Das Batteriesystem ist die zentrale Komponente eines Elektroautos. Partner aus Forschung und Industrie demonstrieren nun im Projekt CoolBat, wie innovative Konstruktionsprinzipien, Materialien und Produktionsverfahren dazu beitragen können, Gehäuse für diese Batteriesysteme klimafreundlich herzustellen und zugleich bessere Gebrauchseigenschaften zu integrieren. Die Batteriegehäuse werden dabei leichter und sparen bis zu 15 Prozent Kohlendioxid (CO2) – und das bei höherer Leistung des Batteriesystems, schnellerem Laden sowie mehr Reichweite.
Darüber hinaus soll die Herstellung der Batteriegehäuse im Vergleich zu bisher angewandten Verfahren deutlich effizienter werden. Elektromobilität und Klimaschutz können damit weiter an Fahrt gewinnen. Koordiniert wird das Vorhaben vom Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU.
Reichweite und Ladeleistung entscheiden wesentlich über die Akzeptanz der Elektromobilität bei Kundinnen und Kunden. Die Wettbewerbsfähigkeit der herstellenden Unternehmen hängt letztlich davon ab. Wichtige Elemente eines Batteriesystems für Elektroautos sind nicht nur das Batteriemodul selbst mit seinen Zellen, sondern ebenso das Gehäuse mit Strukturen zur Lastverteilung und Temperaturregulierung, Rahmen, Deckeln sowie Bodenplatten, die in ihrer Gesamtheit vor Überhitzung schützen müssen und bei Unfällen Beschädigungen des Batteriekerns abwenden sollen.
„In aktuellen Batteriegehäusen steckt noch viel Optimierungspotenzial für funktionsintegrierten Leichtbau und Ressourceneffizienz“, sagt Rico Schmerler, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fraunhofer IWU am Fraunhofer-Projektzentrum Wolfsburg und Koordinator von CoolBat. „Deshalb nutzen wir diese Baugruppe, um für Gehäuse der nächsten Generation CO2-einsparende Lösungen zu entwickeln und zu erproben“. Dabei haben die Forschenden aber nicht nur E-Autos im Blick, so Schmerler: „Unser Ziel ist es, die Forschungsergebnisse später auf weitere Anwendungen und Branchen zu übertragen, in denen große Batterien genutzt werden.“
Leichtbau und Funktionsintegration auf kleinerem Bauraum
Mehr Funktionen auf kleinerem Bauraum bei weniger Schnittstellen – das wollen die Projektpartner erreichen. Dafür werden Einzelsysteme zu funktionsintegrierten Strukturen kombiniert, die thermische und mechanische Aufgaben in sich vereinen. Beispielsweise erhalten Tragstrukturen direkt eingegossene Temperierkanäle, und in Bodenplatten wird die Funktion der Kühleinheit mit der des Crash-Schutzes verbunden. Das erreichen die Forschenden mit Aluminiumschaum. Das leichte Material kann bei Unfällen viel Aufprallenergie absorbieren. In Kombination mit Phasenwechselmaterial (PCM) kann es zudem den Energieaufwand zur Kühlung der Batterie senken.
Das Fraunhofer IWU verfügt laut eigener Aussage bereits über rund zwei Jahrzehnte Erfahrung bei der Entwicklung und Anwendung von metallischen Schäumen. Seine Expertise für den Einsatz von Leichtbauwerkstoffe und neuen Leichtbautechnologien bringt das Institut ebenso bei der Konstruktion und Fertigung des lastpfadoptimierten Batteriegehäuse-Deckels ein. Zudem werden im Forschungsprojekt neue Wärmeleitwerkstoffe entwickelt und erprobt. Sie ersetzen bisher aufwendig hergestellte, ökologisch hoch belastende und kostenintensive Wärmeleitpasten. Die Werkstoffentwicklung im Projekt umfasst auch neue Materialien für einen nachhaltigen Brandschutz.
Das Ziel: 15 Prozent CO2-Einsparung pro Batteriegehäuse
„Jeder Entwicklungsschritt im Projekt wird unter dem Aspekt der CO2-Einsparung und CO2-Bindung betrachtet und bewertet. Das beginnt bei der Konstruktion, setzt sich fort mit der CO2-reduzierten Material-, Technologie- und Fertigungsauswahl und führt bis hin zur nachhaltigen Produktperformance über den gesamten Lebenszyklus“, erläutert CoolBat-Leiter Schmerler das ganzheitliche Herangehen an Lebenszyklusanalyse und CO2-Bilanzierung. Damit werden etwa 15 Prozent CO2-Einsparung pro Gehäuse möglich.
Die CoolBat-Partner haben darüber hinaus weitere positive Effekte aus den funktionsintegrierten Leichtbaulösungen errechnet: eine höhere Leistung pro Masse im Batteriesystem, schnelleres Laden sowie mehr Reichweite – alles gewichtige Argumente, um Elektromobilität weiter in Fahrt zu bringen.
Hintergrundwissen zu CoolBat
Das Projekt CoolBat wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen der Initiative Technologietransfer-Programm Leichtbau (TTP Leichtbau) gefördert und durch den Projektträger Jülich betreut. Unter der Gesamtkoordination des Fraunhofer IWU sind die weiteren am Fraunhofer-Projektzentrum Wolfsburg integrierten Fraunhofer-Institute IFAM, IST und WKI als Forschungspartner beteiligt. Partner aus der Industrie sind folgende Unternehmen: FES-Fahrzeug-Entwicklung Sachsen / Auto-Entwicklungsring Sachsen, Basdorf, Lampe und Partner (BLP), Compositence, Invent, iPoint-systems, LXP Group, MID Solutions, Synthopol Chemie Dr. rer. pol. Koch, Tigres, Trimet Aliminium und Daimler.
Das Fraunhofer-Projektzentrum Wolfsburg greift die Forderung nach klimaneutraler Mobilität und Produktion sowie gleichzeitig steigendem Bedarf nach Individualisierung auf und bietet daran anknüpfende Lösungsansätze z. B. zur Gewichtsreduzierung und dem Einsatz von nachwachsenden und nachhaltigen Rohstoffen, intelligenten Multimateriallösungen sowie Recyklaten. Über den stofflichen Kreislauf hinaus werden verstärkt Lösungen zur Schließung von Bauteilkreisläufen erarbeitet.
Die Fraunhofer-Institute IFAM, IST, IWU und WKI führen im Projektzentrum ihre Kompetenzen für die genannten Forschungsansätze in den Forschungsthemen Flexible Produktion, Future Interior und Batteriemodulbau zusammen und adressieren damit neben dem Automobilbau auch Luftfahrt, Schifffahrt und Schienenverkehr. Mit seiner Forschungsexpertise und Innovationsfreude unterstützt das Fraunhofer-Projektzentrum Wolfsburg die Hersteller und Zulieferer der jeweiligen Branchen dabei, zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen: vom Rohstoff über die Fertigung bis zur Wiederverwertung.
Das Fraunhofer-Projektzentrum ist örtlich und organisatorisch in die Open Hybrid LabFactory (OHLF) integriert, einer von neun vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten öffentlich-privaten Partnerschaften für Innovationen, den sogenannten Forschungscampi. Die OHLF wurde im Jahr 2012 unter der Federführung des Niedersächsischen Forschungszentrums Fahrzeugtechnik (NFF) der TU Braunschweig initiiert und ermöglicht unter seinem Dach die Zusammenarbeit der TU Braunschweig und der Fraunhofer-Gesellschaft auf Forschungsseite sowie neben Volkswagen mehrerer namhafter Unternehmen auf Industrieseite. Neue Technologien und Verfahren werden im Zusammenspiel von Expertinnen und Experten entwickelt und auf Marktfähigkeit und ökonomische Nachhaltigkeit praktisch erprobt.
Quelle: Fraunhofer IWU – Pressemitteilung vom 14.10.2021