Für einen schnellen Wagen ist Albert Biermann immer zu haben. Den größten Teil seines Berufslebens hat der fast 65-Jährige flotten Flitzern gewidmet. War bis 2015 unter anderem Manager der BMW M GmbH, sorgte danach bei Hyundai für Hochleistung und wurde dann von 2018 bis zu seinem offiziellen Ruhestand als erster Nicht-Koreaner überhaupt Forschungs- und Entwicklungschef des Gesamtkonzerns, zu dem auch Kia gehört.
Von Performance muss man dem angehenden Ruheständler also nichts erzählen. Doch abseits von ordentlich Leistung, Top-Bremsen und kluger Achsgeometrie schwärmt Biermann seit je auch von Fahrfreude. Steifes Chassis, gute Balance, präzise Lenkung, Reifen mit viel Grip. Alles zusammen ergibt das, was man Handling nennt. Unabdingbar, wenn man am äußeren Rand des Grenzbereichs unterwegs sein will. Vorrang jedoch hat der Lenkrad-Spaß, nicht die Rundenzeit. Beides, so Biermanns Philosophie, hängt nicht unmittelbar zusammen. Beim Fahren soll es funken. Ganz einfach.
Dass all das kein Privileg des Kolbenmotors ist, beweist Biermann mit dem GT-Modell des vollelektrischen Kia EV6. Gebaut auf der von ihm entwickelten E-Plattform. Knapp 600 PS, dreieinhalb Sekunden bis zur dritten Stelle im Tacho und Tempo 260. Starkstrom im Wortsinn. Und womöglich so etwas wie Biermanns offizielle Abschlussarbeit.
Vielleicht aber auch erst der Anfang. Ganz aufhören wird Hyundais Chefbeschleuniger nämlich nicht. Er bleibt dem Konzern als technischer Berater erhalten. Unterstützung der Elektrifizierung von Performance-Fahrzeugen steht dabei ebenso in seiner Tätigkeitsbeschreibung als „Executive Technical Advisor“ wie – die Brennstoffzelle.
Zu letzterer hat Biermann ein ganz besonderes Verhältnis. „Wasserstoff ist Käse“, sagt er. Das klingt nach Verriss, ist in Wahrheit aber großes Lob. Voraus schickt er nämlich, dass Strom etwas höchst Praktisches sei. Nur leider nicht von Dauer. Ähnlich wie Milch. Ein prima Produkt, aber eben mit überschaubarer Haltbarkeit. Biermann: „Darum hat der Mensch den Käse ersonnen.“ Ein klein bisschen Schwund bei der Herstellung – aber mit gewaltigen Vorteilen bei Lagerung und Transport.
Und so sieht er in dem chemischen Element mit der geringsten Atommasse den idealen Stromspeicher. Und die Versorgung der Zukunft. „Es geht nicht ohne Wasserstoff“, lautet Biermanns Plädoyer. Wer 2050 CO2-frei sein wolle, müsse Hochöfen und Zementwerke umstellen. Je schneller, desto besser. Korea etwa, wo der Manager die vergangenen Jahre verbrachte, habe sich in dieser Frage klar entschieden.
Davon ausgehend werde Wasserstoff wohl auch die Straße erobern. Erst in schweren Lkw und Omnibussen. Da sei die Technik jedem Akku überlegen. Mit großen Flotten sinke der Preis, dann werde schnell auch der Pkw folgen. Und eben gerade nicht über E-Fuels, sondern über die Brennstoffzelle. Die Fortschritte in diesem Bereich seien groß. Was im kommenden Wasserstoff-Lkw von Hyundai verbaut werde, habe bereits die doppelte Effizienz früherer Modelle.
Weiterer Vorteil: Lange Wartezeiten wie beim elektrischen Nachladen gebe es keine, und ein zusätzliches Stromnetz brauche man auch nicht. Noch nicht mal eine Pipeline. Wie heutzutage Sprit, lasse sich auch Wasserstoff mit Tankwagen an nahezu jeden Ort bringen.
Wird sich die deutsche Politik dafür begeistern können? Da wagt Biermann keine Prognose. Womöglich könnte der Krieg in der Ukraine aber schon wegen mehr Unabhängigkeit für Bewegung sorgen. Müde jedenfalls wird Hyundai bei dem Thema nicht. „Wir haben in Berlin unseren Beitrag geleistet, dass das Thema nicht kippt.“
Hyundais Chefentwickler scheint nicht zu wissen, dass wir die überschüssige Energie nicht haben, um uns die 2/3 Energieverlust bei der Umwandlung von elektrischem Strom in Wasserstoff und zurück leisten zu können. „Ein kleines bisschen Schwund“ ist hier reichlich übertrieben.
Mit „grauem“ Wasserstoff, also aus Erdgas erzeugtem Wasserstoff, zu fahren ist keine Option für das Klima und für die Energieprobleme, die wir haben. Leider wird Wasserstoff auf mittlere Sicht fast ausschließlich aus Erdgas mittel Dampfreformierung erzeugt. Und anders wird es auch auf absehbare Zeit nicht gehen, weil wir den Strom für Elektrolyse einfach nicht übrig haben. Es ist doch sinnvoll, Strom mit einem hohen Wirkungsgrad direkt in Autoakkus einzuspeisen, als ihn verlunstreich zweimal umzuwandeln.
Energetisch völliger Unsinn! Die elendige Wasserstoff Debatte ermüdet so sehr!
Energie Konzerne und Autohersteller haben schon seit Anbeginn des automobilen Zeitalters gemeinsame strategische Ziele. Und eines davon ist: Es zu verhindern, das Konsumenten sich emanzipieren. Immer mehr Hausbesitzer produzieren mit PV auf dem Dach, ihren eigenen elektronischen Strom und laden diesen auch in ihr Auto. Das bedroht ein fast 100 Jahren altes Geschäftsmodell.
Wenn jetzt auch noch Stadtwerke ihren günstigen, vor Ort produzierten Strom an Ladesäulen verkaufen, werden die Großen einen erheblichen Marktanteil verlieren.
Das lässt sich mit Wasserstoff am besten verhindern, weil hier der technische Aufwand so Komplex und teuer ist, so das die Investitionen nur von Konzernen gestemmt werden können.
Und H2 wird auch Konkurrenz und Markt verhindern, weil die freien Tankstellen dann Geschichte sind. Die bäumen sich zwar mit syn.Fuels noch mal mit Hilfe von Walter Röhrl gegen den Carbon Niedergang auf, aber BEV werden sich nicht aufhalten lassen.
Ich kann ja manche Argumente verstehen, aber folgendes ist einfach nur Quatsch:
„Weiterer Vorteil: Lange Wartezeiten wie beim elektrischen Nachladen gebe es keine“
10 Minuten sind immer noch 10 Minuten und keine 2 wie beim bisherigen Tanken. Auch wenn es schneller als die 30 Minuten sind die es aktuell noch braucht. Vielleicht bekommt man die 10 Minuten noch runter, ziemlich sicher werden es aber auch weniger als 30 Minuten beim Strom in Zukunft sein.
„und ein zusätzliches Stromnetz brauche man auch nicht.“
Ich glaube ich habe falsch gelesen: Ein Stromnetz mit dem ich universell alles und überall versorgen kann ist nicht zusätzlich, es ist nur zu erweitern mit Vorteilen für alle Nutzungsarten. Ein Netz von Pipelines, Tankschiffen, Tanklaster und Tankstellen neu aufzubauen ist „ein zusätzliches Netz“ das komplett neu ist.
„Noch nicht mal eine Pipeline. Wie heutzutage Sprit, lasse sich auch Wasserstoff mit Tankwagen an nahezu jeden Ort bringen.“
Das ist ja nun wirklich unglaublicher Quatsch. Anstatt richtig effizient Energie in der Pipeline zu transportieren ist es nun eine Vorteil alles mittels Einzelfahrten (Schiff/Laster) zu transportieren?
@ Stefan:
+1
Soll doch auf den Wasserstoff-Zug aufspringen wer will.
Es gibt auch Menschen, die tragen freiwillig hochhackige (unbequeme) Schuhe, färben sich die Haare und spritzen sich Botox, um jugendlicher zu erscheinen (Hände lügen nicht :-) ) .
Soll sich doch der Jacob und all seine Freunde ein Wasserstoffgefährt jedweder Art kaufen, und damit 1x oder 2x im Jahr eine halbe Stunde schneller am Urlaubsort sein – so what?
Ich bin gerade aus meinem Tesla gestiegen, habe vorher die Ladeklappe geöffnet, eingesteckt – fertig.
Dieses extrem kurze Ritual kostet mich 5 Sekunden – wie lange fahre / warte / stehe ich in Summe wohl während 365 Tagen mit H2???
Darüber darf sich jeder sein eigenes Urteil bilden und dann entscheiden.
Ich habe mich für BEV entschieden.
@ Powerwall Thorsten:
Ja, wäre so … nur in meiner sozialen Umgebung nennt man jmd., der anderen immer Tipps gibt, wie sie es bessermachen sollen, einen Maulhelden, z.B. wenn sie H2 „predigen“ – aber selber Diesel fahren!
Von wegen ein bischen Schwund bei der Käseherstellung.
Ja der gute Herr Biermann, Ex-BMW-Manager, blabbert das Geschwätz der Wasserstoff-Lobby nach.
In der Industrie als Rohstoff für verschiedene Produkte, in der Stahlproduktion und für stationäre Zwecke wird Wasserstoff gebraucht und da kann der „Schwund“ in Form von Abwärme bei Heizungen in Gebäuden wenigstens zu einem größeren oder kleineren Teil noch genutzt werden.
Aber nicht in Fahrzeugen, da bleiben von 100% Ökostromerzeugung über die vielen Zwischenschritte wie Transport, mehrstufige Komprierung, Kühlung usw. am Rad noch etwa 18% übrig, während es bei BEV am Rad noch rund 70% sind – also etwa um den Faktor 4 mehr Nutzen beim BEV.
Ich wiederhole meine Empfehlung aus einem anderen Beitrag:
Die Wahrheit über Wasserstoff – Mit Prof. Maximilian Fichtner – Warten auf die Brennstoffzelle?
Video >> youtube.com/watch?v=OGx99CYrlaQ (24 Minuten)
Ist das nicht der Ex-Chefentwickler? Das wäre doch ein gewichtiger Unterschied. „Ein klein bisschen Schwund bei der Herstellung“ und „lasse sich auch Wasserstoff mit Tankwagen an nahezu jeden Ort bringen“ summiert sich halt auch energiebilanzmäßig aktuell auf Faktor 3 verglichen mit reinen BEV’s.
Auf Grund der niedrigen Energiedichte von Wasserstoff bräuchte man eine astronomische Anzahl an Tanklastern, will man ohne Piplines auskommen. Man fragt sich, wie solche Dampfplauderer zu hochbezahlten Jobs kommen.
Ein Aufbrausen der BEV gegen die noch kleine (aber wachsende) FCEV Community unseres Forums! Dabei ist es doch eigentlich wunderbar, die Vorteile beider E-Mobilitäts-Systeme je nach Einsatz und deren technologische Weiterentwicklung betrachten zu können.
Was wir allerdings kaum brauchen werden, sind SUV-Boliden zum, die in 4 Sek. auf 260 km/h beschleunigen können. Daher an die ewigen H2-Wadenbeisser: Manches könnt ihr nicht verstehen – doch es wird schon weitergehen!
Wasserstoff hat ein volumetrisches Energiedichteproblem. Das macht H2 auch und gerade bei LKWs und Schiffen unbrauchbar – es bleibt kein Platz für Ladegut – und ist hochgradig brandgefährlich !