Um die Expansion nach Europa weiter zu beschleunigen, investiert der chinesische Autohersteller BYD in eine eigene Flotte spezieller Autofrachter. Insgesamt acht eigene Schiffe will BYD bauen, jedes mit einer Kapazität für rund 9000 Fahrzeuge. Mitte Januar startete die BYD Explorer No. 1 ihre Jungfernfahrt im Hafen von Shenzhen, China. Ende Februar kam das erste Frachtschiff des chinesischen Autobauers schließlich in Bremerhaven an und brachte laut Manager Magazin 3000 Modelle an Land.
Am BLG Autoterminal Bremerhaven werden Fahrzeuge umgeschlagen, gelagert, technischen Dienstleistungen unterzogen und per Lkw, Bahn oder Schiff weiterverteilt. Der Umschlagplatz gehört mit über 1,7 Millionen umgeschlagenen Fahrzeugen pro Jahr zu den größten Autoterminals der Welt. Alle namhaften Autoreeder bedienen Bremerhaven regelmäßig, und jedes Jahr laufen rund 1000 Car-Carrier den Terminal an. Auf einer Fläche von 295 Hektar bietet der BLG-Standort Platz für bis zu 100.000 Fahrzeuge, bevor sie weiterbefördert werden.
Laut einem Bericht des Manager Magazins soll der Platz aber bald eng werden. Bereits 80.000 Fahrzeuge stehen in Bremerhaven auf Halde, darunter Fahrzeuge verschiedener Marken, aber eben auch einige von chinesischen Herstellern wie BYD. Zwar soll die Zahl insgesamt rückläufig sein, wie der Geschäftsführer des Autoterminals, Karsten Dirks, gegenüber der Wirtschaftszeitschrift erklärt. Doch stehe die Situation sinnbildlich für den lahmenden Automarkt. Die Hersteller bekämen nur schleppend ihre Autos los, heißt es weiter. Die Fahrzeuge, die Ende Februar mit BYDs Frachtschiff ankamen, stünden zum Großteil immer noch dort. Der chinesische Autobauer hätte viele Fahrzeug vorproduzieren lassen, ohne dass Bestellungen vorgelegen hätten. Das räche sich jetzt.
Förderprämien haben den Verkauf von Elektroautos verlangsamt
Das Terminal strebe einen schnellen Umschlag der Fahrzeuge an, doch auf der Importseite bleiben die Autos länger. Dies liege nicht nur an chinesischen Herstellern, die sogar nur fünf Prozent der Fahrzeuge ausmachen sollen, sondern an allgemeinen Schwierigkeiten des Marktes, insbesondere bei Elektroautos. Die gestrichenen Förderprämien der Bundesregierung haben den Verkauf von E-Autos verlangsamt. Zusätzlich beanspruchen viele Autohersteller technische Dienstleistungen von BLG, wie Nachrüstungen oder Software-Updates, da in den eigenen Werken oft die Kapazitäten fehlen. Diese Arbeiten tragen dazu bei, dass die Fahrzeuge länger im Hafen verweilen.
Die lange Standzeit speziell der BYD-Modelle sehe man nicht als strukturelles Problem, sondern als typische Startschwierigkeiten für neue Marken. Dies wird mit früheren Erfahrungen von Hyundai, Kia, Mazda, Nissan und Toyota verglichen, die ebenfalls zunächst länger im Hafen standen. Die BLG-Zentrale freut sich auf die wachsende Rolle chinesischer Autobauer im Autoterminal und erwartet trotz Anlaufschwierigkeiten eine regelmäßige Ankunft der von BYD gecharterten Schiffe. Immerhin verdient der Hafen gut an der Autoflut: Nach Angaben des Manager Magazins setzte das Unternehmen im Geschäftsjahr 2023 weltweit 1,21 Milliarden Euro um und erzielte ein Ergebnis vor Steuern (EBT) von 36,1 Millionen Euro.
Strafzölle auf E-Autos aus China, die von der EU-Kommission geplant sein könnten, bereiten dem Unternehmen keine Sorgen. Die Überkapazitäten in China werden voraussichtlich weiterhin zu häufigen Lieferungen nach Bremerhaven führen, vermuten die Logistiker. Auch, wenn der Hafen aktuell der größte Parkplatz Deutschlands sein dürfte, werde sich die aktuelle Masse der stehenden Fahrzeuge auch wieder verringern. Zumindest glaubt man bei BLG Logistics fest daran, da Marktschwankungen normal seien. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Quellen: Manager Magazin – BYD-Stau im größten Autohafen Deutschlands / BLG Logistics – Pressemitteilung vom 26.02.2024