Gerade im Schwerlastverkehr tobt der Streit besonders stark: Werden Brummis künftig eher mit Batterie oder mit Brennstoffzelle fahren? Eine Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) kommt zu dem Ergebnis, dass sich Batterie- und Oberleitungs-Lkw trotz höherer Anschaffungskosten für die Speditionen lohnen. Und zwar wegen der deutlich niedrigeren Betriebskosten sogar ohne staatliche Hilfen.
„Batterieelektrische Lkw werden in zehn Jahren bereits bei moderaten CO2-Preisen für fast alle Anwendungen deutlich günstiger und klimafreundlicher sein als Neufahrzeuge mit Diesel-Antrieb“, sagt Julius Jöhrens, Leiter der Analyse. Eine Stromversorgung über Oberleitungen könne dabei die Kostenbilanz weiter verbessern und zusätzliche systemische Vorteile erschließen. „Wenn es allein nach den Kosten geht, werden die Speditionen 2030 für innerdeutsche Transporte nur noch E-Lkw anschaffen.“
Beim Vergleich verschiedener Antriebe für das Jahr 2030 zeigt sich laut Studie, dass die batterieelektrischen LKW gegenüber der Diesel-Konkurrenz etwa die Hälfte der CO2-Emissionen einsparen können – Stromerzeugung und Herstellung der Lkw mit eingerechnet. Etwa ein Drittel der verbleibenden CO2-Emissionen geht dann auf die Fahrzeugherstellung zurück.
Die Oberleitungstechnik sei dabei vor allem für den Einsatz auf Langstrecken interessant, heißt es in der Untersuchung. Dort wird aktuell auch stark die Nutzung von Wasserstoff in Brennstoffzellen-Lkw diskutiert. Im direkten Vergleich mit Batterie- und Oberleitungs-Lkw seien Brennstoffzellen-Lkw wirtschaftlich allerdings nur bei extrem niedrigen Wasserstoffpreisen konkurrenzfähig, so das Ergebnis der Studie. Diese könnten nur in optimistischen Szenarien veranschlagt werden – etwa für den H2-Import aus wind- und sonnenreichen Regionen außerhalb Europa. Die CO2-Emissionen lägen jedoch selbst dann nur niedriger, wenn der Wasserstoff fast ausschließlich regenerativ erzeugt wird. Dies sei angesichts hoher H2-Nachfrage aus anderen Sektoren in der Praxis wohl nur schwer zu erfüllen.
Die Ergebnisse der Studie zeigen nach Ansicht der Verfasser klar, dass mit deutschem Strommix hergestellter Wasserstoff 2030 weder in der Kosten- noch in der CO2-Bilanz mithalten könne. Brennstoffzellen-Lkw dürften eher nur dort zum Zuge kommen, wo der Einsatz von Batterie-Lkw an praktischen Gesichtspunkten scheitert. Das aber habe der Staat über den Ausbau der Infrastruktur zum größten Teil selbst in der Hand. Allerdings könnten auch E-Lkw die CO2-Emissionen höchstens halbieren, so das Fazit. Um die gesteckten Klimaziele tatsächlich zu erreichen, müssten unnötige Lkw-Transporte vermieden und langfristig deutlich mehr Transporte auf die Schiene verlagert werden.
Quelle: Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg
Ich finde es immer wieder faszinierend, daß der gesunde Menschenverstand und elementare Physikkenntnisse erst durch Studien belegt werden müssen, um „wahr“ zu werden.
Wasserstoff im Straßenverkehr war schon immer keine schlaue Idee – in der Industrie sieht das natürlich etwas anders aus – wobei……
Als Speicher für die potenzielle Dunkelflaute aber die meisten Prozesse laufen auch hier offensichtlich, wenn die Sonne scheint.
Eine typisch deutsche Studie. In diesem Fall noch von den Oberleitungs-Freaks der Branche. Geht von Annahmen aus, die theoretisch richtig sind, in Deutschland vielleicht machbar, aber in den meisten anderen Ländern nur Gelächter hervorrufen.
Dass LKW für den Lokalverkehr und kurze Distanzen – so bis ca. 300 km – BEV sein werden, ist allen klar. Die Frage ist, was für die Fälle gilt, wo schwere LKW grössere Distanzen bewältigen müssen. Selbst in dieser Studie wird klar, dass das mit BEV nicht geht, bzw. nur mit BEV plus Oberleitungen. Niemand will 10 Tonnen Batterien in einen LKW packen; aus Kosten- und Preisgründen nicht.
Damit ist die Frage: Setzen sich für den LKW-Fernverkehr eher Oberleitungen durch oder eher FCEV? Die Studie sagt, sie fände Oberleitungen besser. Ist ja möglich, die Eisenbahn wäre eindeutig noch besser, seit etwa 100 Jahren.
Sagen Sie das mit den Oberleitungen mal in Russland, Australien, den USA, Chile, Argentinien, Brasilien – oder auch nur schon in Italien oder Polen. Die lachen sich krumm. Glaubt hier jemand im Ernst, Länder oder Regionen wie diese würden je einmal Fernstrassen mit Oberleitungen bauen? Hingegen werden heute schon in zahlreichen Länder H2-Korridore geplant und gebaut.
Auch noch interessant: Damit die Kostenrechnung für Oberleitungen im Vergleich zu FCEV besser wird, geht die Studie grundsätzlich von in D erzeugtem H2 aus, der im Jahr 2030 pro kg 9.45 Euro kosten wird. In der Branche geht man davon aus, dass die Produzentenpreise für grünen Wasserstoff bis dann etwa 1.5 Euro pro kg sein werden.
Mit der (Akku)-Wahrheit ist wie mit dem Öl im Wasser : irgendwann kommt die auf die Oberfläche; man benötigt allerdings viel Geduld…
Der Markt wird es Regeln.
Manches erledigt sich von selbst.
Das Gewicht von LKW und Batterie dürfte den Straßen/Brücken ordentlich zusetzen, was wiederum den Steuerzahler treffen dürfte.
Ein Institut mit „über 40-jähriger Erfahrung“ und „80 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“ sieht es ähnlich wie ich, da liege ich mit meiner Einschätzung auch ohne Studium und ohne Titel ja richtig.
@Jakob Sperling: Auch die Fahrer im Ausland müssen irgendwann eine Pausen machen und brauchen Schlaf, sie hätten also auch genug Zeit, um Batterien zu laden. In der Pampa müsste man keine kilometerlangen Stromleitungen legen lassen, hier würden PV- und Windparks als Strominseln reichen, die zudem die Bevölkerung mit Strom versorgen und Stromüberschuss als H2 speichern könnten.
@Dude: Die Brücken für Pkws und Lkws lassen sich schonen, wenn der Großteil des Gütersverkehrs auf die Schiene verlegt wird, denn die Brücken für Züge werden schon für höhere Gewichte ausgelegt.
Das ist ja alles richtig, aber wer schon mal eine Autobahnraststätte gesehen hat, weiß das die LKW oft bis auf die Autobahn zurückstauen, wild in der Landschaft parken um ihre Ruhezeiten einzuhalten und so weiter. Aber wenn nicht einmal genügend Parkplätze da sind, wird es sicher einfach sein, im Abstand von 200 km 100 Ladeplätze mit je 1000KW (das wird die neue Normalität für LKW) aufzustellen. Das bisschen Strom bei ca. 300 Raststätten (100MW x 300 = 30GW) ist ja auch nur die Hälfte des derzeitigen deutschen gesamten Stromverbrauches.
Ja, dann fangt doch schon mal an.
Wir müssten in Deutschland die Ökostrommenge von 244 TWh auf rund 290 TWh steigern, um alle Lkws ab 7,5 Tonnen als BEV zu betreiben, das wären knapp 20% mehr Ökostrom als 2019 und das sollten auch zu schaffen sein, wenn der Ausbau von PV- und Windkraftanlagen nicht weiter behindert wird.
Hinweis: Ausführlicher mit mehr Zahlen in meiner Antwort auf Michaels Kommentar
Als Ergänzung der geschätzte Ökostrombedarf aller Straßenfahrzeuge in Deutschland als BEV.
626.400.000.000 km bei 20 kWh pro 100 km wären 125.280 GWh.
+53.000.000.000 km bei 30 kWh pro 100 km wären 15.900 GWh.
Zusammen (Pkw und leichte Lkw als BEV) wären 141.180 GWh.
Krafträder grob geschätzt (10 bis 20 kWh pro 100 km) zwischen etwa 1.500 bis 3.000 GWh.
Plus die mautpflichtigen Lkws ab 7,5 Tonnen (aus D und PL) mit 46.050 GWh wären es etwa 190.000 GWh, dazu noch einige Lkws zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen wären ungefähr 200.000 GWh.
Fazit: Wir müssten die Ökostrommenge in Deutschland 2019 von 244 GWh auf etwa 450 GWh knapp verdoppeln, um alle Straßenfahrzeuge als BEV in Deutschland mit Ökostrom zu versorgen – das wäre machbar, denn es gibt noch viele Dachflächen ohne PV-Anlagen und es wurden viel zu viele Windräder verhindert.