15 Millionen Elektroautos auf Deutschlands Straßen bis 2030. Dieses Ziel, das sich auf Seite 22 des Ampel-Koalitionsvertrages findet, wird nach Ansicht des auf den Automobilmarkt spezialisierten Marktforschungsunternehmens Dataforce kaum erreichbar sein. Nicht einmal, wenn man die Plug-in-Hybride dazuzählt. Die Analysten rechnen bis 2030 mit einem realistischen Bestand von rund elf Millionen batteriebetriebenen Fahrzeugen. Das entspricht weniger als einem Viertel des gesamten PKW-Bestandes in Deutschland.
Selbst für diese Prognose müsste alles optimal laufen, die Produktion ebenso wie der Kaufwille der Kunden. Corona und die Wirren des Ukraine-Kriegs haben ersterem zahlreiche Unterbrechungen beschert und bei zweiterem wird die Kürzung der Kaufprämien sowie die Abschaffung für Plug-in-Hybride und gewerblich genutzte Fahrzeuge die Nachfrage auch nicht explodieren lassen.
Beim Aspekt der Kaufprämien weisen die Analysten zudem auf einen Umstand hin, der marginal erscheint, es aber nicht ist: durch ein legales Schlupfloch in den Förderbedingungen haben viele E-Auto-Käufer Neufahrzeuge gekauft, die hohe Umweltprämie in Anspruch genommen und die Fahrzeuge dann bald darauf wieder verkauft – und zwar vor allem ins skandinavische Ausland. Nach Angaben von Dataforce waren 40,4 Prozent aller seit 2018 neu zugelassenen Elektro- und Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge drei Jahre später nicht mehr in Deutschland angemeldet! Das ist beinahe viermal so viel wie bei Verbrenner-PKWs.
Von dieser Praxis haben bisher viele profitiert: der Verkäufer fährt damit über die Mindestbehaltedauer praktisch kostenlos ein neues Elektroauto, der Käufer bekommt ein fast neuwertiges Fahrzeug dank des Abzugs der Umweltprämie deutlich billiger als wenn er es im eigenen Land kaufen würde. Findige Unternehmen haben sich als Zwischenhändler eine goldene Nase verdient.
Diese Praxis ist zwar bekannt – nicht jedoch die Dimension. Auch das Institut Schmidt Automotive Research hat Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) analysiert und kommt zu einem ähnlichen Schluss: zwischen Januar 2012 und Juli 2022 wurden in Deutschland insgesamt 890.000 Elektrofahrzeuge neu zugelassen. Zum Stichtag 1. Juli 2022 waren jedoch nur mehr 756.517 davon in Deutschland unterwegs. Mehr als 130.000 E-Autos sind daher in der Zwischenzeit aus Deutschland „verschwunden“ – mehr als 15 Prozent der Neuzulassungen.
Auch wenn das eine oder andere Fahrzeug verunfallt oder außer Betrieb gesetzt wurde, der überwiegende Teil dürfte wohl mit diesem gewinnbringenden Trick ins Ausland verbracht worden sein, was dem Steuerzahler bisher dreistellige Millionenbeträge kostete. Vor allem Teslas sind im benachbarten Ausland offenbar schwer gefragt: von 98.000 in Deutschland zugelassenen fahren gerade noch 76.690 auf heimischen Straßen. Fast jeder vierte Tesla, der in Deutschland zugelassen wurde, findet also den Weg ins Ausland. Auch bei Porsches ist der Anteil sehr hoch.
Um dieser Praxis Einhalt zu gebieten, wurde die Mindest-Behaltedauer auf zwölf Monate verlängert – vorbehaltlich der Genehmigung der EU-Kommission. Wer sein Auto dann vorher verkauft, muss die Förderung zurückzahlen. Da die Gebrauchtwagenpreise aktuell aber aufgrund der langen Lieferzeiten bei Neuwagen steigen, fordern Experten eine noch deutlichere Verlängerung auf 24 Monate. In Österreich beträgt die Behaltefrist bei geförderten Fahrzeugen sogar vier Jahre. Aber auch die geplante Kürzung der Umweltprämien wird das Problem eindämpfen, weil der Preisvorteil dann weniger hoch ist.
Quelle: auto-motor-und-sport.de – E-Auto-Prämie absahnen, dann ins Ausland verkaufen