Seit gut einem Jahr leitet Markus Duesmann die Audi AG. In einem Interview mit dem Handelsblatt sprach er darüber, wie er die Ingolstädter VW-Tochter ins Zeitalter der Elektromobilität führen will, welche Rolle Audi bei der E-Auto-Entwicklung innerhalb des Volkswagen-Konzerns ausfüllen soll und warum er den Weg der Technologieoffenheit bei Pkw-Antrieben für nicht sinnvoll erachtet.
Duesmann fahre privat bereits ein Elektroauto, sagt er zu Beginn des Interviews, und freue sich „jeden Tag über das Auto, den lautlosen Antrieb und die einmalige Beschleunigung.“ Reichweitenangst habe er zwar nicht, da er sowohl zu Hause als auch am Arbeitsplatz eine Lademöglichkeit habe. Die öffentliche Ladeinfrastruktur ist dem Manager allerdings trotzdem noch zu lückenhaft. „In ein paar Jahren sollte jeder Parkplatz eine Lademöglichkeit bieten“, findet Duesmann.
Es gebe bereits viele Initiativen, um den Ausbau zu beschleunigen, etwa in Städten, wo sich der Audi-Chef mehr Schnellladesäulen als Ergänzung zur gängigen 22-kW-Infrastruktur wünscht. Hierbei fände er „mehr Förderung durch die Politik hilfreich“. Audi prüfe sogar, „eine eigene Premium-Ladeinfrastruktur in großen Städten“ aufzubauen. Der Grund dafür klingt ziemlich naheliegend: „Wir wollen nicht, dass der Verkauf unserer Fahrzeuge durch den Mangel an Ladestationen gebremst wird.“
Für schätzungsweise „irgendwann in den 30er-Jahren“ rechnet Duesmann damit, dass der letzte Verbrenner bei Audi vom Band läuft. Aktuell seien noch zu 95 Prozent Verbrennungsmotoren im Angebot, aber ab sofort soll jedes Jahr „mindestens ein neues Elektromodell“ ins Portfolio wandern. „Mitte des Jahrzehnts werden wir in Europa ungefähr ein Drittel der Autos mit Elektroantrieb ausliefern, Ende des Jahrzehnts rund die Hälfte“, gibt Duesmann die Marschrichtung vor. Hybridautos seien dabei lediglich als „eine Brückentechnologie“ zu betrachten. Elektroautos seien mittlerweile „sehr attraktiv“ geworden und es sei sinnvoll, „sich auf die reinen Batteriefahrzeuge zu konzentrieren“.
Eine größere Technologieoffenheit, wie sie einige Vertreter verschiedener Branchen fordern, findet Duesmann „problematisch“. Die Autoindustrie müsse „neben Wasserstoff und Strom auch noch den Verbrenner kontinuierlich weiterentwickeln“, gibt er zu bedenken. Grüner Wasserstoff sei jedoch weltweit „auf absehbare Zeit kaum verfügbar. Jedenfalls nicht so viel, dass es sinnvoll wäre, damit Autos zu betanken“, findet er. Außerdem seien andere Branchen „viel dringender auf Wasserstoff angewiesen: die Luftfahrt oder die Stahlindustrie zum Beispiel. Statt Technologieoffenheit brauchen wir Technologieklarheit“, so der Audi-Chef.
Audi will „in vielerlei Hinsicht Maßstäbe setzen“
Diese technologische Klarheit zu schaffen sei eine Aufgabe der Politik: „Berlin sollte abschätzen in welchen Feldern welche Energiemengen benötigt werden, wie viel grüner Wasserstoff in den nächsten Jahren verfügbar sein wird und wo er eingesetzt werden soll“, sagt Duesmann. Für die Elektromobilität gehe Audi massiv in Vorleistung, allein bis 2025 sollen bei Audi 15 Milliarden Euro in E-Mobility-Projekte investiert werden. Gleichzeitig müsse der Hersteller auch die Verbrennertechnologie weiterentwickeln, da sie bis Ende des Jahrzehnts „immer noch die Hälfte der Verkäufe ausmachen dürften“, so der Audi-Chef. Dies sei „insgesamt ein enormer Kraftakt“.
Die Antwort auf die in mehreren technologischen Teilbereichen führenden Elektroautos von Branchenprimus Tesla sei bei Audi das Projekt Artemis. Unter diesem Schlagwort entwickelt Audi für den gesamten VW-Konzern eine E-Auto-Plattform, mit der Tesla überholt werden soll, so Duesmann: „Das Projekt soll in vielerlei Hinsicht Maßstäbe setzen. Mit Blick auf Elektromobilität, aber auch auf das automatisierte Fahren“. Audi sei mit Artemis, gestartet bereits im vergangenen Jahr, „auf jeden Fall im Zeitplan“. Das erste Artemis-Auto soll in diesem Herbst auf der IAA als Studie vorgestellt werden und im Jahr 2024 auf den Markt kommen.
Quelle: Handelsblatt – Audi-Chef Markus Duesmann: „Wir wollen Tesla überholen“