Vielleicht war es einfach gesunder Optimismus – womöglich aber auch die im VW-Konzern nicht seltene Großspurigkeit. Audi-Chef Markus Duesmann jedenfalls erklärte vor kurzem öffentlich, den US-Konkurrenten Tesla in Sachen E-Mobilität nicht nur einholen zu wollen, sondern gar zu überholen. Er verwies dazu auf das wohl nicht ohne Grund nach der griechischen Göttin der Jagd benannte Projekt “Artemis“. Aus diesem werde bereits 2024 der “Landjet” auf den Markt kommen – ein Premium-Fahrzeug, das es in Sachen Elektroantrieb und Software mit dem derzeitigen Marktführer aufnehmen könne.
Die Börse reagierte zwar prompt mit Kurssteigerungen, VW-Großaktionär Wolfgang Porsche allerdings soll weniger begeistert gewesen sein. Das US-Nachrichtenportal “Business Insider” (BI) beruft sich auf Aussagen von Teilnehmern, wonach der Sprecher der Eigentümer-Familie intern deutliche Kritik geübt habe. Tenor: Die Manager sollten besser den Mund nicht so voll nehmen. Offenbar liegt nämlich ausgerechnet das wegweisende Artemis-Projekt deutlich hinter dem Zeitplan. Wie BI aus Konzernkreisen erfahren haben will, ist bereits von einem halben Jahr Verzug die Rede. Schuld daran sei die Entwicklung der neuen Software.
Vor knapp einem Jahr hatte Volkswagen Artemis vorgestellt. Eine schlagkräftige Sondereinheit, die unter der Leitung von Audi in Rekordzeit neue Technologien rund um das elektrische, hoch-automatisierte Fahren auf die Straße verhelfen soll. Pilotprojekt sei ein Luxus-Stromer oberhalb des A8, der in Hannover gebaut werden soll. Dieser “Landjet” soll der neuen Generation von Teslas Model S mindestens ebenbürtig sein und Inbegriff der künftigen “Tech-Company” Volkswagen werden. Sowohl Duesmann als auch VW-Chef Herbert Diess kündigten den Serienstart des Tesla-Jägers für das Jahr 2024 an.
“Unrealistische Ziele sind zu einer Spezialität von VW geworden”, zitiert BI dagegen einen mit dem Projekt vertrauten Top-Manager. Es sei längst klar, dass der „Landjet“ erst 2025 komme – und auch das sei schon ein ambitioniertes Datum. Probleme bereitet offenbar das neue Betriebssystem VW.OS 2.0, das erstmals im „Landjet“ präsentiert werden soll. Die notwendigen Verbesserungen nach den verkorksten Anläufen von Golf 8 und ID.3 hätten zu viele Ressourcen gebunden, heißt es.
Weiterer Ärger lauert laut BI im Zusammenschluss von Fachkräften aus unterschiedlichen Konzernmarken. Nicht jedem Hersteller unter dem VW-Dach falle der Verlust von Eigenständigkeit leicht, heißt es. Angeblich trägt Porsche nicht genug zu Artemis bei, während Audi schlechte Projektführung unterstellt wird. Wolfgang Porsche soll derweil gemahnt haben, nicht vor lauter Visionen das Kerngeschäft aus den Augen zu verlieren. Zitiert wird er mit den Worten: “Wir können nicht so tun, als gebe es keinen Verbrenner mehr.”
Quelle: Business Insider.de – VW-Eigentümer rüffelt Manager