Audi-Chef Gernot Döllner geht dem aktuell etwas holprigem Stand der Elektromobilität zum Trotz dennoch davon aus, dass die Zukunft des Autos rein elektrisch ist, wie er in einem aktuellen Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) sagte. Zuletzt waren die Ingolstädter – sowie die Konzernlenker in Wolfsburg – unzufrieden mit ihrer Führungsriege und den Produkten bzw. deren Verzögerungen, die sie zu verantworten hat. Döllner, seit September 2023 Vorstandsvorsitzender von Audi und zudem seit Anfang März Vorstand für die Technische Entwicklung bei der Volkswagen-Konzernmarke, soll den Hersteller nun wieder auf eine klare Linie bringen.
Die Voraussetzungen dafür seien gut, sagt Döllner, Audi stehe „robust da“, und habe in den vergangenen Monaten „schon eine ganze Menge erreicht“. Der Vorstand habe „eine intensive Bestandsaufnahme gemacht“ und sich eine Agenda gegeben – eine laut Döllner „sehr ausgewogene Mischung aus Transformations- und Strategieprogramm“.
Einen Strategiewechsel weg von Elektroantrieben, wie ihn zuletzt Mercedes mit der Halbierung seines Elektro-Ziels vollführt hat, werde es bei Audi nicht geben, stellt Döllner klar: „Wir dürfen uns durch die Diskussionen, die derzeit geführt werden, nicht verunsichern lassen. Die Zukunft des Autos ist ganz klar elektrisch!“. Audi werde an dem Plan festhalten, 2026 seinen letzten Verbrenner vorzustellen und sich bis 2033 komplett von konventionellen Antrieben zu verabschieden.
„Die heutigen Verbrennermodelle werden auf lange Sicht wegfallen“
Döllner sagt auch, dass die Diskussion, ob das E-Auto oder der Verbrenner der richtige Antrieb ist, „in erster Linie eine deutsche, in Teilen auch nordamerikanische Debatte“ sei. „Die Zahl der Neuzulassungen von Elektroautos und Plug-in-Hybriden steigt in den großen EU-Ländern weiter“, rückt er die Fakten zurecht. In der Transformationsphase hin zu einem reinen E-Auto-Hersteller wolle Audi „nicht mehr ein komplettes Verbrennerportfolio anbieten, sondern nur noch einzelne, hochattraktive Modelle“.
Döllner werde auch an dem von seinem Vorgänger Markus Duesmann angekündigten „Modellfeuerwerk“ festhalten, das im Sommer mit dem neuen Q6 E-tron beginne und kurz darauf mit dem elektrischen Nachfolger des A6 fortgesetzt werde. Zwar kommen im zweiten Halbjahr mit dem A5 und dem Q5 auch zwei Modelle auf einer neuen Verbrenner-Plattform, diese gehören allerdings schon jetzt zu den letzten ihrer Art bei Audi: „Die heutigen Verbrennermodelle werden auf lange Sicht wegfallen“, so der Audi-Chef.
Kleiner Elektro-Audi soll ein „wunderbares Fahrzeugkonzept“ sein
Zunächst sollen die kleineren Segmente „verschlankt“ werden, indem es „für den A1 und den Q2 keine direkten Nachfolgemodelle“ mehr gebe. In diese Lücke werde ein Elektroauto vorfahren: „Wir bringen mittelfristig unterhalb des Q4 E-tron ein zusätzliches elektrisches Modell an den Start“, bestätigte Döllner Berichte von vergangener Woche, die ein Elektroauto im Format des A3 in Aussicht stellen. Es handle sich um ein „wunderbares Fahrzeugkonzept“, dessen Serienmodell in Ingolstadt gebaut werde.
International sei Nordamerika „ein zentrales Handlungsfeld unserer Audi Agenda“, so Döllner weiter. Dort haben die Ingolstädter „ambitionierte Wachstumsziele“ und prüfen aktuell „unterschiedliche Ansätze für eine Fertigung von Elektromodellen in Nordamerika“, um von Steuergutschriften laut dem Inflation Reduction Act (IRA) profitieren zu können, eine Entscheidung hierzu stehe noch aus. „Fest steht, die Nachfrage in den USA nach E-Modellen von Audi wächst enorm“, so Döllner, und „unabhängig von der aktuellen politischen Diskussion“ um die Wahl des nächsten US-Präsidenten, die große Veränderungen für die Automobilbranche in dem Land mit sich bringen könnte, verfolge Audi „dort eine langfristige Strategie, die über die Legislaturperiode von Politikern hinausgeht“.
„Absolute Priorität“ habe für Döllner China, der weltweit größte Einzelmarkt für Autos. „Es geht dort nicht nur um neue Modelle, sondern auch um die Frage, wie wir uns mit den batterieelektrischen Fahrzeugen noch eine Spur progressiver positionieren, um den vielen neuen Anbietern zu begegnen, die wir auch im Premiumsegment sehen“, so der Audi-Chef in Anspielung auf die vielen E-Auto-Startups in dem Land, die in den vergangenen Jahren wie Pilze aus dem Boden schossen – aber zuletzt auch schon wieder reihenweise umkippten.
Gegen diese, aber auch gegen Rivalen wie Tesla, der zuletzt mit mehreren teils deutlichen Preissenkungen Kundschaft auf seine Seite ziehen wollte, sieht Döllner Audi gut gerüstet: „Unsere Pläne sind unabhängig davon, was ein einzelner Wettbewerber macht“, so der Audi-Chef abschließend im FAZ-Interview: „Mit unseren neuen Fahrzeugen, die jetzt Schritt für Schritt kommen, verjüngen wir unsere Modellpalette. Damit sind wir gut gerüstet, auch was die Preispositionierung betrifft.“
Quelle: FAZ – „Wir planen langfristiger als die Politik“