Frank-Steffen Walliser, bei Porsche verantwortlich für die Sportwagen-Baureihen 911 und 718 und zuvor Leiter der Motorsport-Abteilung des Herstellers, sprach in einem Interview mit Auto Motor und Sport über die Elektrifizierung von Supersportwagen wie dem 918 Spyder, warum sich Porsche so schwertut damit, den legendären 911 zu elektrifizieren, und warum der kleinere 718 die bessere Wahl für einen Elektroantrieb wäre.
Der Porsche 911 habe ein sehr spezifisches Fahrzeugkonzept. Er sei ein „relativ kleines Auto mit einem kurzen Radstand und einer sehr tiefen Sitzposition“. Mit Batterien im Unterboden verliere man diese die tiefe Sitzposition, „und vorne und hinten ist schlicht kein Platz.“ Bei einem Mittelmotor-Auto mit 2,74 Meter Radstand wie dem 918 hingegen ergebe sich „ein ganz anderes Package, zumal es sich hier um einen reinen Zweisitzer handelt.“ Elfer-Kunden „schätzen aber das Zwei-plus-Zwei-Konzept, vor allem wegen des Raumgefühls. Und das würde man im Falle einer Elektrifizierung verlieren“, so Walliser über die Probleme, dem viersitzigen 911 einen Elektroantrieb zu verpassen.
Taycan „vom Timing her perfekt“
Porsche habe aber mittlerweile „in der Positionierung der Marke einen Weg gefunden, Wachstum durch eine neue Modellreihe und Elektrifizierung geschickt miteinander zu kombinieren“, sagt Walliser über den Taycan, den ersten vollelektrischen Sportwagen von Porsche. Der Elektroflitzer sei „vom Timing her perfekt, hinsichtlich der Technologie und seinem Einfluss auf die Flottenemissionen. Dabei sind wir nicht dem Trend gefolgt und haben einen SUV gebracht, sondern etwas Einzigartiges, Neues.“ Der Baureihenleiter ist der Meinung, „dass man dem Taycan die Freude der Ingenieure und ihre Kreativität beim Fahren anmerkt.“
„Aus Kosten- und Architekturgründen“ werde es so schnell kein vergleichbares Modell zum 918 Spyder mit Plug-in-Antrieb geben. „Das heißt nicht, dass wir uns damit nicht intensiv beschäftigt haben“, fügt Walliser hinzu. Beim zweisitzigen 918 habe „die Hybridisierung das Auto letztlich schneller und besser gemacht“. Das selbe Konzept auf den 911 angewandt sei „eine riesige Herausforderung – eben wegen des Platzes. Wo bringe ich die Batterie unter, ohne die Proportionen zu zerstören? Der Elfer darf nicht größer werden, da sind wir am Maximum angekommen. Wesentlich länger oder breiter darf er nicht mehr werden.“
„Elektrisch offen zu fahren. Das ist nochmal eine ganz andere Dimension“
Der Plug-in-Antrieb funktioniere ohnehin viel besser „in den Oberklasse-Segmenten, eben bei einem Cayenne oder Panamera, vor allem hinsichtlich des Realverbrauchs“. Und beim Einstiegssportwagen 718 sprechen nicht nur der Platz, sondern vor allem auch die Kosten gegen das Konzept eines Plug-in-Hybrids. Für den zweisitzigen 718 könnte sich Walliser im Gegensatz zum 911 sogar eine Komplett-Elektrifizierung vorstellen, „zumal das ein sehr emotionales Produkt sein könnte.“
Der wichtigste Markt für den 718 Spyder seien die größten acht Megacites in China, wo „eine rein elektrische Variante schon Sinn ergeben“ könnte. Das Fahrzeug würde dann zwar schwerer werden, „aber ich kann mir schon vorstellen, dass das gut fährt“, so Walliser. Nach WLTP könnte so ein Auto auf 420 bis 430 Kilometer Reichweite kommen. Ein Elektro-718er wäre zwar gut 200 Kilogramm schwerer als die Version mit Vierliter-Motor. Allerdings könnte die E-Version durch das „tolle Ansprechverhalten eines E-Motors ein ganz rundes Package werden.“ Bei der Beschleunigung liege so ein Fahrzeug „in Dimensionen, die haben wir vor ein paar Jahren noch in einem 911 Turbo verkauft.“ Besonders spannend sei es „elektrisch offen zu fahren. Das ist nochmal eine ganz andere Dimension“, so Walliser über rein elektrisches Cabrio-Feeling.
Auto Motor und Sport — Die Zukunft deutscher Sportmarken: Interview mit Frank-Steffen Walliser von Porsche