„Gegen das Wort ‚verschlafen‘ wehre ich mich vehement“: Martin Daum, Vorstand beim Automobilkonzern Daimler, der die Geschäftsfelder Daimler Trucks und Daimler Buses verantwortet, ist nicht der Meinung, dass der Hersteller den Wandel zur Elektromobilität verschlafen hat. Daimler habe „früh alle möglichen Anläufe gemacht, aber da war kein Markt“, sagt er. „Null. Vor fünf Jahren war Elektro schlicht nicht zu verkaufen.“
„Erst im Zuge schärferer Klimaziele und deutlich gesunkener Batteriepreise wurden die Produkte plötzlich interessant“, sagt der Manager. Und nun habe Daimler auch die passenden Fahrzeuge im Angebot. Wann alle Lkw elektrisch unterwegs sind, sei nicht absehbar. Er sei auch kein Freund von „radikalen Ansagen“ diesbezüglich. Allerdings rechne er „mit einem konsequent steigenden Anteil der E-Mobilität. Wie hoch und wie schnell das geht, vermag heute niemand zu sagen. Die Szenarien lassen viel Phantasie“, so Daum.
Für seinen neuen Elektrobus Mercedes E-Citaro, der seit Juli auf dem Markt ist, habe Daimler schon knapp 50 Bestellungen vorliegen, unter anderem aus Berlin und Hamburg. Das Ziel für das Jahr 2019 seien mindestens 400 verkaufte E-Busse. Daum gibt zu, dass der Elektroantrieb mehr Aufwand bei der Planung erfordert:
„Man ist nicht so flexibel wie mit dem Verbrennungsmotor, muss Ladezeiten einplanen, vielleicht ein Ersatzfahrzeug bereitstellen oder die Route anders planen. Es braucht Zeit und Erfahrung, bis sich eine neue Technologie durchsetzt. Das Auto, mehr als 100 Jahre alt, kam auch nicht über Nacht. Auf Dauer muss sich aber jede neue Mobilitätslösung rechnen, muss sich auch der E-Bus verkaufen, ohne dauerhaft subventioniert zu werden.“ – Martin Daum, Daimler-Vorstand Trucks and Buses
Den Wandel hin zur Elektromobilität sieht Daum als „gesellschaftlichen Willen“, Politik und Industrie stünden dabei „auf einer Seite. Gemeinsam wollen wir die Umweltbelastung durch Mobilität so weit wie möglich minimieren“. Kritik, welche die Automobilindustrie „oft als Urheber der Probleme attackiert“, wie etwa die zu hohen Werte beim Feinstaub, Stickoxiden und CO2, sei „höchst ungerecht“, meint der Manager: „Hier bei Daimler arbeiten viele tausend Ingenieure permanent daran, den Spritverbrauch und die Emissionen zu reduzieren.“
Große Sprünge seien allerdings nicht mehr zu schaffen, beim Verbrennungsmotor sei man langsam am Optimum angekommen. Grenzwerte, die in Brüssel nun für 2030 diskutiert werden, seien „utopisch; für Pkw und erst recht bei Nutzfahrzeugen.“ Die Grenzwerte seien nur mit Hilfe von Elektrofahrzeugen zu erreichen.
Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung – Daimler-Vorstand: „Der nationalistische Virus schadet allen“