Die Daten versprechen einen gewaltigen Auftritt: Mit 648 PS, 850 Nm Drehmoment und mehr als 1000 Kilometer Reichweite soll sich der Nio ET7 ab 2022 in der Version mit dem größten Akku präsentieren. Den Sprint auf Tempo 100 wird das Flaggschiff aus Fernost wohl in 3,9 Sekunden absolvieren – und anders als bei den bisherigen SUV der Marke dürfte für die gut fünf Meter lange Limousine bei Tempo 200 noch nicht Schluss sein. Ganz klar im Visier der Chinesen: Tesla Model S und Porsche Taycan.
Auch sonst könnte der ET7 ganz oben mitspielen. Denn neben der bis zu 150 kWh starken Feststoff-Batterie wartet der Wagen dank eines Nvidia-Prozessors mit der enormen Rechenleistung von 1016 Teraflop auf. Im Bereich des autonomen Fahrens ließen sich dadurch ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Und auch wenn der Serienstart noch mehr als ein Jahr entfernt sei, hält Automobilexperte Stefan Bratzel den neuen Nio für einen großen Wurf.
An der Börse lässt der chinesische Hersteller mit einer Marktkapitalisierung von rund 92 Milliarden Euro deutsche Autobauer wie Daimler oder BMW bereits weit hinter sich. Der Leiter des „Center of Automotive Management“ sieht daher Parallelen zur Entwicklung von Tesla. Auch hier werde durch Investoren eine gewaltige Erwartungshaltung aufgebaut. Allerdings habe Nio dank staatlicher Unterstützung eine gute Basis, diese Hoffnungen zu erfüllen.
Doch Bratzel sieht noch eine andere Parallele. So habe Tesla immer wieder mit Verzögerungen bei der Fertigung zu kämpfen. Ein Problem, auf das auch Nio zusteuern könnte. „Da verfügen die etablierten Autobauer noch über Kompetenz-Vorteile.“ Die allerdings solten auch nicht überschätzt werden. Der klare Fokus auf Zukunftsthemen wie Elektrifizierung oder Vernetzung könne der jungen Konkurrenz zu einem zusätzlichen Schub verhelfen.
Im Unterschied zur „Kultmarke“ Tesla gebe es im Reich der Mitte aktuell keine Symbolfigur wie Elon Musk. Dennoch müsse es Nio schaffen, die Marke zum Strahlen zu bringen. Das könne mit technischen Innovationen durchaus gelingen. „In Studien wird immer deutlicher, dass die chinesischen Hersteller ein gehöriges Wort in der Automobilwelt mitreden können“, sagt Bratzel. Trotzdem habe man den Eindruck, dass sie sich gerade auf den Märkten der USA und Europa schwertun. Das liege auch an etablierten Vertriebsstrukturen und Eigenarten der jeweiligen Märkte.
Und: Vielen Herstellern aus China hafte wegen früherer Fehlversuche noch ein schlechtes Image an, das es zu überwinden gelte. Das so etwas möglich sei, sieht der Automobilexperte am Beispiel der Japaner. Die hätten sich dank guter Qualität bei niedrigen Preisen auf dem US-Markt festsetzen können. Bratzel: „Ein Vorstoß ins Premium-Segment ist auch für chinesische Hersteller möglich – aber alles andere als einfach.“
Quelle: Automobil Produktion – „Nio muss es schaffen, die Marke zum Strahlen zu bringen“