Audi-CEO möchte Technik-Vorstand Hoffmann entlassen

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Felix Katz
Felix Katz
  —  Lesedauer 5 min

Gemäß eines Berichtes der Bild-Zeitung plant Audi-CEO Gernot Döllner die Entlassung seines Entwicklungsvorstands Oliver Hoffmann. Diese Entscheidung soll angeblich bereits diese Woche im Audi-Aufsichtsrat zur Diskussion stehen. Allerdings liege die endgültige Entscheidungsbefugnis beim Aufsichtsrat des Mutterkonzerns VW, der Anfang März tagen soll.

Der Grund für die beabsichtigte Entlassung liege in der angespannten Beziehung zwischen Döllner und Hoffmann. Ein leitender Manager kommentierte diese Situation laut Bild mit den Worten: „Sie halten nicht viel voneinander.“ Döllner werfe seinem ehemaligen Studienkollegen den langjährigen Stillstand in der Entwicklung und die fortwährende Krise vor. Die Einführung neuer Modelle musste mehrmals verschoben werden, was zu Frustrationen innerhalb des Unternehmens führte.

Hoffmann, geboren am 25. Februar 1977 in Hannover, studierte Maschinenbau an der Leibniz Universität Hannover. Nach seinem Studium trat er 2004 in die Volkswagen AG ein. Über Lamborghini führte sein Weg 2006 zu Audi, wo er schließlich verschiedene Positionen innehielt, darunter in der Qualitätssicherung und der Antriebsentwicklung. Seit dem 1. März 2021 ist er Mitglied des Vorstands bei Audi und verantwortlich für den Geschäftsbereich Technische Entwicklung.

Seit Jahren kämpft Audi mit Entwicklungsproblemen, was dazu führte, dass der Premiumhersteller mehrfach den Start neuer Modelle verschieben musste. Diese Herausforderungen kosteten bereits dem damaligen Audi-Chef Markus Duesmann seinen Job. So soll der neue Elektro-SUV Q6 E-tron im Frühjahr mit etwa zwei Jahren Verzögerung vorgestellt werden, dann vermutlich auch ohne den aktuellen Technik-Chef Hoffmann, obwohl dieser laut Bild-Bericht erst im Mai 2023 einen neuen 5-Jahres-Vertrag unterschrieben hatte. Stattdessen könnte der 47-Jährige wohl zum neuen Formel-1-Team wechseln. Audi gab schon im Jahr 2022 bekannt, in die Königsklasse des Motorsports einsteigen zu wollen. Ein milliardenschweres Projekt, das Hoffmann vorantrieb, Döllner aber kritisierte.

Die endgültige Entscheidung über Hoffmanns Nachfolge stehe noch aus. Es wird über zwei mögliche Szenarien spekuliert: Entweder übernimmt ein führender Porsche-Ingenieur den Posten oder Döllner werde den Bereich Entwicklung selbst übernehmen, wie das Manager Magazins erfahren haben möchte. Eine Audi-Sprecherin hat demnach dazu gesagt, dass das Unternehme keine Spekulationen kommentiere. Diese Umstrukturierung deutet jedenfalls darauf hin, dass Audi möglicherweise eine neue Richtung in Bezug auf seine Entwicklung und technologischen Initiativen einschlagen möchte.

Die E-Mobilität bereitet Audi große Probleme

In den ersten fünf Monaten seiner Amtszeit als Audi-CEO habe Gernot Döllner eine umfassende Überprüfung des Unternehmens vorgenommen. Er soll laut Bild-Informationen den Spitznamen „der kleine Winterkorn“ in Anlehnung an den ehemaligen VW-Chef erhalten haben. Unter Döllners Leitung wurde zuletzt der Audi-Chefdesigner Marc Lichte entlassen, obwohl dieser eigentlich als Star seiner Branche galt. Neu im Audi-Boot ist Massimo Frascella, mit ihm will das Unternehmen nun die Weichen für die nächsten Generationen von Audi-Modellen stellen – wir berichteten.

Audi hatte ehrgeizige Pläne für die Zukunft, darunter die Strategie, ab 2026 ausschließlich neue Modelle mit E-Antrieb auf den Markt zu bringen. Im Jahr 2019 wurden 20 vollelektrische Modelle bis 2025 angekündigt. Während das Zieldatum näher rückt, wurden bisher nur wenige Fortschritte erzielt. Derzeit bietet die Marke aus Ingolstadt lediglich drei Elektromodelle an: den Sportwagen E-Tron GT, das Kompakt-SUV Q4 E-Tron und das Luxus-SUV Q8 E-Tron.

Experten wie Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management stellen fest, dass die Umstellung auf E-Mobilität dem gesamten VW-Konzern große Probleme bereitet, wobei Audi besonders betroffen sei. Trotz technischer Vorzüge könne die Marke mit den vier Ringen keine führende Rolle in der E-Mobilität beanspruchen, heißt es laut Spiegel. Insgesamt hinken die Zulassungszahlen von Elektro-Audis im Vergleich zu ihren deutschen Wettbewerbern deutlich hinterher. Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 30.000 neue Elektroautos von Audi zugelassen, während Mercedes über 36.000 und BMW über 40.000 Elektro-Modelle verzeichneten. Der US-Konkurrent Tesla setzte hierzulande mehr als 63.000 Autos ab, wie weiter berichtet wird.

Audi-CEO möchte Technik-Vorstand Hoffmann entlassen
Seht sinnbildlich für die Probleme bei Audi: der Q6 E-Tron. Eigentlich sollte das Elektro-SUV schon Ende 2022 vorgestellt werden, unter anderem Schwierigkeiten bei der Softwareentwicklung sollen zur Verzögerung beigetragen haben. Nun soll es im März endlich soweit sein | Bild: Audi

Weg vom Sorgenkind-Image, zurück zu „Vorsprung durch Technik“

Mit dem Aufkommen der Elektromobilität habe Audi an technologischer Innovation verloren und bewege sich nun eher im Strom. So haben die Ingolstädter bisweilen mit dem Problem zu kämpfen, sich im VW-Konzern zu positionieren. Stefan Bratzel kommentiert auf Spiegel: „Die Entwickler bei Audi scheinen ihr Selbstbewusstsein verloren zu haben. Sie waren einst die Götter im VW-Konzern. Dann kam der Dieselskandal. Seitdem haben sie große Probleme, wieder auf die Beine zu kommen.“

Selbst das neue Elektroflaggschiff Audi Q6 E-Tron ist technisch weitgehend identisch mit dem elektrischen Porsche Macan. Beide Modelle nutzen die gemeinsam entwickelte Plattform, die Premium Platform Electric (PPE), was beiden Herstellern große Probleme bereitet hätte. Erstmals sollte die Software für die Steuergeräte im Fahrzeug nicht von externen Zulieferern, sondern größtenteils aus dem VW-Konzern selbst stammen. Zu diesem Zweck wurde 2019 die hauseigene Software-Abteilung Cariad von Volkswagen ins Leben gerufen. Jedoch stießen die Programmierer dort ebenfalls auf zahlreiche Probleme.

Auch beim automatisierten Fahren hinke Audi insbesondere der Premiumkonkurrenz aus Deutschland hinterher. Mercedes darf bereits mit dem „Drive Pilot“ in Kalifornien und Nevada autonom auf Level 3 fahren, während der BMW 5er als erstes Auto eine Zulassung für teilautomatisiertes Fahren bis 130 Kilometer pro Stunde auf der Autobahn erhalten hat. Und Audi? Wenig Innovationen, dafür aber ein paar futuristische Konzeptfahrzeuge, die einen Ausblick auf das autonome Reisen der Zukunft geben sollen.

Die geplante Elektro-Offensive soll nun flexibler gestaltet werden, angeblich, „um das Team und die Händler nicht zu überfordern“, zitiert der Spiegel. Diese ungewöhnlichen Vorgänge spiegeln sich auch in den Geschäftszahlen wider. Obwohl Audi laut Bericht in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres mehr Autos als im Vorjahr verkaufte, verzeichnete das Unternehmen einen Gewinnrückgang von 26 Prozent. Das Paradoxon von mehr Umsatz und weniger Gewinn lasse sich laut Bratzel damit erklären, dass Audi nicht mehr innovativ genug sei, um höhere Preise zu rechtfertigen. Der Werbeslogan „Vorsprung durch Technik“ sei mittlerweile ins Gegenteil umgeschlagen.

Quellen: Bild – Audi-Boss will Technik-Vorstand rausschmeißen / Manager Magazin – Audi-Boss Gernot Döllner übernimmt Entwicklungsressort / Handelsblatt – Audi-Chef Döllner übernimmt auch das Ressort Entwicklung / Spiegel – Audi ist jetzt abgehängt

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Felix Katz

Felix Katz

Felix Katz liebt alles, was vier Räder und einen oder gleich mehrere Motoren hat. Nicht nur Verbrenner, sondern vor allem Elektroautos haben es ihm angetan. Als freiberuflicher Autojournalist stromert er nicht nur fast jeden Tag umher, sondern arbeitet seit über zehn Jahren für viele renommierte (Fach-)Medien und begleitet den Mobilitätswandel seit Tag eins mit.

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MiMaTu:

Was im Artikel gar nicht erwähnt wurde ist der kapitale Fehler, die komplette SW selber entwickeln zu wollen. Normalerweise sagt man“ Schuster bleib bei deinen Leisten“. Audi konnte gekaufte überspitzt fertige Komponenten schick verpackt zusamnenschrauben.
Jetzt mit der Cariad als SW Konzern im VW Konzern ging das Desaster los. Zu viel zu gleichzeitig… und da Audi ingenieure sich nicht so gut unterordnen können ging der Machtkampf halt bei der Sw zwischen VW, Audi, und porsche los.

Rudi S.:

Das Drama bei Audi ging los als VW angefangen hat, dort in Ingolstadt alles mit drittklassigen Managern aus Wolfsburg vollzupressen. Also vor ca. 10 Jahren. Selbst schuld.

Otto Bers:

Nein. Marc Lichte wurde nicht entlassen. Er übernahm bzw. übernimmt andere Aufgaben.

Georg Pous:

Der gute Mann wird nicht entlassen. Er wird auf einen anderen Posten versetzt, das ist in Unternehmen business as usual. Wahrscheinlich auch weiter zum bisherigen, respektablen Gehalt.
Das Lebbe geht weide.

Spiritogre:

Urgh, ernsthaft? Landrover Jaguar hat doch gerade das extreme Problem, dass sie zu langweilig und / oder alt aussehen.

Uli:

Der Designchef Lichte wurde doch schon entlassen. Ich habe gelesen der aktuelle Designchef von Landrover Jaguar soll ihn ersetzen

Quattro:

Das kann auch keiner mehr verstehen. Audi sieht seit 20 Jahren gleich aus. Wenn man sich dagegen Mercedes anschaut, die sehen mit den neuen Modellen richtig frisch aus.

Anstatt Audi aus seiner Vergangenheit im Retro eines Elegend EL1 wagt. Nein da wirst Haifischmaul seit 20 Jahren von Designern im Rentenalter jedes Jahr aufs neue herausgeholt.

Gregor:

Ich bin komplett dafür das Doellner die Doppelrolle einnimmt. Als CEO hat man ja noch so viel Freizeit und Technik Chef zu sein, ist ja quasi Pipifax.
Denn nur so kann Audi nochmal einen Gang runter schalten und gibt der Konkurrenz genug Platz um zu überholen und Marktanteile abzunehmen.
Bravo, ihr macht das richtig gut.

PS: Die doffe Idee die ihr beim VW Konzern habt, wo man während der Fahrt sein Handy hinstecken soll… könnt ihr stecken lassen. Gut den Designer zu entlassen, der das verzapft hat.

Miraculie:

Bei Audi auch mal die Designabteilunng aus den 90/00ern ersetzen.

Anstatt etwas kantigen wie in den 80ern zu wagen sieht Audi wir seit 25 Jahren aus. Das Design ist ausgelutscht.

Niemand kann einen aktuellen Etron vom 20 Jahre alten q7 unterscheiden

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