Dieselgipfel: Maßnahmen zu spät und zu wenig?

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
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Auf dem Dieselgipfel am vergangenen Dienstag hat Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigt, für Kommunen eine Milliarde Euro für ein Sofortprogramm bereitzustellen, mit dem drohende Fahrverbote in schadstoffgeplagten Städten verhindert werden sollen. Die Mittel seien ab sofort verfügbar.

350 Millionen Euro sollen in die Elektrifizierung des ÖPNV gesteckt werden, zum Beispiel für Elektrobusse. Für 150 Millionen Euro sollen Dieselbusse nachgerüstet und damit schadstoffärmer werden. 500 Millionen Euro sind für digitalisierte Verkehrsleitsysteme vorgesehen, um zum Beispiel den Fahrzeugstrom flüssiger und somit emissionsärmer zu machen und um den öffentlichen Nahverkehr intelligent mit Park & Ride-Angeboten zu verknüpfen.

Kritiker bezweifeln, dass die Maßnahmen Fahrverbote für ältere Diesel verhindern können. Viel zu spät sei auf das Problem schlechter Luft reagiert worden. Schon seit Jahren zeigen die Messstationen an den Hauptstraßen fast jeder größeren deutschen Stadt, dass die Stickoxid- und Feinstaubwerte regelmäßig weit oberhalb der Grenzwerte liegen.

Deshalb droht Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren seitens der zuständigen EU-Kommission. Zudem laufen etliche Verfahren der Deutschen Umwelthilfe, die für bessere Luft bereits gegen Dutzende Städte Klagen eingereicht und zum Teil auch schon gewonnen hat. In Stuttgart und Düsseldorf etwa verdonnerten Verwaltungsrichter die Stadtverantwortlichen dazu dafür zu sorgen, dass die Grenzwerte schnellstmöglich eingehalten werden – mit welchen Mitteln auch immer. Fahrverbote, so die Richter in Düsseldorf, seien durchaus als verhältnismäßig anzusehen. In höchster Instanz wird das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 22. Februar über mögliche Fahrverbote urteilen.

Kritik von vielen Seiten

Nach dem Spitzentreffen der Kommunalvertreter mit Merkel kritisierten einige bekannte Oberbürgermeister auch die Autobranche. Stuttgarts Stadtoberhaupt Fritz Kuhn (Grüne) sagte, man dürfe die Autobauer „nicht außen vor“ lassen. Sie hätten ihre Aufgabe, die Fahrzeuge sauberer zu machen, noch längst nicht gelöst. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) kritisierte, dass es noch kein Elektrotaxi eines deutschen Herstellers gibt.

Das Umweltbundesamt hält die Beschlüsse des Dieselgipfels nicht für ausreichend, um drohende Fahrverbote flächendeckend zu verhindern. „Die beschlossenen Einzelmaßnahmen bringen nach unseren Schätzungen in der Regel maximal ein bis zwei Mikrogramm pro Kubikmeter Stickstoffdioxid-Belastung“, sagte Maria Krautzberger, Präsident des Umweltbundesamtes. In hochbelasteten Städten wie Stuttgart oder München mit Werten von aktuell mehr als 80 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter werde das Maßnahmenpaket nicht reichen, um die Luft ausreichend sauber zu bekommen.

Krautzberger sagte, der Gipfel sei „ein erster wichtiger Schritt nach vorn“ gewesen, besteht aber weiterhin auf einer technischen Nachrüstung. „Diesel-PKW verursachen in den Innenstädten mit mehr als 70 Prozent den Löwenanteil der verkehrsbedingten Stickoxid-Emissionen“, sagte sie.

Quelle: Spiegel Online – Drohende Fahrverbote: Mehr Geld für saubere Luft – doch die Zeit wird knapp // RedaktionsNetzwerk Deutschland – Umweltbundesamt: Diesel-Gipfel-Beschlüsse reichen nicht aus – Behörde pocht auf Hardware-Nachrüstung

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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