sind die Fragen bei Holger, da Qwello als Ladepunktbetreiber im öffentlichen Raum mit der Vision zugange ist, leicht zugängliche und einfach zu bedienende Ladestationen zu schaffen. Dabei denke man Ladepunkte aus Sicht des Kunden. Im Fokus stehen vier Punkte: Ad-hoc Laden über Giro- und Kreditkarte sowie ein fest verbautes 7,5 langes Kabel, als auch Parksensoren zur Erkennung, ob der Platz zum Laden frei ist sowie die Möglichkeit zur 15-minütigen Vorabreservierung.
Generell schreibt man sich durch diese vier Punkte auf die Fahne, dass man E-Autofahrer dabei hilft die Unannehmlichkeiten, denen diese täglich ausgesetzt sind, zu minimieren. Insbesondere die Möglichkeit zum Ad-hoc Laden wird gut angenommen. Die Bezahlung durch Giro- und Kreditkarte werde in Deutschland schon bei 25% der Ladevorgänge genutzt. Außerhalb von Deutschland blickt Qwello auf eine 45%-Rate beim Ad-hoc Laden. Diese Beobachtung und der Blick auf den Lademarkt, lässt die Vermutung aufkommen, dass es zwei Lager beim E-Auto laden gibt:
- Modell Mobilfunk: Fester Vertrag, Laufzeit, gleiche Ladekosten und ggf. Grundgebühr, Rechnung am Ende des Monats
- Modell Tankstelle: Variierende Preise, schwankende Preise, keine lange Vertragslaufzeit, Ad-hoc Zahlung
Diese haben wir in unserem gemeinsamen Gespräch näher betrachtet. Für und wider für beide Modelle besprochen und versucht einen Ansatz zu finden, welches Modell nun das bessere ist. Eine klare Entscheidung gibt es hier nicht. Denn je nach Bedürfnis des jeweiligen E-Autofahrers bietet sich eher das eine oder das andere Modell an. An der Diskussion lassen wir dich in der aktuellen Folge teilhaben und sind gespannt was deine Meinung dazu ist.
Gerne kannst du mir auch Fragen zur E-Mobilität per Mail zukommen lassen, welche dich im Alltag beschäftigen. Die Antwort darauf könnte auch für andere Hörer des Podcasts von Interesse sein. Wie immer gilt: Über Kritik, Kommentare und Co. freue ich mich natürlich. Also gerne melden, auch für die bereits erwähnten Themenvorschläge. Und über eine positive Bewertung, beim Podcast-Anbieter deiner Wahl, freue ich mich natürlich auch sehr! Danke.
Tranksript zu Diskussion: E-Auto laden im öffentlichen Raum – Wohin geht die Reise?
Sebastian
Servus Holger. Vielen Dank, dass du dir heute Zeit nimmst, dass wir uns ein wenig über das Thema halböffentliches oder öffentliches Laden unterhalten, da ein wenig austauschen, schauen, was es für Standpunkte gibt, die die Mobilität wenig spalten und die E-Autofahrer, zumindest in zwei Lager, die wir vorab schon so ein wenig abgesteckt haben für uns und dann auch ins Gespräch mit hereinbringen. Bevor wir da allerdings eintauchen in das Thema, stell dich doch gerne kurz vor und auch das Unternehmen, für das du tätig bist, weil das hat auch eine Verbindung zum Laden an sich.
Holger Rapp
Ja, sehr gerne. Hallo Sebastian, vielen Dank, dass ich heute da sein kann. Ich freue mich sehr, dieses interessante Thema mit dir zu diskutieren. Über mich. Mein Name ist Holger. Ich bin vom Hintergrund ein Computerkid. Ich saß immer schon am Rechner, habe früh angefangen zu programmieren, früh angefangen recht erfolgreich Open Source zu schreiben und dann habe ich Mathematik und Physik studiert und einen Doktor in Maschinenbau daraufgesetzt. Mein erster richtiger Job war dann bei Google. Dort habe ich an Robotik-Themen gearbeitet und an Street View. Dann, als ich dort weg bin, habe ich hier für einen amerikanischen Rideshare-Anbieter in München das erste Engineering Office gegründet für die und habe dort an selbstfahrenden Autos gearbeitet, mit 35 Mann. Dann hat mich aber Greentech gereizt und so bin ich dann vor zwei Jahren bei Qwello als CTO eingestiegen, also in den Bereich Elektroautos und Ladeinfrastruktur. Dort bin ich jetzt für alle Hard- und Software-Themen verantwortlich.
Über Qwello, was man da wissen muss. Wir sind eine Firma. Wir designen, bauen, installieren und betreiben öffentliche AC-Ladesäulen, speziell für den urbanen Bereich. Was uns da so besonders macht, ist, dass wir unsere Produkte sehr konsequent vom Kunden her denken. Deswegen haben wir so ein paar innovative Features, die unsere Kunden auch wirklich super heiß lieben. Wenn ich darf, würde ich kurz vier davon erwähnen.
Unser erstes Feature, das ich erwähnen möchte, ist, dass bei uns das Bezahlen mit Girokarte und mit Kreditkarte, das ist genauso schnell und unkompliziert möglich, wie die Nutzung von RFID-Karten und kostet auch genau gleich viel. Das sehen wir auch. Bei uns sind zum Beispiel 25 % der Sessions in Deutschland, werden bei uns mit Kreditkarte bezahlt und 45 % unserer internationalen Sessions sogar, weil es einfach leicht geht und fair ist. Ein zweites Feature bei uns ist, wir haben ein eingebautes 7,5 Meter langes, abrollbares Kabel mit einem Typ-2-Stecker. Auch da sehen wir, in 90 % unserer Sessions verwenden dieses Kabel, obwohl du auch einfach dein eigenes Kabel bei uns einstecken kannst, wie bei anderen Ladesäulen.
Drittes wichtiges Feature bei uns ist der Parksensor. Wenn wir sagen, eine Ladesäule ist frei, dann ist die auch wirklich frei, weil wir haben einen Parksensor, der weiß, ob da ein Auto davor steht oder nicht und das haben wir speziell, weil es super nervig ist, wenn du an eine Ladesäule hinfährst, wo in der App drinsteht, dass die frei ist und dann parkt da aber irgendwie gerade ein Auto davor, weil der Besitzer nur mal schnell zum Bäcker wollte. Und das letzte Feature, das ich hier erwähnen möchte, ist, dass man unsere Säule auch für 15 Minuten reservieren kann. Du kannst also in unserer App sagen, hey, ich bin jetzt bald da, blockiere mir mal sozusagen die Säule und damit den Parkplatz und dann musst du eben nicht lange nach Parkplatz suchen, sondern du fährst hin, steckst ein, läufst weg und bist hoffentlich ein glücklicher Kunde.
Sebastian
Sehr schöne Punkte, die ihr da mitbringt und auch gerade das Thema Girokreditkarte beim Bezahlen. Das ist jetzt auch ein wichtiger Punkt für unser Gespräch. Bevor wir da allerdings eintauchen, noch zwei, drei Fragen zur Qwello an sich. Du hast jetzt gesagt, ihr bringt AC-Ladestationen in die Stadt rein. Ihr seid jetzt aktuell in Deutschland gestartet und in Schweden unterwegs, wenn ich das richtig weiß aus dem Vorgespräch,–
Holger Rapp
Genau, das ist korrekt.
Sebastian
Aktuell liegt der Fokus auf den urbanen Raum. Ihr seid schon in Großstädten eher unterwegs. Kannst du das noch ein wenig einordnen und warum AC anstatt DC-Lader?
Holger Rapp
Ja, okay. Tatsächlich ist der urbane Bereich da, wo unsere Säule wirklich strahlt. Je weiter du herausgehst aus dem Bereich, wo Parkplätze knapp werden, desto weniger macht, zum Beispiel, der Parksensor Sinn. Außerdem haben wir unsere Säule eben sehr schön und schlank designt, damit sie wenig Platz wegnimmt in der Stadt, wo das sehr wichtig ist, wo Platz sehr wichtig und sehr rar ist. Je weiter du nach außen gehst, desto weniger ist es dann wirklich relevant. Es ist nicht per se so, dass wir nur die Städte machen, aber das ist unser Hauptjagdgebiet, könnte man sozusagen sagen.
Und warum nicht DC? Wir glauben für Laternenparker vor allem oder Leute, die jetzt nicht einen Parkplatz zu Hause haben, die eben auch in Ballungsräumen häufiger vorkommen, ist DC jetzt nicht unbedingt hundertprozentig immer das Richtige, weil es ist sehr viel größere Infrastruktur nötig dafür. Es ist dann auch, unter Umständen, teurer für den Kunden und so eine AC-Ladesäule ist eben sehr viel einfacher aufzubauen. Deswegen konzentrieren wir uns ausschließlich auf AC momentan.
Sebastian
Vielen Dank für die Einordnung dann noch mal. Jetzt kommen wir auch zu dem Thema, du hast gesagt, ihr denkt Laden vom Kunden her. Wie geht er damit um? Ein wichtiger Punkt, dieses Ad-hoc-Payment, wo du auch genannt hattest, mit Kredit- und Girokarte. Ich meine, ein Viertel der Ladevorgänge, die jetzt mit Kreditkarte geladen werden, ist ja schon eine Ansage, muss man ganz klar sagen. Ich denke, das ist auch was, wo es sich hinentwickeln wird, weil es nimmt eine gewisse Hürde, die man hat, wenn man sich mit dem Thema E-Auto beschäftigt und da jetzt noch nicht so lange drin ist, kommt irgendwann mal das Thema Laden auf.
Ich sage mal, in den Anfangszügen oder jetzt die vergangenen Jahre war es dann immer, du hast nicht einen Ladestation-Anbieter, wo du eine RFID-Karte oder eine App dazu hast, sondern Geldbeutel aufgemacht, dann sind die Ladekarten herunter geploppt schlussendlich.
Das sind auch die Modelle, die man hat. Es gibt zwei mentale Modelle, die du auch im Vorgespräch schon ins Gespräch gebracht hast. Einmal, ich möchte laden wie mit einer EC- oder Kreditkarte, wie ich es kenne vom Tanken, wenn ich Benzin in mein Fahrzeug tanke oder dann auch so à la Mobilfunkanbieter. Ich habe hier meinen Anbieter EnBW, PlugSurfing, keine Ahnung, gibt es genügend im Markt, mit denen schließt man Tarife ab und geht dann dahin. Waren das auch Denkanstöße für euch dann zu sagen, okay, wir möchten da eine Rundum-Sorglos-Lösung zumindest für die Abrechnung bieten?
Holger Rapp
Das ist eine berechtigte Frage. Ich würde sagen, wir haben das wirklich immer aus Kundensicht gedacht, weil wir selber Kunden waren. Wenn wir Elektroautofahrer waren und wir kamen an irgendwelche Stationen und du hast da irgendwie so ein Mystery-Tarif, wo du keine Ahnung hast, was passiert denn, wenn ich jetzt da eine RFID-Karte dahin klatsche? Das ist natürlich super unbefriedigend und wir kennen es von früher, von der Tankstelle, wo es völlig klar ist, du fährst heute zu Shell und morgen zu Agip und du siehst, was steht denn da irgendwie an dem Preis für Benzin dran und dann entscheidest du: „Ist mir zu teuer, ich fahre weiter“ oder du sagst, nein, ist okay, da mache ich jetzt den Tank voll. So denken wir eben auch unsere Ladesäulen.
Natürlich, wenn du jeden Abend an eine unserer Ladesäulen fährst, dann sollte es vielleicht auch noch einen komfortableren Weg geben, irgendwie eine Kundenbindung zu haben, nur einmal im Monat eine Abrechnung zu kriegen oder weiß der Geier. Genauso, wie es auch beim Tanken der Fall ist. Da gibt es auch Gründe, warum du dich dichter an die eine oder die andere Tankstelle binden möchtest. Aber der Default-Case, den man als Normalbürger eigentlich will, warum soll der beim Laden anders sein als bei der Tankstelle? Das war mehr, glaube ich, unser treibender Faktor dahinter. Es sollte für den Kunden einfach zu verstehen sein und transparent und es machte für uns einfach am meisten Sinn zu sagen: „Nein, ad hoc ist nichts Besonderes. Ad hoc ist das Normale“ und alles andere muss auch funktionieren, aber ad hoc ist eben das, was wir erwarten, dass die Leute am meisten bei uns machen.
Sebastian
Das heißt, im Endeffekt, ich meine jetzt gerade im Stadtbereich, wo ihr dann auch unterwegs seid im urbanen Raum, da ist auch eher das Thema. Da ist eine größere Frequenz dann, sage ich mal, ein Wechsel an E-Autofahrern, die dort sind, die ihre Fahrzeuge hinstellen. Das ist jetzt weniger wie auf dem Land, wo es vielleicht zwei Ladesäulen gibt und dann dementsprechend wenige E-Autofahrer, die dann immer dort laden, ihre feste Station.
Da wären wir jetzt wieder bei dem Modell Mobilfunk, wo ich mit meinem festen Anbieter etwas abschließe und haben dahingegen aber auch noch die Alternative, die du jetzt betont hattest, dieses Ad-hoc-Laden. Ich bin jetzt gerade beispielsweise in Frankfurt am Main, was ihr jetzt 2022 ein wenig mehr in den Fokus stellt, mit euren Ladesäulen und möchte da auch kurz meine 20 Minuten Laden mit der Giro- oder Kreditkarte bezahlen und dann wieder davongehen. Das heißt eigentlich eher, um das mal widerzuspiegeln oder wiederzugeben, es geht schon nach den einzelnen Bedürfnissen und die sind unterschiedlich von Fahrer zu Fahrer.
Holger Rapp
Ja, da gebe ich dir recht, allerdings, und das ist auch ein wenig der Grund, warum ich das hier mitgebracht habe zur Diskussion. Mein Eindruck ist, dass ein bisschen verzerrtes Bild existiert in unserer Industrie. Du hast jetzt gerade ein Beispiel herausgenommen, die Säulen, die irgendwie mehr oder weniger auf der grünen Wiese stehen. Da haben wir tatsächlich auch welche. Wir haben Erfahrungen aus dem kleinen Städtchen Glonn, wo wir sehr früh ein Pilotprojekt aufgebaut haben. Glonn ist ein paar Kilometer außerhalb von München, aber wirklich wunderschön und auf der grünen Wiese. Auch dort sehen wir, dass sehr viel ad hoc bezahlt wird, sehr viel weniger Leute da tatsächlich oder ungefähr gleiche Verteilung.
Das ist eben etwas, was mich so ein wenig beschäftigt irgendwie. Immer, wenn ich mit Leuten aus unserer Industrie spreche, habe ich so den Eindruck, die fallen entweder in dieses Camp „Roaming“ oder in dieses Camp „ad hoc bezahlen“, aber oft habe ich den Eindruck, dass irgendwie nicht so das richtige Verständnis da ist, dass es eigentlich so krass unterschiedliche mentale Modelle sind und dass natürlich irgendwie ein Mix aus beiden passieren muss und passieren wird.
Ich mache das immer an einem sehr markanten Beispiel fest und da würde mich mal interessieren, wie du darüber nachdenkst. Was wäre denn jetzt deine Erwartung, wenn du jetzt, sagen wir, du lädst heute im Zentrum von München, weil du da wohnst und jetzt fährst du auf den letzten Wanderparkplatz in den Alpen, irgendwo ganz weit oben und da oben steht jetzt auch eine Ladesäule. Das ist jetzt deine Erwartung, dass wenn du dort Strom zapfst, dass der genau gleich viel kostet wie in der Stadt München oder würdest du sagen, nein, das macht ja Sinn. Es ist viel schwieriger, diese Ladesäule dahin zu bringen. Das ist völlig klar, dass der Strom da so ein wenig teurer ist.
Sebastian
Ja, gute Frage deinerseits. Ich würde vom ersten Gefühl, würde ich sagen, natürlich kostet der Strom dort mehr, weil ich auch für die Infrastruktur und den Aufbau dort, sozusagen, der Ladestationen mehr investieren muss, als wenn ich jetzt einen AC-Lader dann beispielsweise in der Stadt München aufrecht stelle. Aber schwierig, da eine konkrete Aussage zu treffen. Aber so rein vom Grundgefühl, der Aufwand, der dahintersteckt, das dort hinzustellen, würde ich schon sagen, ja.
Holger Rapp
Genau.
Sebastian
Würde mehr kosten, wobei der Strom dorthin zu bringen, sei jetzt mal dahingestellt, ob der Strom an sich dann teurer ist. Da geht es eher um die Infrastruktur, um die Basis, um das dort zu errichten.
Holger Rapp
Genau und zu betreiben und so was. Ich halte das für immer ein Beispiel, in dem man jetzt an Leute herantritt. Du bekommst zwei Antworten: Die einen Leute, die sagen: „Jawohl, ich zahle ja auch für den Sprit. Auf der Autobahn zahle ich auch mehr als jetzt irgendwie beim Autobahnzubringer. Ist ja völlig klar, dass es da irgendwie teurer ist. Es ist ja mehr Aufwand“. Und andere Leute sagen: „Nein, ich mache einen Vertrag mit meinem Stromanbieter und deswegen erwarte ich auch, dass es überall das Gleiche kostet.“ Beim Mobilfunk, wenn ich jetzt in die Schweiz fahre oder nach Österreich, da kostet es mich auch gleich viel und da haben wir ja sehr lange auch dafür gekämpft, dass das Roaming beim Mobilfunk irgendwann verständlich wurde.
Das finde ich interessant, diese zwei mentalen Modelle, die man irgendwie beide nachvollziehen kann, aber die irgendwie nicht beide wahr sein können. Und wiederum als Gegenteil, wenn du dann mit Leuten redest: „Darf DC eigentlich mehr kosten als AC?“ Da sagen eigentlich die meisten: „Ja klar, DC ist viel aufwendiger und da muss man viel mehr Infrastruktur aufbauen und so was.“ Dass das jetzt eine EnBW oder ein Allego oder wer auch immer für AC-Strom weniger verlangt als für DC, ist generell akzeptiert, obwohl es jetzt in die andere Richtung geht. Das geht in die Richtung, dass du sagst, nein, das muss irgendwie auch nach Aufwand entlohnt werden.
Sebastian
Klar, ich denke, das ist zum einen natürlich auch stark dadurch getrieben, dass die Anbieter oder die EnBW, Allego, die Anbieter, das auch schon verstanden haben, so zu vermarkten: „Achtung, wir haben beim DC-Laden einen größeren Aufwand dahinter.“ Das wird dann einfach so als gegeben genommen, so wie wenn ich jetzt sage, Mercedes oder Opel, dann hast du ja auch eine gewisse Vorstellung, was das Fahrzeug kostet, jetzt ohne ein spezielles Modell miteinander zu vergleichen, allein schon durch die Marke, allein durch diese Erziehung, das Branding, was da betrieben wurde in der Vergangenheit, was auch mit DC- und AC-Ladern betrieben wurde durch den gesamten Markt, hast du einfach die Erwartung, DC-Laden ist aufwendiger, teurer. Dadurch muss der Strom dort auch mehr kosten.
Holger Rapp
Genau richtig. Die Verwirrung oder diese Unentscheidbarkeit, sozusagen, die treffen wir auch in verschiedenen Bereichen an, zum Beispiel, wenn wir mit Städten reden. Wir hatten einen interessanten Fall in einer großen deutschen Stadt, wo wir mit den Zuständigen geredet haben und denen haben wir gesagt: „Hey, wir haben auch einen Bezahlterminal und wir möchten das auch in allen unseren Stationen aufbauen“ und da haben die gesagt: „Super, das finden wir klasse.“ Und ich meine, jetzt natürlich wird es auch 2023 dann Pflicht und zu erwarten.
Dann haben wir gesagt, dort können wir auch den gleichen Tarif anbieten, den wir auch unseren Tarif anbieten und der ist im Mittel ein wenig günstiger, als wenn man roamt und dann haben die uns mit ganz großen Augen angeschaut und haben gesagt: „Nein, das geht nicht. Das darf nicht sein, dass es günstiger ist als Roam, weil das muss ja alles fair sein.“ Und als wir denen dann mal vorgerechnet haben, natürlich können wir mehr Geld nehmen, aber damit erhöhen wir unsere Marge, nur damit wir jetzt gleich sind, was das Roaming kostet. Wollt ihr das wirklich? Und dann haben die gesagt: „Ja, sonst kostet das Laden nicht mehr überall das Gleiche.“ Selbst da ist die Stadt an sich, ist noch nicht so richtig in sich ruhend gewesen, in sich klar gewesen. Was wollen wir denn erreichen? Wollen wir homogen überall das gleiche oder wollen wir so was Ähnliches wie bei der Tankstelle, wo man völlig akzeptiert, dass heute das Benzin bei Aral günstiger ist und morgen bei Shell?
Sebastian
Im Endeffekt ist es eigentlich so, so wie du jetzt sagst. Wir haben jetzt den Vergleich, der Benzin ist, glaube ich, ganz gut oder den hast du gut mit hereingebracht. Das ist eben unterschiedlich, je nachdem wo ich tanke. Ich wollte schon wieder Laden sagen, aber wo ich tanke, egal ob jetzt Autobahn oder Landstraße oder Aral und Shell, da gibt es Unterschiede, die sind akzeptiert, weil man einfach das da in Verbindung bringt.
Aber worauf du jetzt, glaube ich, abzielen willst, es gibt in Deutschland zumindest, wo ich jetzt beobachte, schon ein gewisses festes Preisgefüge, dass man über den Gesamtmarkt dann irgendwo legen kann, dass da eher die Erwartung ist, es kostet immer gleich viel. Da wäre, ich sage mal, auch der Fortschritt. Für mich wäre es zumindest so, dass man auch sagt, okay, je nach Gegebenheiten dort vor Ort, Ladeinfrastruktur, Aufbau, der Unterhalt der Kosten, Roaming oder eben jetzt auch das Ad-hoc-Payment, dass diese Faktoren dann noch viel mehr einlaufen sollten und dass man danach dann die tatsächlichen Kosten berechnet und nicht unnötig aufbläht, so wie das jetzt bei euch in deinem Beispiel der Fall war, nur um da gleichgestellt zu sein wieder.
Holger Rapp
Ja, aber andererseits kann man auch die Stadt verstehen. Stell dir mal vor, Qwello käme jetzt wirklich in diese große Stadt, wo schon andere Players am Start sind und du könntest mit ad hoc bei uns, keine Ahnung, ich erfinde eine Zahl, 3 Cent günstiger den Strom ziehen als bei anderen, bei ungefähr äquivalenter Ladeleistung. Dann kann ich schon verstehen, dass die Stadt nervös wird, weil sie vorher mit allen anderen ausgemacht hat, ihr müsst alle untereinander roamen können und ihr müsst alle untereinander irgendwie Tarife ausmachen, die für alle fair sind. Wenn dann Qwello kommt und sagt, wir unterbieten den jetzt aber einfach, weil das eine akzeptable Preisstruktur ist, die wir für richtig erachten und Roamen uns teurer kommt, als eben ad hoc zu bezahlen, dann verstehe ich schon, dass die Städte da auch nervös werden.
Du merkst schon, natürlich, wir bei Qwello glauben an ad hoc, aber ich finde es nicht sehr einfach, jetzt hier so einen klaren Schnitt zu machen und zu sagen, das eine ist das Richtige, das andere ist das Falsche, sondern es ist wirklich ein offener Gedanke. Aber ich denke, wir als Markt sollten uns schon entscheiden, in welche Richtung wir aktiv pushen wollen, weil wenn du versuchst in beide Richtungen zu pushen, zerstörst du auch viel. Es gab etwa jetzt vom Bund diese große DC-Ausschreibung, wo aber der Preis pro Kilowattstunde gedeckelt werden sollte, was wieder so ein Mix ist. Einerseits sagt man, natürlich dürft ihr aufbauen wie ihr wollt, aber andererseits soll es überall gleich viel kosten. Dann machst du einige Geschäftsmodelle schwieriger und andere erleichterst du. Du regulierst, du pushst beides in beide Richtungen.
Sebastian
Das heißt Endeffekt eigentlich, worauf du hinaus willst, der Markt müsste sich jetzt entscheiden oder es muss zumindest irgendwann eine Entwicklung in die eine oder in die andere Richtung geben, weil der Push in beide Richtungen, wäre dann auch irgendwie wieder Stillstand.
Holger Rapp
Genau, das ist meine Auffassung oder man könnte es ein bisschen prägnanter formulieren. Wenn du dir in 20 Jahren dein erstes Elektroauto kaufst, keine Ahnung, weil du jetzt erst geboren wirst oder keine Ahnung. Du warst nicht bei der ganzen Storming-Phase mit dabei. Kaufst du dir dann dazu einen Elektromobilitätsstromvertrag oder bezahlst du mit deiner Kreditkarte?
Ich glaube nicht an eine Welt, wo es fifty-fifty ist, sondern es wird ein Default geben, so wie es jetzt gerade das Default ist bei Benzinern. Du bezahlst einfach mit deiner Kreditkarte. Was da auch mit reinspielt, ist dann, welche Tarife sich durchsetzen. Wir sehen jetzt so was wie Flatrates oder geringere Kosten, wenn du noch einen Stromvertrag von einem Anbieter mitnimmst und so. Das existiert natürlich nicht, wenn ad hoc sozusagen gewinnt, dann existiert so was nicht. Ich frage mich, wie die Zukunft aussieht. Ich weiß es natürlich nicht, aber mir erscheint zu wenig Diskussion darüber zu sein, was wollen wir denn erreichen. In welche Richtung wollen wir denn hin und was ist denn die richtige, ideale Welt für den EV-Fahrer?
Sebastian
Ich glaube, da sind wir aber wieder an dem Punkt, wo dann weniger aus Sicht des EV-Fahrers gedacht wird, sondern eher aus Sicht der Ladestation-Anbieter dann auch wieder, weil die haben natürlich die Vorteile auf ihrer Hand, jetzt mal so rein subjektiv betrachtet aus meiner Sicht. Wenn ich eine Ladekarte habe, ich habe die Bindung mit einem Stromtarif oder so, da habe ich schon mehr Anknüpfungspunkte zu meinen Kunden, kann den auch in unterschiedliche Themen dann miteinbeziehen, auch aus Marketingsicht, als wenn es jetzt ein Ad-hoc-Lader ist, der eigentlich nur seine Karte vorhält. Da gibt es keine Kundenbeziehung.
Das ist wie, wenn du jetzt Dienstwagenfahrer bist. Du hast immer deine Shell-Tankstelle, wo du hingehst und tankst dort immer. Da kommt eine ganz andere Bindung auf. Ich kann dem immer mal wieder was anderes noch mit anbieten, sozusagen. Du warst jetzt fünfmal im Monat einladen. Jetzt kannst du hier noch mal dein Auto waschen oder was für ein günstigeres Angebot. Du schaffst dort mehr Anknüpfungspunkte. Von daher glaube ich, dass der Markt an sich, der Anbieter, schon eher in die Richtung drängen wird Tarife, Ladekarten.
Holger Rapp
Vielleicht hast du recht, aber damit kommt natürlich auch was anderes. Und zwar, das große Argument des Ladeanbieters ist, wenn ich nicht die Ladekarten machen darf oder wenn das nicht das primäre Modell ist, was sind denn dann meine Incentives? Was verleitet mich dazu, dann Ladesäulen auf die grüne Wiese zu stellen? Weil auf der grünen Wiese laden so wenig Leute und wenn ich das machen soll, lieber Staat oder liebe Stadt oder liebe Bürger, dann möchte ich doch gerne meine Investition da in der Gesamtheit irgendwie zurückbekommen. Dafür möchte ich eben überall den gleichen Tarif nehmen. Der ist dann ein bisschen teurer als der Ad-hoc-Tarif wäre in der Stadt und der ist dafür aber ein wenig günstiger als der Ad-hoc-Tarif wäre auf dem Land.
Ich meine, das war die große Argumentation beim Mobilfunk. Die Mobilfunkanbieter hat man dazu verdonnert, Mobilfunk auch bis ins letzte Eckchen Deutschlands anbieten zu müssen, aber dafür bekommen sie auch attraktive Towers, attraktive Möglichkeiten in den Ballungsräumen und eine Verpflichtung, das eine Weile zu betreiben.
Bei Tankstellen hat man das nie gemacht. Bei Tankstellen hat man einfach gesagt, gut, das lässt man den Markt dominieren, was jetzt auch dazu führt, dass du überall Tankstellen hast, aber du hast halt weniger auf dem Land und du hast mehr in den Ballungsräumen. Auch da sehe ich keine Klarheit. Momentan sieht man so ein bisschen Argumentationen in die eine und Argumentationen in die andere Richtung. Das Losverfahren der Bundesregierung fällt mir jetzt hier wieder ein, von wegen, ja klar, du kannst hier attraktive DC-Ladepunkte bekommen, aber dann musst du auch ein paar von den nicht attraktiven abnehmen. Und übrigens, der Strompreis ist gedeckelt.
Auf der anderen Seite aber auch die Verordnung, 2023 müssen alle Payment-Terminals haben. Das heißt, man muss auch ohne RFID-Karten bezahlen müssen. Das geht wieder in die andere Richtung. Es ist so ein bisschen Schlingerkurs. Wir versuchen ein bisschen beides, so etwas zu machen und so ganz klar, was sich durchsetzt, ist für mich jetzt momentan noch nicht.
Sebastian
Ja, kann ich so definitiv unterschreiben. Ich denke, das können wir auch einfach mal so für sich jetzt stehen lassen. Das können unsere Hörer, Hörerinnen, dann vielleicht auch mal unser Gespräch als Denkanstoß nehmen und bei uns dann auch in den Kommentaren unter der Podcast-Episode mitteilen, was so deren Annahme ist. Wo könnte es hingehen? Warum könnte es dort hingehen? Vielleicht, dass wir einfach mal so eine Diskussion da auch ein wenig in Gang bekommen, um zu schauen, wo entwickelt sich jetzt denn aus Sicht der E-Autofahrer, Fahrerinnen denn tatsächlich hin. Finde ich, haben wir jetzt relativ gute Ansatzpunkte schon mal mit ins Rennen geworfen und vielleicht kommt der eine oder andere Punkt auch noch mit dazu, den wir beide jetzt auch noch nicht so auf dem Schirm haben. Bin ich auch mal gespannt, was daraus wird.
Holger Rapp
Absolut, ich auch. Die nächsten zehn Jahre werden sehr spannend in unserer Industrie.
Sebastian
Das glaube ich auch, dass die sehr prägend sind. Insofern, vielen Dank Holger, für deine Zeit jetzt, für deine Gedanken zum Thema öffentliches, halböffentlich Laden. Wo kann die Reise hingehen? Welches Modell wird sich durchsetzen? Und ich denke, so wie du sagst, spätestens in zehn Jahren wird das eine oder das andere dann die Oberhand haben.
Holger Rapp
Genau. Dir auch, Sebastian. Vielen Dank, dass ich da sein dürfte. Und bis zum nächsten Mal.
Sebastian
Bis dahin, ciao.