Rund um die E-Mobilität gibt es zig Mythen und Fakten. Manche enthalten ein Körnchen Wahrheit. Andere wiederum nicht. Aus diesem Grund habe ich mir acht Mythen und Fakten zur Elektromobilität näher angesehen. Pro und Contra betrachtet, sowie ein Fazit gezogen. Nachfolgend findest du diese.
1. Reichen die Rohstoffe für die Produktion von einer Millionen Elektroautos?
Fakt: In einem 50 kWh Akkus für Elektroautos stecken ca. 100kg Graphit, 32kg Nickel, 11kg Kobalt, 10kg Mangan und 6kg Lithium. Die aktuelle Weltproduktion an Lithium und Kobalt reicht nicht aus, um immer mehr Elektroautos zu produzieren. Aber viele Rohstoffvorkommen sind noch unentdeckt und können somit den Bedarf der kommenden Jahrzehnte an Elektroautos/-akkus decken.
Pro: Experten gehen davon aus, dass selbst bei einem aggressiven Markhochlauf, diese Vorkommen dem Bedarf standhalten können und somit ist ein Rohstoffengpass ausgeschlossen ist. Dennoch sind die Vorkommen in Salzseen in Chile, Argentinien und Bolivien schwer kalkulierbar. Zusätzlich nimmt der Kobaltanteil am Gesamtgewicht des Akkus ab. Gegenüber den ersten Zellchemien wurde der Kobaltanteil um den Faktor 10 reduziert. Die Katode besitzt statt 30% Kobalt nun nur noch 3%. Zeitgleich forscht Daimler-Benz an einem 0% Kobalt Akku.
Contra: Welchen Preis muss man für die steigende Produktion von Lithium und Kobalt bezahlen? Die Förderung beider Rohstoffe gilt als teuer und aufwendig und geht teilweise mit Umweltschäden bei der Förderung einher.
Fazit: Die Produktion bleibt eine Herausforderung, um die zukünftigen Bedarfe zu decken.
2. Hält das Stromnetz die Belastungen von einer Millionen Elektroautos aus?
Fakt: Das heutige Stromnetz kann so eine Belastung noch nicht sicherstellen. Das lokalen Verteilernetzer müssten in diesem Rahmen modernisiert werden.
Pro: Dennoch wäre zum jetzigen Zeitpunkt ein Anteil von 30% Elektroautos am Bestandsnetz zumutbar. Danach müsste man das Netz ausbauen, um lokale Stromausfälle zu vermeiden.
Contra: Die Energiewende ist in den letzten Jahren ziemlich ins Stocken geraten und benötigt eine Wiederbelebung. Der Anteil der erneuerbaren Energien muss gesteigert werden, um die Elektroautos sinnvoll zu betanken.
Fazit: Ein Stromkollaps aufgrund zu vieler Elektroautos ist dennoch ausgeschlossen.
3. Wo sollen Millionen Elektroautos den Strom aufladen? Besonders in städtischen Ballungsräumen.
Fakt: Laut dem BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) stehen aktuell 27.730 öffentliche und teilöffentliche Ladepunkte von Energieunternehmen, Parkhäusern, Parkplatzbetreibern, Supermärkten und Hotels zur Verfügung (Stand: Mai 2020). Dies reicht für etwa 440.000 elektrisch betriebene Fahrzeuge.
Pro: Doch aktuell dominiert das private Aufladen im eigenen Hause. Wenn der Markthochlauf kommt, muss massiv in den Ausbau der Ladeinfrastruktur investiert werden. Laut der Studie des Thinktanks „Agora Verkehrswende“ müssen bis 2050 jährlich Investitionen in Höhe von 1,5 bis 2,1 Millarden Euro in die Verstärkung von Kabeln und Trafsos in die Hand genommen werden.
Contra: Die Mehrzahl der städtischen Bevölkerung hat keinen Zugang zu Garagen und ist somit auf das öffentliche Lade-Netz angewiesen.
Fazit: Der Ladesäulenausbau wird nicht als Engpass angesehen.
4. Die Reichweite von Elektroautos ist zu gering.
Fakt: 2020 besitzt der durchschnittliche Elektroauto Kleinwagen eine Reichweite von 278 km bzw. SUV’s 397km und Limousinen von 502km.
Pro: In naher Zukunft sollen für das durchschnittliche Elektrofahrzeug bei gleichbleibendem Gewicht Strecken von bis zu 500 Kilometer kein Problem darstellen.
Contra: Die angegebene Reichweite von Elektroautos entspricht nicht der Realität, da Heizung und Klimaanlage die Reichweite reduziert.
Fazit: Bald sind Reichweiten ohne Komforteinschränkungen möglich.
5. Wie grün ist das Elektroauto? Beispiel Treibhausgase
Fakt: Die energieaufwendige Akkuherstellung erhöht die CO2 Bilanz des Elektroautos.
Pro: Ab ca. 30.000 gefahrenen Kilometer hat das Elektroauto eine bessere Klimabilanz, als ein herkömmlicher Verbrennungsmotor. Um so höher der Einsatz von erneuerbaren Energien bei der Produktion des Elektrofahrzeugs bzw. beim Aufladen ist, desto früher wird dieser Breakeven-Punkt erreicht.
Contra: Die Herstellung eines Elektroautos bzw. eines Elektroakkus benötigt viel Strom. Die Herstellung des Tesla 100 kWh Akkus verbraucht zwischen 15 und 20 Tonnen an CO2-Emissionen.
Fazit: Nach wenigen Jahren kippt die Klimabilanz und das Elektroauto ist grüner, als herkömmliche Verbrennungsautos.
6. Wie grün ist das Elektroauto? Beispiel Rohstoffe
Fakt: Immer wieder ist die Rede von den schädlichen Auswirkungen der Lithiumgewinnung auf lokale Trinkwasservorkommen. Dabei ist jedoch zu unterscheiden, ob das Lithium aus Gestein (wie zum Beispiel in Australien) oder über solare Verdampfung aus Sole gewonnen wird. In der Atacama-Wüste in Chile beispielsweise führt dies nicht, wie oft behauptet, dazu, dass den dort lebenden indigenen Gemeinschaften das Wasser entzogen wird. Vielmehr ist es so, dass das Wasser aus den Anden stammt und die Entnahmestellen der indigenen Bevölkerung im Randgebiet des Salar des Atacama oberhalb der Brunnen liegen, aus denen das Wasser für die Lithiumproduktion kommt.
Das heißt, dass das Wasser zuerst die indigenen Gemeinden und danach die Brunnen der Lithiumproduzenten erreicht. Die Wassermenge, die für die Produktion im Salar genehmigt wurde, beeinträchtigt somit nicht die benötigte Wassermenge der angrenzenden Gemeinden. Das Kobalt hingegen wird im Kongo abgebaut. In den improvisierten Gruben kommt es aufgrund von schlechten Sicherheitsvorkehrungen immer häufiger zu Unfällen, aber auch schrecken die Betreiber dieser Minen nicht vor Kinderarbeit zurück. So die gängigen Informationen, welche im Netz aufzufinden sind.
Dennoch gelten nachfolgende Pro- und Contra-Punkte:
Pro: Mit steigender Nachfrage kann der Druck in Richtung ökologischen- und sozialen-Verbesserungen zunehmen.
Contra: Die aktuellen ökologischen- und sozialen-Bedingungen für die Gewinnung der Rohstoffe sind häufig noch problematisch. Allerdings lohnt es sich, im Detail darauf zu achten, wo und wie beispielsweise der Rohstoff Lithium gewonnen wird. Ökobilanzen können wesentlich dazu beitragen, qualitative ökologische Unterschiede, zum Beispiel beim CO2- oder Wasser-Footprint, besser einschätzen zu können.
Fazit: Bei der Öko- und Sozialbilanz muss sich noch einiges ändern.
7. Wie gut lassen sich Elektroautos recyceln?
Fakt: Aktuell werden Elektroakkus noch nicht im großen Stil recycelt, sondern besitzen ein zweites Leben und werden anderweitig in Batteriefarmen weiterbenutzt.
Pro: Wenn ein Elektroakku recycelt wird, dann werden die gewonnenen Metalle als Sekundär-Metalle wieder in die Produktion von neuen Akkus eingeschleust. Bei Kobalt besteht eine Recycling-Quote bis zu 95%.
Contra: Konzepte für den Massenmarkt müssen noch entwickelt und getestet werden.
Fazit: Recycling ist möglich, wenn auch die Konzepte noch ausgereift werden müssen.
8. Elektroautos sind teurer in der Anschaffung als herkömmliche Fahrzeuge.
Fakt: Die Anschaffungspreise für Elektroautos, unabhängig von der Umweltprämie, sinken von Jahr zu Jahr.
Pro: Die Kaufprämie der Bundesregierung beträgt aktuell bis zu 9.000 Euro und im direkten Vergleich zwischen Verbrenner und Elektroauto kann das Elektroauto ab einer Laufleistung von 15.000 km/Jahr und das über 5 Jahre, günstiger betrieben werden.
Contra: Aktuell sind Elektroautos ohne Umweltprämie noch teurer, als herkömmliche Verbrennervarianten. VW erwartet erst zur zweiten Welle der Stromer eine Preisparität zwischen Verbrenner und Elektroauto.
Gesamtfazit zu 8 Mythen und Fakten zur Elektromobilität
In der Rohstoffgewinnung liegen noch die größten Probleme, aber in der Ökobilanz liegt das Elektroauto klar vorne.
Der Artikel hat unter Punkt 6 nach seiner Veröffentlichung ein Update am 20.10.2020 erfahren; da dies nicht die 100% korrekte Situation abgebildet hat.