Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat in einem Positionspapier Kernaussagen zur Frage formuliert, wie eine CO2-Bepreisung zum Erreichen der Klimaschutzziele umgesetzt werden sollte. Darin heißt es wie folgt:
„Klimaschutz ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft stehen in der Verantwortung, ihren Beitrag zu leisten, um die Emissionen spürbar zu senken. Die Automobilindustrie nimmt diese Herausforderung an. Wir unterstreichen, dass die Klimaschutzziele, die in Paris vereinbart wurden, auch für uns handlungsleitend sind. Unser Ziel ist treibhausgasneutrale Mobilität bis 2050. Die Hersteller und Zulieferer der deutschen Automobilindustrie sind überzeugt davon, dass es keine Alternative zu sauberer und klimaschonender Mobilität gibt.
Wir bieten dazu nicht nur die innovativen Technologien im Fahrzeug an, sondern verstehen uns auch als Anbieter von nachhaltigen Mobilitätsystemen für Menschen und Güter der Zukunft. Zugleich sind wir überzeugt davon, dass die individuelle Mobilität in Deutschland, Europa und der Welt weiterhin eine zentrale Rolle für die Menschen spielen wird.
Klimaschutz kostet Geld. Diese Investitionen sind jedoch notwendig und zur Erreichung der Klimaschutzziele zwingend erforderlich. Es wäre nicht ehrlich, den Eindruck zu erwecken, als sei eine solch grundlegende Transformation wie die Abkehr der Wirtschaft von fossilen Energieträgern zum Nulltarif zu haben.
Rahmenbedingungen müssen schnell geschaffen werden
Die aktuelle Debatte zeigt uns, dass es an der Zeit ist, die Klimaschutzpolitik gerade auch im Verkehr einer kritischen Bewertung zu unterziehen. Die Erreichung der ehrgeizigen Klimaschutzziele ist nur möglich, wenn die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen schnell geschaffen werden.
Wir brauchen konsistente, ganzheitlich wirkende Maßnahmen und Instrumente, die zum einen die notwendige Infrastruktur und die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen und zum anderen für die notwendigen Anreize sorgen, um allen relevanten Technologien am Markt zu Startchancen zu verhelfen.
Kurzfristig werden vor allem Elektrofahrzeuge (BEV und PHEV) zur Verfügung stehen. Die zugehörige Infrastruktur und ein europaweit konsistentes Anreizsystem sind Voraussetzung dafür, dass der Markthochlauf gelingt und die Klimaziele erreicht werden.
Mittel- und langfristig brauchen wir auf dem Weg zur CO2-Neutralität einen breiteren Mix an Technologien, wie zum Beispiel die Brennstoffzelle und alternative CO2-reduzierte Kraftstoffe mit den dafür nötigen Anreizen.
Fördern statt beschränken
Die Automobilindustrie ist durch die CO2-Flottenregulierung der EU eine der bereits heute am Strengsten regulierten Branchen weltweit. Nur allein auf den Verkehrssektor bezogene Maßnahmen zur Senkung von Emissionen je gefahrenen Kilometer greifen jedoch zu kurz, um die Klimaziele zu erreichen. Weitere Maßnahmen mit Lenkungswirkung müssen daher abgewogen sowie klug und ganzheitlich umgesetzt werden.
Konkret bedeutet dies: fördern statt beschränken. Den Versuch, Vermeidung von CO2 durch eine erzwungene Einschränkung der Mobilität, etwa durch ordnungsrechtliche Steuerung oder eine einseitige Verteuerung des Individualverkehrs oder Straßengüterverkehrs, zu erreichen, lehnen wir ab.
Statt eines sektorspezifisch-ordnungsrechtlichen Planungsansatzes mit Verboten und Einschränkungen sollte der Schwerpunkt einer zielorientierten Klimapolitik auf Maßnahmen liegen, die Innovationen vorantreiben und marktwirtschaftliche Anreize für neue, innovative technische Lösungen schaffen.
Denn eines wird in der Debatte oft vergessen: Der Erfolg CO2-armer Technologien, alternativer Antriebe und neuer Mobilitätskonzepte entscheidet sich am Markt – und zwar am Weltmarkt. Nur wenn die Menschen sich für neue Technologien, neue Antriebe, andere Fahrzeuge und neue Formen der Mobilität und des Wirtschaftens begeistern – und diese bezahlbar bleiben –, werden wir gesamtwirtschaftlich erfolgreich sein und als Gesellschaft die ambitionierten Klimaziele erreichen können.
Ein klug ausgestaltetes System zur CO2-Bepreisung kann unter diesen Voraussetzungen die Basis zur Erreichung der Klimaziele sein. Zugleich besteht darin die Chance, die erforderlichen Investitionen für alle Beteiligten möglichst kostengünstig und effizient umzusetzen und damit einen wichtigen Beitrag zur Akzeptanz des Großprojekts Klimaschutz in Bevölkerung und Unternehmen zu leisten.“
VDA zieht Emissionshandel vor
Das VDA-Positionspapier geht auch auf die beiden unterschiedlichen Möglichkeiten (Mengensteuerung durch Emissionshandel bzw. Preissteuerung durch Abgaben und Steuern) für eine CO2-Bepreisung ein:
„Grundsätzlich gilt für jedes System zur CO2-Bepreisung: Je internationaler, sektorübergreifender und langfristiger angelegt, desto besser. Zugleich ist stets ein System der Mengensteuerung, sprich Emissionshandel, einem der Preissteuerung (Abgabe/Steuer) vorzuziehen. Denn durch die Emissionsobergrenze bei der Mengensteuerung werden verbindliche Minderungsziele ins System eingebaut, die über Marktmechanismen sicher erreicht werden. Hinzu kommt: CO2 wird dort gespart, wo es am günstigsten ist.
Eine Preissteuerung ist im Vergleich zu einer Mengensteuerung zur Erreichung der CO2-Ziele weniger zielsicher. Sie führt zu einer Verteuerung von CO2-Emissionen, die Zielerreichung wird jedoch nicht sichergestellt. Auch Modelle, die dem Ansatz einer Preissteuerung folgen, sollten so angelegt sein, dass eine spätere Integration in den europäischen Emissionshandel möglich ist. Sinnvoll ist ein international koordiniertes Vorgehen, mindestens jedoch auf Ebene der EU. Eine Allianz mit anderen Staaten ist daher anzustreben, auch um Leakage-Effekte zu minimieren.
Ein sektorübergreifendes Konzept ist volkswirtschaftlich am effizientesten: Es macht kleinteilige Sektorziele überflüssig, ohne das Gesamtziel des Klimaschutzes zu gefährden. Ein sektorübergreifender Ansatz unterstützt die Sektorkopplung und damit auch die Abkehr von fossilen Energieträgern im gesamten Energiesystem. Das Preissignal der Non-ETS-Sektoren sollte sich am Preissignal des EU-ETS orientieren. Eingriffe in den Preismechanismus sind zu vermeiden.“
VDA wünscht sich sachliche Debatte für erfolgreichen Klimaschutz
Kritisch sieht der VDA hingegen eine Lenkungswirkung, die lediglich auf kurzfristig höhere Kosten für Mobilität setzt: „Sie ist nachteilig, weil die Elastizität der Nachfrage bei Kraftstoffen relativ gering ist und Preiserhöhungen zudem negative soziale Wirkungen haben können. Deswegen sollten erzielte Mehreinnahmen auch zweckgebunden für die Anschubfinanzierung von Klimaschutztechnologien verwendet werden, zum Beispiel für den Aufbau von Ladeinfrastruktur und eine sinnvolle Förderkulisse für Elektrofahrzeuge (BEV und PHEV), aber auch als Unterstützung für den Einsatz alternativer Kraftstoffe oder auch für die Forschung und Entwicklung weiterer Zukunftstechnologien.“
Der VDA weist darauf hin, dass bei jeder Art von CO2-Bepreisung ein sozialpolitischer Ausgleich mit bedacht werden sollte: „Dieser kann innerhalb der Zweckbindung erfolgen (Förderung von Klimaschutztechnologien) oder über Rückverteilungsmechanismen geleistet werden. Jegliche direkte Rückverteilung an die Bürger schmälert allerdings auch die Möglichkeiten, die gesamte Bevölkerung zu klimaschützenden Veränderungen zu motivieren, und mindert damit das Potenzial der maximal erreichbaren CO2-Senkungs-Effekte.“
Der VDA möchte mit dem Positionspapier zu einer sachlichen Debatte beitragen: „Es geht uns nicht darum, einzelne Sektoren oder Maßnahmen gegeneinander auszuspielen, sondern darum, Klimaschutzpolitik so effizient, effektiv und erfolgreich wie möglich zu machen.“
Quelle: VDA – Pressemitteilung vom 10.07.2019