Volkswagens Finanzvorstand Dr. Arno Antlitz sprach in einem Interview mit Der Aktionär über die heißen aktuellen Themen der Automobilbranche: Halbleiterknappheit, Elektromobilität, Software und autonomes Fahren. „Wir können im Sturm segeln“ umschreibt der Manager die aktuell angespannte Situation aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit an Halbleitern. Aufgrund der Chipkrise konnte VW gut 800.000 Fahrzeuge weniger produzieren als im Vorjahr, beinahe zehn Prozent der sonst üblichen Jahreskapazität. Aber „trotz des Rückgangs in der Produktion haben wir ein bereinigtes operatives Ergebnis von 14,2 Milliarden Euro und eine Marge von 7,6 Prozent erreicht“, so Antlitz. Und diese Zahlen „liegen ungefähr auf dem Niveau von 2019“, was bislang Volkswagens „bestes finanzielles Jahr war“.
Antlitz ist aber trotzdem nicht zufrieden mit der finanziellen Situation: „Wir müssen Fortschritte in Sachen Fixkosten und Produktivität machen“, sagte er in dem Interview und bekräftigte damit eine Forderung, die man schon öfters aus Volkswagens Führungsriege gehört hat. Denn „Fakt“ sei: „Wir brauchen die Beiträge aus dem klassischen Verbrenner-Geschäft, um die Transformation Richtung Elektromobilität zu stemmen“. Das strategische Ziel sei, nichts geringeres als „Weltmarktführer in der Elektromobilität zu werden“.
Auch die Software sei „ein wichtiges Zukunftsfeld“, was sich bei VW unter anderem damit äußert, dass der Konzern mit CARIAD eine eigene Software-Einheit gegründet hat. „Mit ihr verfolgen wir das Ziel, bis 2025 eine führende Software-Plattform als Backbone für alle Konzernfahrzeuge zu entwickeln“, erklärt Antlitz. Er verweist auf die erste Software-Plattform 1.1, welche bereits eingeführt wurde und Upgrades und Over-the-Air-Updates für das rein elektrische MEB-Produktportfolio ermöglicht. 2023, so VWs Finanzvorstand, „soll die Premium-Software-Plattform 1.2 starten, die unter anderem ein neues, einheitliches Infotainment-System bietet und weitere zusätzliche Funktionen“. Für eine gut funktionierende Software nimmt VW viel Geld in die Hand: „jedes Jahr rund 2,5 Milliarden Euro“, so Antlitz.
Analog zu seiner Elektroauto-Plattform MEB, welche unter anderem von Ford genutzt wird, wolle VW auch die Software-Plattform für andere Unternehmen öffnen. Dies steigere aufgrund der höheren Nutzerzahlen „die Netzwerkeffekte und auch den Wert“. Aber darauf angewiesen sei Volkswagen nicht, wie Antlitz explizit betont: „Unsere Netto-Liquidität beträgt 26 Milliarden Euro“. Und mit diesem Polster im Rücke sei die grundsätzliche Zielsetzung, „die Transformation Richtung Elektromobilität und Digitalisierung aus eigener Kraft zu schaffen und zu finanzieren.“
Und dann wäre da noch ein Thema, welches im Zuge der Transformation der Automobilbranche ebenfalls beackert werden will, das autonome Fahren. „2025 wollen wir mit Trinity und Artemis Fahrzeuge bringen, die Level 2+ in Serie haben und für Level 4, sprich teil-autonomes Fahren, vorbereitet sind“, sagt Antlitz hierzu. Am vollautonomen Fahren arbeite VW über die Beteiligung an Argo AI. Testflotten des aus dieser Partnerschaft erwachsenen ID. BUZZ AD seien bereits in Hamburg und München im Einsatz. „Ab 2025 sollen dann auch vollautonome Sammeltaxis fahren“, so der Manager
Über Software und autonomes Fahren ergeben sich auch völlig neue Erlöspotenziale, wie Antlitz erklärt. Aktuell sind die Margen von Elektroautos noch geringer als bei Verbrennern. Aber „mit zunehmendem Hochlauf der Produktion, also zunehmenden Skaleneffekten und sinkenden Batteriepreisen, werden sich die Margen aber deutlich verbessern“, erklärt VWs Finanzvorstand. „In zwei bis drei Jahren erwarten wir Margenparität zwischen Elektroautos und Verbrenner-Modellen“. Und hierbei sind die neuen Erlösmöglichkeiten im Hinblick auf Software und „Dienstleistungen, die durch das autonome Fahren noch deutlich erweitert werden“, noch gar nicht berücksichtigt.
Quelle: Der Aktionär – Volkswagen-CFO Antlitz: „Wir haben uns das Ziel gesetzt, Weltmarktführer in der Elektromobilität zu werden“