Einen Blick auf das kommende Jahr in Sachen E-Autos und Mobilität haben die Analysten von IDTechEx geworfen. Das Unternehmen für Marktforschung mit Sitz in Cambridge unterhält Dependancen in den USA, Japan und Deutschland.
Tech-Gigant Tesla wird demnach seinen Weg fortsetzen, bis 2030 jährlich 20 Millionen Autos zu verkaufen. Bei einem Durchschnittspreis von 30.000 Dollar pro Tesla-Auto entspreche selbst ein Viertel davon einem Umsatz von 150 Milliarden Dollar. Obwohl Tesla auch an elektrischen Lastwagen arbeitet, geht IDTechEx davon aus, dass Pkw jetzt und in Zukunft der profitabelste Markt für E-Fahrzeuge bleiben werde. Die Erfolge von Tesla würden den Weg für andere Unternehmen ebnen. Ein Beispiel sei Rivian, das von Ford und Amazon unterstützt wird und im November an die Börse gegangen sei.
Autonome Fahrzeuge sieht IDTechEx ebenfalls auf dem Vormarsch. Es sei zu erwarten, dass 2022 weitere Tests für Robo-Taxis stattfänden, geht aus den Strategiepapieren hervor. Nachdem Honda mit dem Legend das erste Level-3-Fahrzeug in Japan auf den Markt gebracht habe, dürften Modelle von anderen Herstellern 2022 folgen. IDTechEx rechnet auch in Europa mit dem Aufkommen von Level-3-Fahrzeugen für den Privatgebrauch. Deutschland, Frankreich und England hätten bereits ihr Interesse bekundet, die Nutzung auf öffentlichen Straßen zu erlauben. Die Mercedes S-Klasse gilt als Favorit für einen Start Anfang kommenden Jahres. Der technische Fortschritt in diesem Bereich werde durch die zunehmende Raffinesse der Sensor-Technologien unterstützt, heißt es. Continental und ZF dürften 2022 die ersten 4D-Radargeräte in Serienfahrzeuge einbauen. Parallel dazu sänken die Preise für LiDAR. Bosch habe gegenüber IDTechEx erklärt, dass sein System für 250 bis 500 US-Dollar erhältlich sein werde.
Die Aussichten für Brennstoffzellen in Pkw schätzen die Analysten weiterhin gering ein. Reichweite und Tankvorteil böten allerdings hohes Potenzial für Langstrecken-Lkw oder Busse. Während der Tesla Semi zunehmend verschoben werde, um den Batterien für rentablere Elektroautos den Vorrang zu geben, kündigte Hyundai im September an, bis 2028 Brennstoffzellenvarianten für alle seine Nutzfahrzeuge zu entwickeln.
Bei IDTechEx sieht man obendrein Chancen, die Reichweite von Elektrofahrzeugen auszudehnen. Neben der Erhöhung der Batteriekapazität gebe es Möglichkeiten bei der Leistungselektronik. Eine aufstrebende Motoren-Technologie seien sogenannte Axialfluss-Motoren, bei denen der magnetische Fluss parallel zur Rotationsachse verläuft. Gegenüber Radialfluss-Motoren böten diese eine höhere Leistungs- und Drehmomentdichte sowie Vorteile bei der Bauform. Sie könnten in der AMG-Plattform von Mercedes Verwendung finden.
Beschleunigen wird sich nach Ansicht der Analysten der Übergang zu 800-Volt-Systemen sowie zum Einsatz von Siliziumkarbid in der Leistungselektronik. Renault, BYD und Hyundai hätten in diesem Bereich bis 2025 neue Fahrzeugplattformen angekündigt. Die Herausforderungen an Gehäuse und Materialien seien offensichtlich beherrschbar. Ein wichtiger Trend sei in diesem Zusammenhang die Einführung der „Cell-to-Pack“-Technologie. BYD habe seine Blade-Batterie auf die Straße gebracht, und viele Autohersteller, darunter Tesla, VW und Stellantis, hätten angekündigt, diese Technologie in den kommenden Jahren einsetzen zu wollen. Weil die Zellen direkt mit der Kühlplatte verbunden werden könnten, verringere sich die Anzahl der thermischen Schnittstellen. Allerdings bestehe in der Folge ein erhöhter Bedarf an wärmeleitenden Klebstoffen.
Auf dem absteigenden Ast sieht man bei IDTech-Ex die Hybrid-Fahrzeuge. Insbesondere Plug-in-Modelle seien im schlimmsten Fall „Umweltschwindel“. Die jüngsten Zuwächse seien durch Europa getrieben, da die dortigen Autohersteller Strafen wegen Verstößen gegen das EU-Ziel von 95 g CO2 pro Kilometer vermeiden wollten. Die politischen Entscheidungsträger würden die Grenzen des Hybridanriebs jedoch zunehmend erkennen, heißt es. Darüber hinaus beinhalteten Verbote fossiler Brennstoffe zwischen 2030 und 2040 in der Regel auch Verbote für Doppel-Herzen.
Quelle: IDTechEx – Pressemitteilung