Die Projektpartner des Projekts „HyFab – Forschungsfabrik für Brennstoffzellen und Wasserstoff“ unter Federführung des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden- Württemberg (ZSW) und des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) beabsichtigen, mit Unterstützung der Landesregierung Baden-Württemberg und der Bundesregierung die Industrialisierung der Fertigung von Brennstoffzellenstacks voranzutreiben.
Die Automobilwirtschaft befindet sich in einem tiefgreifenden und komplexen Wandel, wie es ihn in der bisherigen Geschichte des Automobils noch nicht gegeben hat. Neben der zunehmenden Digitalisierung der Mobilität und der Entwicklung im Bereich des autonomen Fahrens spielt dabei der Umstieg auf emissionsfreie Antriebssysteme eine entscheidende Rolle.
Batterieelektrische Antriebe und Brennstoffzellenantriebe können neben der Nutzung von synthetischen Kraftstoffen die künftige emissionsfreie Mobilität prägen und dort zum Einsatz kommen, wo jeweils ihre spezifischen Vorteile liegen. Der Brennstoffzellenantrieb kann seine Vorteile insbesondere dort ausspielen, wo heute der Dieselmotor zum Einsatz kommt: Bei großen Fahrzeugen, im Langstreckenverkehr sowie bei Bussen, Nutzfahrzeugen und immer mehr auch bei Zügen.
Der Hochtechnologiestandort Deutschland verfügt im Bereich der Brennstoffzelle über das technologische Potenzial und die industriellen Voraussetzungen, um die wertschöpfungsintensiven Kernbestandteile dieser Technologie im Land zu fertigen. Dies müsse auch künftig als strategischer Vorteil genutzt werden, so das Bundesland Baden-Württemberg in einer aktuellen Absichtserklärung.
Ziel des Projekts „HyFab“ ist es:
- Eine offene, flexible Plattform zu schaffen, in der schnelle, automatisierte Fertigungsverfahren für die Assemblierung, Qualitätssicherung und Abnahme von Brennstoffzellenstapeln entwickelt und erprobt werden können.
- Verfahren zur Herstellung von Schlüsselkomponenten wie Membran-Elektrode-Einheiten zu erforschen und zu erproben.
- Prozessschritte zu entwickeln und zu erproben, die für die typischen Jahresstückzahlen in der automobilen Serienproduktion (200.000 Stacks pro Jahr) erforderlich sind.
- Als Kompetenzzentrum die Schulung und Weiterbildung von Fachpersonal in der Industrie zu übernehmen und Unternehmen für die Brennstoffzellentechnologie zu qualifizieren.
Die Initiative „HyFab“ wird von namhaften Partnern aus der Automobil- und Zuliefererindustrie getragen. Folgende Partner (Auszug in alphabetischer Reihenfolge) haben bereits ihre Mitwirkung zugesagt: Audi AG, BMW AG, ContiTech GmbH, ElringKlinger AG, Freudenberg Sealing Tech- nologies GmbH, Friedrich Boysen GmbH, Fumatech BWT GmbH, GROB-WERKE GmbH, Heraeus Deutschland GmbH, J. Schmalz GmbH, Liebherr Components Biberach GmbH, Mahle Filtersysteme GmbH, Mercedes-Benz Fuel Cell GmbH, Schaeffler Technologies AG, Siemens AG, teamtechnik Maschinen und Anlagen GmbH, thyssenkrupp AG, Umicore AG.
Mit dem Projekt „HyFab“ soll die industrielle Produktion von Brennstoffzellenstacks unterstützt und die Technologie serientauglich werden. Die Bundesregierung und die Landesregierung von Baden-Württemberg erklären, das Engagement der Industrie in „HyFab“ gemeinsam zu unterstützen und die Förderfähigkeit des Vorhabens zu prüfen, um die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie in Deutschland weiter voranzubringen.
Was Experten von E-Fuels und Brennstoffzellen halten
Der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller zeigte sich dem Branchendienst Electrive zufolge während einer Presseveranstaltung der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) kritisch über das Vorhaben. Eine industrielle Fertigung von Brennstoffzellenstacks liege noch in weiter Ferne, die wenigen Wasserstofffahrzeuge von Mercedes-Benz etwa würden noch vorwiegend per Handarbeit produziert. Auch synthetische Kraftstoffe als Ersatz für Diesel würden sich im Pkw-Bereich zumindest in nächster Zeit nicht durchsetzen können, zitiert Electrive den Grünen-Politiker.
Untersteller findet mit Blick auf die Wirkungsgrade verschiedener Antriebe, dass die Direktverwendung von regenerativem Strom in rein elektrischen Batterie-Fahrzeugen am sinnvollsten sei. Mit der Frage, weshalb man für die gleiche Fahrleistung mehrere Windenergieanlagen betreiben sollte anstatt einer, brachte der Grünen-Politiker seine Einschätzung auf den Punkt, analysiert Electrive. Martin Wietschel vom Fraunhofer ISI teile Unterstellers Meinung zu E-Fuels mit Blick auf den energetischen Aufwand: Erhebungen des Instituts zufolge liegt der Strombedarf bei Szenarien mit hohen Anteilen an synthetischen Kraftstoffen um die Hälfte über über jenen mit direkter Stromnutzung.
Den Brennstoffzellenantrieb sieht Wietschel vor allem bei Lkw und Bussen klar im Vorteil. Im Vergleich mit E-Fuels sei der Wirkungsgrad von Wasserstofffahrzeugen mit 35 Prozent gut doppelt so hoch. Aufgrund der hohen Fahrleistungen von Lkw und Bussen seien zudem die momentan noch recht hohen Preise für die Stack-Systeme „nachrangig zu beurteilen“, zitiert Electrive den Wissenschaftler.
Zur Zuverlässigkeit von Brennstoffzellenbussen zitiert der Branchendienst Thomas Jordan vom Karlsruher KIT. In der Stadt seien seit sechs Jahren zwei Wasserstoffbusse im öffentlichen Linienbetrieb zur Anbindung des Institutsgeländes im Einsatz und verrichten diesen Dienst „sehr zuverlässig“. Die Verfügbarkeit der beiden Busse liege mit 90 bis 95 Prozent im Bereich der Zuverlässigkeit von Dieselbussen.
Quellen: Baden-Württemberg – Pressemitteilung vom 04.07.2019 // Electrive – Baden-Württemberg: Brennstoffzelle statt Batterieforschung