In meinem Gespräch mit Essa Al-Saleh, CEO von Volta Commercial Vehicles (ehemals Volta Trucks), für Elektroauto-News haben wir tief in die aktuellen Herausforderungen und die ambitionierten Pläne des Unternehmens geschaut. Gegründet im Jahr 2019 von zwei schwedischen Unternehmern hat sich Volta dem Ziel verschrieben, den Nutzfahrzeugmarkt im mittleren Segment durch innovative, vollelektrische Lkw zu transformieren. Doch der Weg dorthin ist alles andere als einfach.
Nach einer erfolgreichen Entwicklungsphase und Investitionen in Höhe von rund 460 Millionen Euro innerhalb der ersten drei Jahre, sah sich das Unternehmen im Oktober des vergangenen Jahres gezwungen, Insolvenz anzumelden. Der Grund: Schwierigkeiten bei der weiteren Kapitalbeschaffung und Unsicherheiten bei einigen Lieferanten.
Dennoch gelang es dem Unternehmen nur 48 Tage nach Bekanntgabe der Insolvenz, mit neuer Energie und einer optimierten Strategie zurückzukehren. Dieser Erfolg war möglich durch die Unterstützung von Luxor Capital, einem langjährigen finanziellen Förderer. Im Rahmen des Investments von Luxor Capital fand eine Umbenennung in Volta Commercial Vehicles statt.
Volta Commercial Vehicles: Geschichte des Neustarts und der Chancen
Im Rahmen unseres Austauschs gab mir Essa einen Einblick in die turbulente Zeit nach der Insolvenz und die Schritte, die das Unternehmen unternommen hat, um wieder auf die Beine zu kommen. “In dieser Zeit mussten wir das Unternehmen komplett restrukturieren. Einer unserer bestehenden Investoren, Luxor Capital, entschied sich, die Vermögenswerte zu kaufen und uns neues Kapital zur Verfügung zu stellen, um zurück auf den Markt zu kommen.” Seit Dezember 2023 arbeitet Volta daran, die Produktion wieder aufzunehmen und die Lieferkette neu zu beleben. Bisher konnte das Unternehmen zusätzlich zu den Mitteln von Luxor Capital rund 35 bis 36 Millionen Euro aufbringen, was die Basis für die nächsten Schritte bilden soll.
Essa erläuterte, dass das Unternehmen sich derzeit in der Produktion der ersten 50 Elektro-Lkw befindet, von denen etwa zehn noch in diesem Jahr ausgeliefert werden sollen. “Wir haben die Produktion in Steyr, Österreich, gestartet und sind bereit, die Produktion zu skalieren”, sagt er. Allerdings sei dies ein kapitalintensives Geschäft, das von weiteren Investitionen abhängt. “Wir brauchen zusätzliche 150 Millionen Euro, um die Produktion zu erweitern und die steigende Nachfrage zu bedienen”.
Auf meine Frage, welche Optionen auf dem Tisch liegen, um diese Mittel zu beschaffen, antwortete Essa offen: “Ein Verkauf des Unternehmens könnte eine Option sein, aber wir schließen nichts aus. Wir glauben, dass Volta als unabhängiges Unternehmen eine Zukunft hat, aber wir prüfen auch strategische Optionen, die uns helfen könnten, unsere Ziele zu erreichen.” Er betonte, dass sich Volta derzeit in Gesprächen mit verschiedenen potenziellen Investoren befinde, sowohl für neue Kapitalrunden als auch für mögliche Partnerschaften oder Übernahmen.
Das Produkt im Fokus: “Einzigartig und zukunftsweisend”
Ein zentraler Aspekt des Gesprächs drehte sich um das Produkt selbst, den Volta Zero, einen vollelektrischen Lkw, der für städtische Logistik entwickelt wurde. Essa ist stolz auf die Besonderheiten des Elektro-Lkw: „Unser Design ist nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern ermöglicht auch eine deutlich höhere Effizienz im Betrieb.“ Durch die speziellen Designelemente, wie die verbesserte Sichtbarkeit und Manövrierfähigkeit, kann der Volta Zero laut Essa die Produktivität der Flotten um fünf bis zehn Prozent steigern.
„Unsere Strategie ist es, direkt mit den Kunden zu arbeiten und ihre Bedürfnisse und Sorgen bezüglich der Elektrifizierung zu verstehen“, erläutert Essa weiter. Diese enge Zusammenarbeit habe bereits zu wertvollen Erkenntnissen geführt: „Ein deutscher Kunde, einer der größten Logistikanbieter weltweit, hat uns geholfen, einige Designelemente und Features des Fahrzeugs zu entwickeln, die für die Fahrer und Flottenbetreiber von Bedeutung sind.“
Die Nachfrage nach dem Volta Zero ist laut Essa nicht nur in Europa groß, sondern auch in anderen Märkten wie den USA und dem Nahen Osten. “In den letzten zwölf Monaten haben wir ein großes Interesse an unserem Produkt in Märkten außerhalb von Europa gesehen”, berichtet er. Insbesondere im Nahen Osten gebe es eine starke Nachfrage nach emissionsfreien Fahrzeugen. „Wir prüfen derzeit alle Möglichkeiten, um in diese Märkte zu expandieren und die notwendigen Kapitalressourcen zu sichern“, fügt er hinzu.
Volta-Strategien für die Zukunft: Wachstum und Expansion
Für die Zukunft setzt Volta auf eine duale Strategie: Wachstum durch den Ausbau der Produktion und die Erschließung neuer Märkte sowie die Sicherung weiterer Finanzierungsmöglichkeiten. „Mit dem richtigen Kapital können wir unsere Produktionskapazitäten erweitern und schneller auf die Marktanforderungen reagieren“, betont Essa. Der Fokus liege dabei darauf, die Volumenproduktion zu steigern und die Lieferkette zu stärken, um den stetig steigenden Bedarf an elektrischen Nutzfahrzeugen zu decken.
Essa erklärte zudem, dass die kommenden vier bis sechs Wochen entscheidend sein werden, um die Finanzierungsrunde abzuschließen. “Wir haben klare Meilensteine und Ziele gesetzt, aber wir müssen flexibel bleiben, um die besten Chancen für das Unternehmen und seine Mitarbeiter zu sichern”, so der CEO.
Volta beschäftigt derzeit rund 150 Mitarbeiter, die auf verschiedene europäische Länder verteilt sind. Die meisten von ihnen arbeiten in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Vertrieb sowie in der Lieferkette und im Backoffice. „Ohne unsere Partner, insbesondere Steyr Automotive, die uns bei der Fertigung unterstützen, wären wir nicht dort, wo wir heute sind“, hebt er die Bedeutung von starken Partnerschaften hervor.
Insgesamt vermittelt Essa Al-Saleh ein positives Bild von der Zukunft von Volta, trotz der aktuellen Herausforderungen. “Wir sind bereit, uns den Herausforderungen zu stellen und unser Ziel, den Markt für Nutzfahrzeuge zu revolutionieren, weiter zu verfolgen”, schließt er optimistisch ab.